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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
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Hamburger und Bremer Firmen im "Osteinsatz"
Am 2015 publizierten Buch des Journalisten Uwe Bahnsen zur Handelskammer Hamburg und der Kaufmannschaft in der Hansestadt bemängelten Experten oberflächliche Eindimensionalität und eine Tendenz zur Verharmlosung. Einige Kritiker sprachen sogar davon, die von der Kammer selbst initiierte Auftragsarbeit stilisiere im Nationalsozialismus korrumpierte Kaufleute zu patriotischen Helden. Fehlende wissenschaftliche Standards und mangelnde Kontextualisierung kann man dem Buch "Hanseaten im ,Osteinsatz'"des Historikers Felix Matheis nicht vorwerfen: Nach 7 Jahren Forschung hat er eine akribische Analyse der Verhaltensstrategie von Hamburger und Bremer Handelsfirmen im sogenannten Generalgouvernement 1939-1945 in Polen vorgelegt. Unter diesem Stichwort hatten die Nationalsozialisten die Verwaltung in dem besetzten Land auf Ausbeutung und Vernichtung vor allem der jüdischen Bevölkerung abgestellt. Im Mittelpunkt der Dissertation steht das lukrative Zusammenspiel von hanseatischen Wirtschaftseliten und Nazi-Besatzungsbehörden.
Hanseatische Handelsfirmen profitierten offenbar in bislang kaum bekannter Weise von der Beteiligung an der deutschen Besatzung in Polen während des Zweiten Weltkriegs. Mehr als willfährig beteiligten sich zahlreiche Hamburger und Bremer Überseehandelsbetriebe sowohl an der Ausbeutung der polnischen Landwirtschaft als auch der jüdischen Unternehmer in Polen und deren Verdrängung und Vernichtung. Viele dieser invasiven Firmen waren bis 1939 im Kolonialhandel tätig. Ihr Tun in Polen rechtfertigten sie mit kolonialistischen und antisemitischen Argumenten. Das für die hanseatischen Unternehmen sehr profitable Geschäft sei ein wesentliches Element der verbrecherischen deutschen Besatzung in Polen gewesen, schreibt Matheis. Eine zentrale Rolle hätten dabei die Handelskammern Hamburg und Bremen gespielt, die den "Osteinsatz" ihrer Kaufleute erfolgreich vorantrieben. 51 hanseatische Unternehmen waren im "Generalgouvernement" aktiv.
Am Ende äußert Matheis gewisses Verständnis für die hanseatischen Kaufleute, die im Krieg durch die alliierte Seeblockade ihren traditionellen Überseehandel verloren hatten. Exkulpierende Narrative hätten den Beteiligten nach Kriegsende allerdings rasch die Rückkehr in den Überseehandel erlaubt. "Die Betätigung im Osten stellte so für viele Firmen nur einen kurzen Abschnitt ihrer Unternehmensbiografie dar, und sie konnte leicht als kurze Unterbrechung ihrer langen Traditionslinien minimiert werden." ULLA FÖLSING
Felix Matheis: Hanseaten im "Osteinsatz". Hamburger und Bremer Handelsfirmen im Generalgouvernement 1939 -1945, Reihe: Hamburger Beiträge zur Sozial- und Zeitgeschichte, Bd. 62, Wallstein Verlag, Göttingen 2024, 455 Seiten, 42 Euro.
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