Packend erzählt von der preisgekrönten jungen Historikerin Catherine Nixey
Im Römischen Reich war das religiöse Leben vielfältig – bis unter den ersten christlichen Kaisern alles anders wurde: Mit aller Macht versuchten die frühen Christen, Andersgläubige zu bekehren, und erwiesen sich dabei nicht nur als extrem intolerant, sondern auch als äußerst gewalttätig. Im ganzen Imperium zertrümmerten sie Tempel und Kultgegenstände, verbrannten Bücher, jagten Philosophen aus den Städten und verfolgten diejenigen, die weiter den alten Göttern opferten.
In »Heiliger Zorn« zeichnet die britische Altphilologin und Journalistin Catherine Nixey ein gänzlich neues und zutiefst erschütterndes Bild der frühen Christen als die wahren Barbaren. Packend enthüllt sie die Gräueltaten, die hinter dem Triumph des Christentums stecken und mit zum Untergang der Antike führten.
Im Römischen Reich war das religiöse Leben vielfältig – bis unter den ersten christlichen Kaisern alles anders wurde: Mit aller Macht versuchten die frühen Christen, Andersgläubige zu bekehren, und erwiesen sich dabei nicht nur als extrem intolerant, sondern auch als äußerst gewalttätig. Im ganzen Imperium zertrümmerten sie Tempel und Kultgegenstände, verbrannten Bücher, jagten Philosophen aus den Städten und verfolgten diejenigen, die weiter den alten Göttern opferten.
In »Heiliger Zorn« zeichnet die britische Altphilologin und Journalistin Catherine Nixey ein gänzlich neues und zutiefst erschütterndes Bild der frühen Christen als die wahren Barbaren. Packend enthüllt sie die Gräueltaten, die hinter dem Triumph des Christentums stecken und mit zum Untergang der Antike führten.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.09.2019So lest doch nur, wie bös sie waren!
An den Quellen vorbei: Catherine Nixey zimmert sich ein Bild von den Christen als Zerstörern der Antike
Die britische Journalistin und studierte Historikerin Catherine Nixey will mit ihrem Buch "die Zerstörung der klassischen Welt durch die Christen" aufzeigen. Gleichgültigkeit, abergläubische Dummheit und Zerstörungswut der Christen von ihrer staatlichen Förderung seit Kaiser Konstantin ab etwa 312 bis zur angeblichen Schließung der Platonischen Akademie von Athen durch Kaiser Justinian 529 seien schuld "an der nahezu vollständigen Vernichtung der lateinischen und griechischen Literatur". Die Christen hätten unzählige herrliche Tempel zerstört, wunderschöne Götterstatuen in Stücke geschlagen und friedliche Nichtchristen unterdrückt und getötet.
Das Buch setzt ein am Tatort "Palmyra, um 385 n. Chr." In der syrischen Metropole habe man die Angreifer aus der Wüste erwartet, schwarzgekleidete Fanatiker, die lachten und brüllten, während sie altehrwürdige Tempel schändeten. Die glorreichen Momente seien in Liedern verewigt worden: "Die Dämonen und Götzen, unser Heiland hat sie alle zertrampelt." Die Männer seien in den Tempel der Athene vorgedrungen und hätten Kopf und Arme der Göttin zertrümmert. "Der ,Triumph' des Christentums hatte begonnen." Nixey ruft ihren Lesern die Kämpfer des Islamischen Kalifats in Erinnerung, die 2015 die wenige Jahrzehnte zuvor ausgegrabene und restaurierte Athene von Palmyra mit dem Hammer attackierten. Die Absicht von Nixeys Buch ist damit klar.
Doch schon dieser Anfang ist großteils erfunden. Kein antiker Text erwähnt den Bildersturm von Palmyra, wir kennen weder die Täter noch ihre Gründe noch gar ihr Kostüm. Der zitierte Hymnus hat überhaupt nichts mit Palmyra zu tun. Er stammt aus der Liturgie, die koptische Christen tausend Kilometer entfernt am Festtag der Flucht der heiligen Familie nach Ägypten feiern. Die Athene von Palmyra wurde den Ausgräbern zufolge wohl tatsächlich in den Jahren nach 380 vandalisiert. Forscher erwägen die antiheidnische Gesetzgebung unter Theodosius I. als Hintergrund und diskutieren die Hypothese (mehr ist es nicht), dass Christen aus Palmyra sich für die in antiken Quellen bezeugten paganen Kirchenzerstörungen und Mordtaten gegenüber ihren Glaubensgeschwistern in Syrien um 362 unter Kaiser Julian, dem "Apostaten", gerächt haben könnten. Zu Gewalt könnte es also auf beiden Seiten gekommen sein, auch der paganen, davon schweigt Nixey.
