Immer wieder ist die Rede davon, dass Patienten ihren Ärzten und deren medizinischen Erläuterungen nicht richtig vertrauen und sich eher von ihren eigenen Vorstellungen von Krankheit leiten lassen. Aber werden Ärzte in ihrem Umgang mit Krankheiten wirklich vorwiegend von ihrem erlernten Fachwissen beeinflusst? Oder sind auch bei ihnen subjektive Krankheitskonzepte, also emotional, soziokulturell und biographisch geprägte Vorstellungen von Krankheit, aktiv und mächtig? Dieses Buch geht mit rekonstruktiven Analysen von offenen leitfadengestützten Interviews mit Hausärzten zu vier Krankheitsbildern diesen Fragen nach und bietet seinen Lesern ungewöhnliche Einblicke in die sonst unzugängliche Welt der Binnenkommunikation praktizierender Hausärzte. Die Spannbreite der Interviewantworten ist groß, und die Ergebnisse sind ungewöhnlich spannend. Interdisziplinäre methodische Sorgfalt sorgt dabei für ein solides wissenschafts- und erkenntnistheoretisches Fundament. Die Erkenntnisse könnten jenseits einer Skandalisierung ärztlicher Behandlungsfehler zu ergebnisoffeneren Entscheidungsprozessen in der Arzt-Patienten-Begegnung führen, indem die beiderseits eingeübten, über viele Generationen verfestigten, kulturellen Praktiken dieser Begegnung auch seitens der Ärzte schrittweise aufgelöst werden.
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