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Hansestädtische Handelsfirmen profitierten von der Beteiligung an der deutschen Besatzung Polens während des Zweiten Weltkriegs. Zahlreiche Hamburger und Bremer Überseehandelsfirmen engagierten sich in der Besatzungswirtschaft des Generalgouvernements. Sie beteiligten sich zum einen an der brutalen Ausbeutung der polnischen Landwirtschaft. Zum anderen trugen sie dazu bei, die polnischen Jüdinnen und Juden auszurauben und wirtschaftlich zu verdrängen - ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Genozid. Die Kaufleute erhielten nicht nur einen Teil des Raubguts. Sie füllten auch die…mehr

Produktbeschreibung
Hansestädtische Handelsfirmen profitierten von der Beteiligung an der deutschen Besatzung Polens während des Zweiten Weltkriegs. Zahlreiche Hamburger und Bremer Überseehandelsfirmen engagierten sich in der Besatzungswirtschaft des Generalgouvernements. Sie beteiligten sich zum einen an der brutalen Ausbeutung der polnischen Landwirtschaft. Zum anderen trugen sie dazu bei, die polnischen Jüdinnen und Juden auszurauben und wirtschaftlich zu verdrängen - ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Genozid. Die Kaufleute erhielten nicht nur einen Teil des Raubguts. Sie füllten auch die volkswirtschaftliche Lücke aus, die durch die Vernichtung der jüdischen Gemeinden entstand. Viele waren bis 1939 im Kolonialhandel tätig gewesen und rechtfertigten ihr Tun in Polen mit kolonialistischen und antisemitischen Deutungsmustern. Das für die hansestädtischen Unternehmen sehr profitable Geschäft bildete ein wesentliches Element der verbrecherischen deutschen Besatzung in Polen. Eine zentrale Rolle spielten dabei die Handelskammern Hamburgs und Bremens, die den »Osteinsatz« ihrer Kaufleute mit vorantrieben. Felix Matheis beleuchtet die bislang kaum bekannte Geschichte der lukrativen Zusammenarbeit zwischen hanseatischen Wirtschaftseliten und nationalsozialistischen Besatzungsbehörden.
Autorenporträt
Felix Matheis, geb. 1986, Historiker, Veröffentlichungen u. a. zur Geschichte der hanseatischen Kaufleute während der NS-Zeit sowie zur Zeitgeschichte rechten Terrors in Hamburg.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Nachdem schon 2015 eine Auftragsarbeit der Hamburger Handelskammer zu deren Geschichte im Nationalsozialismus erschienen war, die Rezensentin Ulla Fölsing als eher verharmlosend einschätzt, ist sie froh, dass der Historiker Felix Matheis nun nach äußerst akribischer Arbeit ein Buch vorlegt, das sich den hanseatischen Handelsfirmen während der Kriegsjahre widmet. So kann man bei Matheis nun detailliert nachlesen, wie Bremer und Hamburger Handelsfirmen während der Deutschen Besatzung in Polen eifrig mit den Nazis zusammenarbeiteten und damit große Profite machten. Dabei unterstützten die Kaufleute, dass polnische Landwirte ausgebeutet wurden, ebenso wie die "Verdrängung und Vernichtung" jüdischer Geschäftsleute in Polen, so die Kritikerin.  Auch die verharmlosenden Narrative, die diese Jahre im Nachhinein als verschwindend unwichtig in den Firmenchroniken anzeigen, stellt Matheis aufschlussreich dar, schließt Fölsing.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.08.2024

Ein dunkles Kapitel
Hamburger und Bremer Firmen im "Osteinsatz"

Am 2015 publizierten Buch des Journalisten Uwe Bahnsen zur Handelskammer Hamburg und der Kaufmannschaft in der Hansestadt bemängelten Experten oberflächliche Eindimensionalität und eine Tendenz zur Verharmlosung. Einige Kritiker sprachen sogar davon, die von der Kammer selbst initiierte Auftragsarbeit stilisiere im Nationalsozialismus korrumpierte Kaufleute zu patriotischen Helden. Fehlende wissenschaftliche Standards und mangelnde Kontextualisierung kann man dem Buch "Hanseaten im ,Osteinsatz'"des Historikers Felix Matheis nicht vorwerfen: Nach 7 Jahren Forschung hat er eine akribische Analyse der Verhaltensstrategie von Hamburger und Bremer Handelsfirmen im sogenannten Generalgouvernement 1939-1945 in Polen vorgelegt. Unter diesem Stichwort hatten die Nationalsozialisten die Verwaltung in dem besetzten Land auf Ausbeutung und Vernichtung vor allem der jüdischen Bevölkerung abgestellt. Im Mittelpunkt der Dissertation steht das lukrative Zusammenspiel von hanseatischen Wirtschaftseliten und Nazi-Besatzungsbehörden.

Hanseatische Handelsfirmen profitierten offenbar in bislang kaum bekannter Weise von der Beteiligung an der deutschen Besatzung in Polen während des Zweiten Weltkriegs. Mehr als willfährig beteiligten sich zahlreiche Hamburger und Bremer Überseehandelsbetriebe sowohl an der Ausbeutung der polnischen Landwirtschaft als auch der jüdischen Unternehmer in Polen und deren Verdrängung und Vernichtung. Viele dieser invasiven Firmen waren bis 1939 im Kolonialhandel tätig. Ihr Tun in Polen rechtfertigten sie mit kolonialistischen und antisemitischen Argumenten. Das für die hanseatischen Unternehmen sehr profitable Geschäft sei ein wesentliches Element der verbrecherischen deutschen Besatzung in Polen gewesen, schreibt Matheis. Eine zentrale Rolle hätten dabei die Handelskammern Hamburg und Bremen gespielt, die den "Osteinsatz" ihrer Kaufleute erfolgreich vorantrieben. 51 hanseatische Unternehmen waren im "Generalgouvernement" aktiv.

Am Ende äußert Matheis gewisses Verständnis für die hanseatischen Kaufleute, die im Krieg durch die alliierte Seeblockade ihren traditionellen Überseehandel verloren hatten. Exkulpierende Narrative hätten den Beteiligten nach Kriegsende allerdings rasch die Rückkehr in den Überseehandel erlaubt. "Die Betätigung im Osten stellte so für viele Firmen nur einen kurzen Abschnitt ihrer Unternehmensbiografie dar, und sie konnte leicht als kurze Unterbrechung ihrer langen Traditionslinien minimiert werden." ULLA FÖLSING

Felix Matheis: Hanseaten im "Osteinsatz". Hamburger und Bremer Handelsfirmen im Generalgouvernement 1939 -1945, Reihe: Hamburger Beiträge zur Sozial- und Zeitgeschichte, Bd. 62, Wallstein Verlag, Göttingen 2024, 455 Seiten, 42 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt am Main.
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»eine akribische Analyse« (Ulla Fölsing, FAZ, 05.08.2024)