Sie erzählt auch von der Zerstörung des Serapis-Tempels in Alexandria durch Christen im Jahre 392, dem bekanntesten Fall dieser Art. Dabei minimiert sie die Nachrichten aus den Quellen, die von vorausgegangene blutigen Attacken gegen Christen durch die studentische Schlägertruppe um einen paganen Professor berichten. Diese Heiden wiederum waren wohl vom Ortsbischof provoziert worden, der sich am Ende am Tempelschatz bereicherte. In Karthago forderte laut Nixey Augustinus im Jahre 401 die Christen auf, heidnische Objekte zu zerschlagen. "Angeblich ließen bei den Ausschreitungen, zu denen es nach den Brandreden gekommen war, sechzig Menschen ihr Leben." In Wahrheit waren die sechzig Personen zwei Jahre vorher in der Ortschaft Sufes ermordet worden, allesamt Christen, die zuvor eine Herkulesstatue ruiniert hatten - ohne Brandrede Augustins. Was die römischen Christenverfolgungen vor 312 betrifft, so spielt Nixey sie herunter.
Dass es Beschädigungen antiker Statuen und Reliefs durch Christen gab, ist literarisch und archäologisch unzweifelhaft belegt. Dass dies massenhaft geschehen sei, wie Nixey behauptet, ist fraglich. "Ein ausgewiesener Spezialist für das Thema ,Religiöser Hass'" habe, so Nixey, in dem Mithrasfresko unter Santa Prisca in Rom die Spuren einer mit Wucht geschwungenen Axt erkannt, die das Gesicht des Gottes verstümmelte. Entgangen ist Nixey der Nachweis durch Bryan Ward-Perkins im Jahr 2004, dass die Zerstörung erst 1953 durch einen missglückten Restaurierungsversuch erfolgte. Man sollte sich hüten, bei jeder abgebrochenen Nase einer antiken Statue vorschnell an christliche Taliban mit Hammer und Kreuz zu denken.
Wie steht es um die Literaturvernichtung durch Christen? Zutreffend führt Nixey an, dass der Philosoph Porphyrios ein großes Werk gegen die Christen schrieb, das in konstantinischer Zeit verboten wurde, so dass heute nur noch spätantike Zitate daraus erhalten sind. Doch Nixey schreibt, dass Porphyrios' Werke wegen ihrer Gefährlichkeit "komplett vernichtet wurden" und "es kein einziges Buch von Porphyrios in die Neuzeit geschafft" habe. Glatt gelogen. Durch christliche Schreiber sind bis heute die Plotinbiographie des Porphyrios, seine vier Bücher über Vegetarismus und weitere Schriften erhalten, ja seine Einführung in die aristotelische Kategorienschrift wurde ein Standardlehrbuch der Logik des Mittelalters.
Die Verfasserin klagt, dass die Werke Demokrits die Epoche der christlichen Mehrheitsgesellschaft nicht überlebt hätten. Seine im fünften Jahrhundert vor Christus entwickelte philosophische Atomtheorie erübrigt ihrer Meinung nach eine religiöse Deutung der Welt. Haben Christen die Werke Demokrits vernichtet, wie Nixey suggeriert? Zwar ist kein einziges Werk Demokrits erhalten, doch dieser Verlustprozess war nach Auskunft der Philologen schon am Ende des ersten nachchristlichen Jahrhunderts weitgehend abgeschlossen. Es lag also nicht an den Christen, die zu dieser Zeit eine winzige Minderheit waren. Antike Berichte über Demokrits Atomtheorie sind jedoch in großer Zahl erhalten, etwa bei Aristoteles und nicht nur in Lukrez' Lehrgedicht, wie Nixey mit einer verfälschten Geschichte flunkert, durch die sie den Eindruck erwecken will, die Christen hätten den Atomismus tausend Jahre unter Verschluss gehalten.
