Ein trockener, heißer Frühlingssturm fegt durch die Straßen Havannas, als Teniente Mario Conde der schönen Karina bei einer Autopanne hilft. Karina ist Jazzfan und spielt noch dazu selbst Saxofon – Mario Conde verliebt sich augenblicklich. Doch da wird er mit einer heiklen Untersuchung beauftragt: Eine junge Chemielehrerin an seiner ehemaligen Schule ist ermordet in ihrer Wohnung aufgefunden worden, in der auch Spuren von Marihuana entdeckt werden. Mario Conde muss feststellen, dass nicht nur beim Parteikader, sondern auch im Bildungswesen die Kriminalität alltäglich geworden ist, dass Vetternwirtschaft, Drogenhandel und Betrug blühen.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.11.2011NEUE TASCHENBÜCHER
Eine Stadt mit Seele – Leonardo
Paduras Havanna-Quartett
Vier Geschichten, die von der Untergründigkeit handeln, vier Jahreszeiten in Havanna, die des Jahres 1989, da hat die Sowjetunion sich aufgelöst und auch für Kuba eine neue Zeit, ein anderes Leben begonnen. Vier Kriminalfälle des Teniente Mario Conde, brutale Morde in der Schicht der Funktionäre, dazu zwei intensive Liebesbeziehungen, ein Abstieg in die Schwulenwelt und am Ende ein Hurrikan. Vier Romane von Leonardo Padura – „Ein perfektes Leben“, „Handel der Gefühle“, „Labyrinth der Masken“ und „Das Meer der Illusionen“ –, geschrieben in den Neunzigern, in der großen Tradition von Hammett, Cortázar und Co., ein Blick zurück auf einen Sozialismus, der die kalte sowjetische und deutsche Bürokratie mit der warmen Macho-Melancholie Kubas auszugleichen versuchte. Ein Leben, das defizitär ist und schikanös, aber immer noch gibt es gute Zigarren und gutes Essen und guten Sex.
Ein Schreiber wäre er ja eigentlich gern geworden, El Conde, und auf der Schule hatten ein paar Schüler eine eigene Literaturzeitschrift organisiert, Mario hatte eine Geschichte beigesteuert, aber das Projekt wurde von den Schulbürokraten zerfetzt, als nicht den Normen gerecht und dekadent, und ist eingestellt worden. Das Havanna-Quartett ist unter der Krimioberfläche auch die Geschichte von Mario und seinen Jugendfreunden, die manche Illusionen verloren haben im Lauf der Zeit und weiter verlieren, aber nicht ihre Lebenslust – und die man deshalb eine lost generation nicht nennen mag. Im ersten Band gleich trifft Mario, dienstlich, auf die Frau, die er in der Jugend heiß geliebt hatte, sie hat aber einen anderen geheiratet, einen durchtriebenen Bürokraten, und der ist nun am Neujahrsmorgen verschwunden . . . Im dritten Band gibt es die radikalste Variante des Überlebens, inspiriert vom Theater der Grausamkeit – die Travestie, in der man eins wird mit seiner Maske. Das Leben als Darstellung des Erträumten. Havanna als eine der wenigen Städte der Welt, die sich rühmen können, eine Seele zu besitzen.
Fritz Göttler
Leonardo Padura: Havanna-Quartett. Dt. von Hans-Joachim Hartstein. Unionsverlag, 25 Euro.
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Eine Stadt mit Seele – Leonardo
Paduras Havanna-Quartett
Vier Geschichten, die von der Untergründigkeit handeln, vier Jahreszeiten in Havanna, die des Jahres 1989, da hat die Sowjetunion sich aufgelöst und auch für Kuba eine neue Zeit, ein anderes Leben begonnen. Vier Kriminalfälle des Teniente Mario Conde, brutale Morde in der Schicht der Funktionäre, dazu zwei intensive Liebesbeziehungen, ein Abstieg in die Schwulenwelt und am Ende ein Hurrikan. Vier Romane von Leonardo Padura – „Ein perfektes Leben“, „Handel der Gefühle“, „Labyrinth der Masken“ und „Das Meer der Illusionen“ –, geschrieben in den Neunzigern, in der großen Tradition von Hammett, Cortázar und Co., ein Blick zurück auf einen Sozialismus, der die kalte sowjetische und deutsche Bürokratie mit der warmen Macho-Melancholie Kubas auszugleichen versuchte. Ein Leben, das defizitär ist und schikanös, aber immer noch gibt es gute Zigarren und gutes Essen und guten Sex.
Ein Schreiber wäre er ja eigentlich gern geworden, El Conde, und auf der Schule hatten ein paar Schüler eine eigene Literaturzeitschrift organisiert, Mario hatte eine Geschichte beigesteuert, aber das Projekt wurde von den Schulbürokraten zerfetzt, als nicht den Normen gerecht und dekadent, und ist eingestellt worden. Das Havanna-Quartett ist unter der Krimioberfläche auch die Geschichte von Mario und seinen Jugendfreunden, die manche Illusionen verloren haben im Lauf der Zeit und weiter verlieren, aber nicht ihre Lebenslust – und die man deshalb eine lost generation nicht nennen mag. Im ersten Band gleich trifft Mario, dienstlich, auf die Frau, die er in der Jugend heiß geliebt hatte, sie hat aber einen anderen geheiratet, einen durchtriebenen Bürokraten, und der ist nun am Neujahrsmorgen verschwunden . . . Im dritten Band gibt es die radikalste Variante des Überlebens, inspiriert vom Theater der Grausamkeit – die Travestie, in der man eins wird mit seiner Maske. Das Leben als Darstellung des Erträumten. Havanna als eine der wenigen Städte der Welt, die sich rühmen können, eine Seele zu besitzen.
Fritz Göttler
Leonardo Padura: Havanna-Quartett. Dt. von Hans-Joachim Hartstein. Unionsverlag, 25 Euro.
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»Kuba, Leidenschaft, Liebe, Erotik, Mord und Korruption eine Mixtur, die Spannung und Sprengkraft hat.« Frank Becker Musenblätter Literatur-Rezensionen