Studienarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Philosophie - Praktische (Ethik, Ästhetik, Kultur, Natur, Recht, ...), Note: 1,0, Eberhard-Karls-Universität Tübingen (Philosophisches Seminar), Sprache: Deutsch, Abstract: In der Bioethik-Debatte kann der Philosophie, neben anderen Disziplinen, die wichtige Aufgabe zukommen, unausgesprochene Vorurteile, schwer lokalisierbare Ängste und verheißungsvolle Zukunftsphantasien auf ihre Herkunft, Bedeutung und Berechtigung zu überprüfen. Wenn sie diese Erkenntnisse erfolgreich vermittelt, leistet sie einen wertvollen Beitrag zur demokratischen Kultur, indem sie die zwangsläufig von Eliten diverser Art gefällten Entscheidungen über den weiteren Fortgang der Gentechnik für alle durchschaubar macht – bei einem Thema, das eines Tages alle angehen wird. In seinem Aufsatz „Die Zukunft der menschlichen Natur“ versucht Jürgen Habermas genau dies zu leisten: Die Debatte um die Bioethik auf ein rationales Fundament zu stellen und Begründungsmuster diesseits von Religion und Metaphysik zu entwickeln, mit denen sich eine Haltung finden lässt gegenüber der Gentechnik mit all ihren Verheißungen und Bedrohungen. Habermas will zeigen, inwiefern die Gentechnik an sich unser heutiges Selbstverständnis und Moralempfinden in Frage stellt und wo ihre Bedrohung jenseits des medizinischen Risikos liegt: Dass Autonomie und Freiheit des Menschen auf dem Spiel stehen. Nach einer skizzenhaften Einleitung in den Gegenstand der ethisch problematischen Technologien der Humangenetik (II.) sollen zunächst grundlegende Voraussetzungen, Eigenschaften und das Verfahren der von Habermas vertretenen Diskursethik dargestellt werden (III.). Im Folgenden (IV.) wird nachvollzogen, inwiefern Habermas durch die Anwendung der neueren eugenischen Techniken den egalitären Universalismus als solchen bedroht sieht – und wie seine Bewertungen und Empfehlungen für eine zukünftige eugenische Praxis zu verstehen sind. Seine Argumentation wird abschließend einer kritischen Prüfung unterzogen (V.), wobei Habermas’ eigener Anspruch im Vordergrund stehen soll: Der, eine universal vermittelbare, säkulare, verpflichtende, rational einsichtige, nachmetaphysische und nicht-tabuisierende Beurteilung des Problems zu finden. Jürgen Habermas muss, als Vertreter des kommunikativen Handelns, in dieser Debatte einen Weg einschlagen, der auf Verständigung ausgerichtet ist: Sein Ziel kann es nicht sein, moralische Richtigkeit einfach zu deklamieren – er will mit Gründen zeigen, wo genau ein Konsens möglich wird.