Nixey gibt zwar zu, dass verschiedene Faktoren zum Verlust antiker Literatur beitragen konnten und sie nicht sagen wolle, "dass die Kirche nicht auch einiges bewahrt hätte". Doch solche salvatorischen Klauseln sollen nur die Glaubwürdigkeit ihrer Schauergeschichten erhöhen: "Im ganzen Reich brannten Scheiterhaufen, auf denen die verbotenen Bücher landeten." Das ist so nicht belegbar. Bücherverbrennungen kamen zwar wie bei den paganen Römern so auch bei Christen vor. Die Fälle betrafen hier aber, schlimm genug, primär Texte verurteilter christlicher Theologen sowie die schon von paganen Kaisern verbotene astrologische und magische Literatur, einige christentumskritische Texte, aber kaum nachweisbar pagane literarische oder fachphilosophische Werke.
Und nein, Augustinus hat nicht "die letzte existierende Abschrift von Ciceros ,Über den Staat'" abgeschabt und "mit Psalmen überschrieben". Die um 400 angefertigte Pergamenthandschrift mit sonst unbekannten, ab 1819 wieder lesbar gemachten Teilen von Ciceros Werk wurde im siebten Jahrhundert gelöscht (rund zweihundert Jahre nach Augustins Tod), vielleicht weil sie unvollständig war, und mit Augustins großem Psalmenkommentar neu beschriftet. Solche Palimpseste haben, anders als Nixey glauben machen will, zumeist nichts mit religiöser Wut zu tun, sondern waren eine übliche Wiederverwendung des teuren Materials. Am häufigsten palimpsestierten Christen die Bibel und christliche liturgische Bücher.
Und so weiter . Man muss in Nixeys Buch mühsam nach Abschnitten suchen, die einer Überprüfung ohne Einschränkung standhalten. Wer sich zu Nixeys Themen seriös informieren will, sollte zu anderen Büchern greifen: Johannes Hahn über Gewalt von Christen und Heiden in der Spätantike, Wolfgang Speyer über Büchervernichtung und Zensur, Egert Pöhlmann zur Überlieferung von Texten und Peter Gemeinhardt über antikes Christentum und Bildung. Sie bieten, was Nixeys mittlerweile in fünf Sprachen übersetztem und von vielen Journalisten gefeiertem Buch abgeht: Fachkompetenz, Augenmaß, Bemühen um sachgerechte Darstellung und Kontextualisierung. Nixey dagegen lässt fort, was ihr nicht in den Kram passt, und fügt wahre, halbwahre und unzutreffende Behauptungen zu einem Konstrukt zusammen, dem nicht nur Einseitigkeit, sondern ein Übermaß an Falschheit vorzuwerfen ist.
ROLAND KANY
Catherine Nixey: "Heiliger Zorn". Wie die frühen Christen die Antike zerstörten.
Aus dem Englischen von Cornelius Hartz. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2019. 396 S., Abb., geb., 25,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
An den Quellen vorbei: Catherine Nixey zimmert sich ein Bild von den Christen als Zerstörern der Antike
Die britische Journalistin und studierte Historikerin Catherine Nixey will mit ihrem Buch "die Zerstörung der klassischen Welt durch die Christen" aufzeigen. Gleichgültigkeit, abergläubische Dummheit und Zerstörungswut der Christen von ihrer staatlichen Förderung seit Kaiser Konstantin ab etwa 312 bis zur angeblichen Schließung der Platonischen Akademie von Athen durch Kaiser Justinian 529 seien schuld "an der nahezu vollständigen Vernichtung der lateinischen und griechischen Literatur". Die Christen hätten unzählige herrliche Tempel zerstört, wunderschöne Götterstatuen in Stücke geschlagen und friedliche Nichtchristen unterdrückt und getötet.
Das Buch setzt ein am Tatort "Palmyra, um 385 n. Chr." In der syrischen Metropole habe man die Angreifer aus der Wüste erwartet, schwarzgekleidete Fanatiker, die lachten und brüllten, während sie altehrwürdige Tempel schändeten. Die glorreichen Momente seien in Liedern verewigt worden: "Die Dämonen und Götzen, unser Heiland hat sie alle zertrampelt." Die Männer seien in den Tempel der Athene vorgedrungen und hätten Kopf und Arme der Göttin zertrümmert. "Der ,Triumph' des Christentums hatte begonnen." Nixey ruft ihren Lesern die Kämpfer des Islamischen Kalifats in Erinnerung, die 2015 die wenige Jahrzehnte zuvor ausgegrabene und restaurierte Athene von Palmyra mit dem Hammer attackierten. Die Absicht von Nixeys Buch ist damit klar.
