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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
© Perlentaucher Medien GmbH
flötend
Ins Kleine drängt das Lebensgefühl bei stehender Hitze, wegschmelzendem Straßenteer und implodierenden Phones ohnehin. Und innensichtlich kleiner als bei Wolfram Lotz ist kaum möglich. Auf fast 1000 Seiten hat der Dramatiker nichts anderes aufgeschrieben als das, was er zwölf Monate lang, beginnend im August 2017, gesehen, gehört, gefühlt, gedacht hat: Was seine Kinder, „E und O“ spielen (meist Lautes, „trötend und flötend“), wer so anruft, Thesen zu Peter Handke (gut – schlecht) oder Kendrick Lamar („Gut, ja“), Gedanken zum Gegenwartstheater (Verkörperungswahnsinn), die Taubengeräusche vorm Fenster („Chu chu chu“). Das Kompendium eines durchschnittlichen Vor-Pandemie-Jahres, erlebt von einer mehr oder weniger durchschnittlichen Persona (Mittvierziger, Vater zweier Kinder, bildungsbürgerliches Kunstprekariat), aufgeschrieben in mäandernden Sätzen, die neue Fenster auch zur eigenen Welt öffnen: „Die Dinge werden ja niemals EINGEFANGEN, sondern im Schreiben zeigt sich nur das Verhältnis zu ihnen, MEIN.“ Beflissene und Nostalgiker lesen im Sommer Proust, alle anderen in diesem Jahr Wolfram Lotz.
MIRYAM SCHELLBACH
Wolfram Lotz:
Heilige Schrift I.
S. Fischer, Frankfurt 2022. 912 Seiten,
34 Euro.
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