Doch schon dieser Anfang ist großteils erfunden. Kein antiker Text erwähnt den Bildersturm von Palmyra, wir kennen weder die Täter noch ihre Gründe noch gar ihr Kostüm. Der zitierte Hymnus hat überhaupt nichts mit Palmyra zu tun. Er stammt aus der Liturgie, die koptische Christen tausend Kilometer entfernt am Festtag der Flucht der heiligen Familie nach Ägypten feiern. Die Athene von Palmyra wurde den Ausgräbern zufolge wohl tatsächlich in den Jahren nach 380 vandalisiert. Forscher erwägen die antiheidnische Gesetzgebung unter Theodosius I. als Hintergrund und diskutieren die Hypothese (mehr ist es nicht), dass Christen aus Palmyra sich für die in antiken Quellen bezeugten paganen Kirchenzerstörungen und Mordtaten gegenüber ihren Glaubensgeschwistern in Syrien um 362 unter Kaiser Julian, dem "Apostaten", gerächt haben könnten. Zu Gewalt könnte es also auf beiden Seiten gekommen sein, auch der paganen, davon schweigt Nixey.
Sie erzählt auch von der Zerstörung des Serapis-Tempels in Alexandria durch Christen im Jahre 392, dem bekanntesten Fall dieser Art. Dabei minimiert sie die Nachrichten aus den Quellen, die von vorausgegangene blutigen Attacken gegen Christen durch die studentische Schlägertruppe um einen paganen Professor berichten. Diese Heiden wiederum waren wohl vom Ortsbischof provoziert worden, der sich am Ende am Tempelschatz bereicherte. In Karthago forderte laut Nixey Augustinus im Jahre 401 die Christen auf, heidnische Objekte zu zerschlagen. "Angeblich ließen bei den Ausschreitungen, zu denen es nach den Brandreden gekommen war, sechzig Menschen ihr Leben." In Wahrheit waren die sechzig Personen zwei Jahre vorher in der Ortschaft Sufes ermordet worden, allesamt Christen, die zuvor eine Herkulesstatue ruiniert hatten - ohne Brandrede Augustins. Was die römischen Christenverfolgungen vor 312 betrifft, so spielt Nixey sie herunter.
Dass es Beschädigungen antiker Statuen und Reliefs durch Christen gab, ist literarisch und archäologisch unzweifelhaft belegt. Dass dies massenhaft geschehen sei, wie Nixey behauptet, ist fraglich. "Ein ausgewiesener Spezialist für das Thema ,Religiöser Hass'" habe, so Nixey, in dem Mithrasfresko unter Santa Prisca in Rom die Spuren einer mit Wucht geschwungenen Axt erkannt, die das Gesicht des Gottes verstümmelte. Entgangen ist Nixey der Nachweis durch Bryan Ward-Perkins im Jahr 2004, dass die Zerstörung erst 1953 durch einen missglückten Restaurierungsversuch erfolgte. Man sollte sich hüten, bei jeder abgebrochenen Nase einer antiken Statue vorschnell an christliche Taliban mit Hammer und Kreuz zu denken.
Wie steht es um die Literaturvernichtung durch Christen? Zutreffend führt Nixey an, dass der Philosoph Porphyrios ein großes Werk gegen die Christen schrieb, das in konstantinischer Zeit verboten wurde, so dass heute nur noch spätantike Zitate daraus erhalten sind. Doch Nixey schreibt, dass Porphyrios' Werke wegen ihrer Gefährlichkeit "komplett vernichtet wurden" und "es kein einziges Buch von Porphyrios in die Neuzeit geschafft" habe. Glatt gelogen. Durch christliche Schreiber sind bis heute die Plotinbiographie des Porphyrios, seine vier Bücher über Vegetarismus und weitere Schriften erhalten, ja seine Einführung in die aristotelische Kategorienschrift wurde ein Standardlehrbuch der Logik des Mittelalters.
Die Verfasserin klagt, dass die Werke Demokrits die Epoche der christlichen Mehrheitsgesellschaft nicht überlebt hätten. Seine im fünften Jahrhundert vor Christus entwickelte philosophische Atomtheorie erübrigt ihrer Meinung nach eine religiöse Deutung der Welt. Haben Christen die Werke Demokrits vernichtet, wie Nixey suggeriert? Zwar ist kein einziges Werk Demokrits erhalten, doch dieser Verlustprozess war nach Auskunft der Philologen schon am Ende des ersten nachchristlichen Jahrhunderts weitgehend abgeschlossen. Es lag also nicht an den Christen, die zu dieser Zeit eine winzige Minderheit waren. Antike Berichte über Demokrits Atomtheorie sind jedoch in großer Zahl erhalten, etwa bei Aristoteles und nicht nur in Lukrez' Lehrgedicht, wie Nixey mit einer verfälschten Geschichte flunkert, durch die sie den Eindruck erwecken will, die Christen hätten den Atomismus tausend Jahre unter Verschluss gehalten.
Nixey gibt zwar zu, dass verschiedene Faktoren zum Verlust antiker Literatur beitragen konnten und sie nicht sagen wolle, "dass die Kirche nicht auch einiges bewahrt hätte". Doch solche salvatorischen Klauseln sollen nur die Glaubwürdigkeit ihrer Schauergeschichten erhöhen: "Im ganzen Reich brannten Scheiterhaufen, auf denen die verbotenen Bücher landeten." Das ist so nicht belegbar. Bücherverbrennungen kamen zwar wie bei den paganen Römern so auch bei Christen vor. Die Fälle betrafen hier aber, schlimm genug, primär Texte verurteilter christlicher Theologen sowie die schon von paganen Kaisern verbotene astrologische und magische Literatur, einige christentumskritische Texte, aber kaum nachweisbar pagane literarische oder fachphilosophische Werke.
Und nein, Augustinus hat nicht "die letzte existierende Abschrift von Ciceros ,Über den Staat'" abgeschabt und "mit Psalmen überschrieben". Die um 400 angefertigte Pergamenthandschrift mit sonst unbekannten, ab 1819 wieder lesbar gemachten Teilen von Ciceros Werk wurde im siebten Jahrhundert gelöscht (rund zweihundert Jahre nach Augustins Tod), vielleicht weil sie unvollständig war, und mit Augustins großem Psalmenkommentar neu beschriftet. Solche Palimpseste haben, anders als Nixey glauben machen will, zumeist nichts mit religiöser Wut zu tun, sondern waren eine übliche Wiederverwendung des teuren Materials. Am häufigsten palimpsestierten Christen die Bibel und christliche liturgische Bücher.
Und so weiter . Man muss in Nixeys Buch mühsam nach Abschnitten suchen, die einer Überprüfung ohne Einschränkung standhalten. Wer sich zu Nixeys Themen seriös informieren will, sollte zu anderen Büchern greifen: Johannes Hahn über Gewalt von Christen und Heiden in der Spätantike, Wolfgang Speyer über Büchervernichtung und Zensur, Egert Pöhlmann zur Überlieferung von Texten und Peter Gemeinhardt über antikes Christentum und Bildung. Sie bieten, was Nixeys mittlerweile in fünf Sprachen übersetztem und von vielen Journalisten gefeiertem Buch abgeht: Fachkompetenz, Augenmaß, Bemühen um sachgerechte Darstellung und Kontextualisierung. Nixey dagegen lässt fort, was ihr nicht in den Kram passt, und fügt wahre, halbwahre und unzutreffende Behauptungen zu einem Konstrukt zusammen, dem nicht nur Einseitigkeit, sondern ein Übermaß an Falschheit vorzuwerfen ist.
ROLAND KANY
Catherine Nixey: "Heiliger Zorn". Wie die frühen Christen die Antike zerstörten.
Aus dem Englischen von Cornelius Hartz. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2019. 396 S., Abb., geb., 25,- [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
Rezensent Wolfgang Schneider reißt die Lektüre von Catherine Nixeys Buch mit. Den christlichen Bildersturm auf die Antike im 4. und 5. Jahrhundert kann ihm die Autorin anhand von Geschichten über vernichtete Bibliotheken und christliche Schlägertrupps eindrücklich vor Augen stellen. Schneider fühlt sich an die Taliban erinnert, wenn Niexey den Fanatismus früher Christen illustriert. Das Buch scheint ihm glänzend geschrieben, fakten- und quellensatt und meistenteils glaubwürdig, auch wenn die leidenschaftliche Polemik mitunter mit der Autorin durchgeht, wie Schneider einräumt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.07.2019Fanatiker im Rausch
Die Journalistin Catherine Nixey schildert, „wie die Christen
die Antike zerstörten“ – und begnügt sich mit groben Vereinfachungen
VON STEFAN REBENICH
Welch ein Titel: „Heiliger Zorn“. Und welch ein Thema: „Wie die Christen die Antike zerstörten“. Schon im Klappentext werden Tempel zertrümmert, Bücher verbrannt und Menschen verfolgt. Dann geht es richtig los: Erst verwüsten bärtige, schwarz gekleidete Fanatiker im Namen ihres Gottes heilige Stätten in der Wüstenmetropole Palmyra; drei Jahrzehnte später ermordet eine Schlägertruppe, die der gewaltbereite Bischof Kyrill von Alexandria losgelassen hat, auf unvorstellbar grausame Weise Hypatia, die bedeutendste Intellektuelle der gesamten Antike; und am Ende schließen glaubensstarke Fundamentalisten die berühmteste Philosophenschule des Altertums, die Athener Akademie.
Kaum war das Christentum, das einst im Römischen Reich verfolgt wurde, toleriert, brachte es Tod und Verderben über alle Andersgläubigen, so lautet die eingängige Botschaft von Catherine Nixey. Abgehackte Arme und Beine blieben als Warnung auf den Straßen liegen. Aber nicht nur Spinner und Exzentriker steigerten sich in einen Rausch der Zerstörung, sondern auch „Männer im Herzen der katholischen Kirche“ – wie Augustin von Hippo und Martin von Tours. Nicht zu vergessen: Mit dem kulturellem Erbe dieser Religion ist es auch nicht weit her. Denn „stumpfe Gleichgültigkeit und schiere Dummheit“ der frommen Christen weihten 99 Prozent der antiken Literatur dem Untergang.
Zum Glück gefielen die Carmina des römischen Dichters Catull dem Bischof Rather von Verona so sehr, dass er um die Mitte des 10. Jahrhunderts eine Handschrift aufbewahrte. Nur deshalb kann die englische Autorin mit einem Originalzitat gegen die ungesunde Prüderie der lustfeindlichen Kirchenväter Basilius und Hieronymus anschreiben: „Ich werde euch in den Arsch und in den Mund ficken.“ Solche sprachlichen Freiheiten beeindrucken am meisten in einem Werk, das vollmundig verspricht, „eine andere, bislang kaum bekannte Geschichte des Christentums“ zu erzählen, die „außerhalb entsprechender Fachkreise einem breiten Publikum“ nicht bekannt sei. Die moderne Welt habe das Ausmaß der Zerstörung aus der kollektiven Erinnerung getilgt, so behauptet die Historikerin und Journalistin, und impliziert damit, dass die Welt bis zum Jahre 2017 auf dieses vermeintlich aufklärerische Manifest warten musste, das nun in deutscher Übersetzung vorliegt.
Das Buch überzeugt in keiner Hinsicht. Souverän werden die detaillierten Forschungen der letzten Jahrzehnte ignoriert, die den Nachweis erbracht haben, dass auch im 4. und 5. Jahrhundert religiöse Konflikte keineswegs die Regel waren, sondern eher die Ausnahme darstellten. Angehörige unterschiedlicher religiöser Gruppen pflegten durchaus einen zwanglosen und sogar freundschaftlichen Umgang. Gewiss gab es die von Nixey drastisch geschilderten gewalttätigen Übergriffe; aber sie waren nicht exklusiv durch religiöse Gegensätze bestimmt. Ihnen lagen häufig soziale, ökonomische, politische und ethnische Konkurrenzen und Konflikte zugrunde. Zunehmend missbrauchten einzelne Bischöfe vor Ort ihre neue Macht, um sich durch die Marginalisierung und Verfolgung anderer Gruppen zu profilieren. Dabei traf es nicht nur heidnische, sondern auch jüdische und andere christliche Gemeinschaften, die als Ungläubige und Häretiker diffamiert wurden. Von der Säkularisierung innerkirchlicher Auseinandersetzungen, die maßgeblich zu gewalttätigen Eskalationen in einzelnen Städten beitrugen, ist bezeichnenderweise nur am Rande die Rede. Dabei übersieht Nixey, dass staatliche Beamte und bisweilen die Kaiser selbst theologischen Dissens personalisierten, indem sie widerstrebende Bischöfe exilierten und damit bestehende Spannungen in der Bevölkerung verstärkten.
Auch wenn Nixey ausführlich aus Alexandrien, Antiochia, Konstantinopel und Oberägypten berichtet, verwischt sie lokale Differenzen und extrapoliert aus dem Quellenbefund ein homogenes Bild, in dessen Zentrum gewaltbereite Christen altgläubige Polytheisten durch die Straßen jagten. Um die abstoßenden Ereignisse hautnah berichten zu können, schreibt die moderne Opferanwältin christliche Historiker und Hagiographen aus der Spätantike aus, deren Glaubensgewissheit sie längst verloren hat, deren heilsgeschichtlich konditionierte Botschaft eines finalen Kampfes gegen die Heiden sie jedoch unkritisch reproduziert. Aber theoretische Reflexionen sucht man ohnehin vergebens: Die von Jan Assmann ausgelöste internationale Diskussion um den „Preis“ des Monotheismus, der angeblich den Anspruch auf absolute Wahrheit verkörpert und einen theologischen Pluralismus verunmöglicht, ist offenbar an Nixey völlig vorbeigegangen.
Geradezu absurd ist der Anspruch, ein neues Bild der Geschichte des frühen Christentums zu zeichnen. Schon Jean-Jacques Rousseau geißelte den engen Konnex zwischen christlicher Offenbarung und religiöser Intoleranz, und Voltaire sah im Christentum nicht länger ein sinnstiftendes Element, sondern vielmehr ein destruktives Moment der Geschichte. Der französische Aufklärer ist in eine Fußnote verbannt, und der Historiker Edward Gibbon, der wortgewaltig „the intolerant zeal of the Christians“ kritisierte, wird zu einem Stichwortgeber degradiert. So kann man wissenschaftliche Traditionen auslöschen.
Das Buch sagt mehr über die Biografie der Autorin und die Zeit seiner Entstehung als über die Spätantike. Die Autorin wuchs in Wales als Tochter einer ehemaligen Nonne und eines ehemaligen Mönchs auf und will, wie sie selbst ausführt, in der Familie nichts über die Gewalt der frühen Christen erfahren haben. Das Versäumte wird nun vor den Augen eines weltweiten Publikums nachgeholt.
Das Buch liest sich wie eine polemische Offenbarungsschrift, mit der sich die Apostatin vom omnipräsenten Einfluss der katholischen Kirche befreien möchte. Geschrieben wurden die Zeilen, als ein neues islamisches Kalifat weite Teile Syriens kontrollierte. Programmatisch steht am Anfang die Zerstörung des antiken Athenetempels in Palmyra; die aggressiven Christen des vierten Jahrhunderts werden en passant mit den Angreifern des „Islamischen Staats“ gleichgesetzt, die 2015 die restaurierte Statue der Göttin erneut attackierten. Aber wie diese primitiven Schergen nicht für den gesamten Islam stehen, sind die christlichen Gewalttäter nicht repräsentativ für das spätantike Christentum.
Nixey unterlässt diese notwendige Unterscheidung. Ihr Buch passt in eine Zeit, in der man mit einfachen Antworten schnell bei der Hand ist. Es ist zu bedauern, dass die Autorin, eine studierte Historikerin, ihr schriftstellerisches Talent, das auch in der deutschen Übersetzung aufblitzt, nicht genutzt hat, um eine intellektuell anspruchsvolle, differenzierte populärwissenschaftliche Darstellung zur Gewalt im frühen Christentum vorzulegen. Statt dessen schlägt sie sich auf die Seite der terribles simplificateurs und karikiert damit ihren Anspruch, aufklären zu wollen.
Das Buch überzeugt in keiner
Hinsicht, es verrät mehr über
unsere Zeit als über die Spätantike
So stellte man sich im 19. Jahrhundert das grausige Ende der Mathematikerin und Philosophin Hypatia vor. Die bedeutende antike Intellektuelle wurde 415 oder 416 von einer aufgehetzten Menge in Alexandria ermordet.
Foto: imago/Leemage
Catherine Nixey:
Heiliger Zorn. Wie die
frühen Christen die
Antike zerstörten.
Aus dem Englischen von Cornelius Hartz.
DVA, München 2019.
400 Seiten, 25 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Die Journalistin Catherine Nixey schildert, „wie die Christen
die Antike zerstörten“ – und begnügt sich mit groben Vereinfachungen
VON STEFAN REBENICH
Welch ein Titel: „Heiliger Zorn“. Und welch ein Thema: „Wie die Christen die Antike zerstörten“. Schon im Klappentext werden Tempel zertrümmert, Bücher verbrannt und Menschen verfolgt. Dann geht es richtig los: Erst verwüsten bärtige, schwarz gekleidete Fanatiker im Namen ihres Gottes heilige Stätten in der Wüstenmetropole Palmyra; drei Jahrzehnte später ermordet eine Schlägertruppe, die der gewaltbereite Bischof Kyrill von Alexandria losgelassen hat, auf unvorstellbar grausame Weise Hypatia, die bedeutendste Intellektuelle der gesamten Antike; und am Ende schließen glaubensstarke Fundamentalisten die berühmteste Philosophenschule des Altertums, die Athener Akademie.
Kaum war das Christentum, das einst im Römischen Reich verfolgt wurde, toleriert, brachte es Tod und Verderben über alle Andersgläubigen, so lautet die eingängige Botschaft von Catherine Nixey. Abgehackte Arme und Beine blieben als Warnung auf den Straßen liegen. Aber nicht nur Spinner und Exzentriker steigerten sich in einen Rausch der Zerstörung, sondern auch „Männer im Herzen der katholischen Kirche“ – wie Augustin von Hippo und Martin von Tours. Nicht zu vergessen: Mit dem kulturellem Erbe dieser Religion ist es auch nicht weit her. Denn „stumpfe Gleichgültigkeit und schiere Dummheit“ der frommen Christen weihten 99 Prozent der antiken Literatur dem Untergang.
Zum Glück gefielen die Carmina des römischen Dichters Catull dem Bischof Rather von Verona so sehr, dass er um die Mitte des 10. Jahrhunderts eine Handschrift aufbewahrte. Nur deshalb kann die englische Autorin mit einem Originalzitat gegen die ungesunde Prüderie der lustfeindlichen Kirchenväter Basilius und Hieronymus anschreiben: „Ich werde euch in den Arsch und in den Mund ficken.“ Solche sprachlichen Freiheiten beeindrucken am meisten in einem Werk, das vollmundig verspricht, „eine andere, bislang kaum bekannte Geschichte des Christentums“ zu erzählen, die „außerhalb entsprechender Fachkreise einem breiten Publikum“ nicht bekannt sei. Die moderne Welt habe das Ausmaß der Zerstörung aus der kollektiven Erinnerung getilgt, so behauptet die Historikerin und Journalistin, und impliziert damit, dass die Welt bis zum Jahre 2017 auf dieses vermeintlich aufklärerische Manifest warten musste, das nun in deutscher Übersetzung vorliegt.
Das Buch überzeugt in keiner Hinsicht. Souverän werden die detaillierten Forschungen der letzten Jahrzehnte ignoriert, die den Nachweis erbracht haben, dass auch im 4. und 5. Jahrhundert religiöse Konflikte keineswegs die Regel waren, sondern eher die Ausnahme darstellten. Angehörige unterschiedlicher religiöser Gruppen pflegten durchaus einen zwanglosen und sogar freundschaftlichen Umgang. Gewiss gab es die von Nixey drastisch geschilderten gewalttätigen Übergriffe; aber sie waren nicht exklusiv durch religiöse Gegensätze bestimmt. Ihnen lagen häufig soziale, ökonomische, politische und ethnische Konkurrenzen und Konflikte zugrunde. Zunehmend missbrauchten einzelne Bischöfe vor Ort ihre neue Macht, um sich durch die Marginalisierung und Verfolgung anderer Gruppen zu profilieren. Dabei traf es nicht nur heidnische, sondern auch jüdische und andere christliche Gemeinschaften, die als Ungläubige und Häretiker diffamiert wurden. Von der Säkularisierung innerkirchlicher Auseinandersetzungen, die maßgeblich zu gewalttätigen Eskalationen in einzelnen Städten beitrugen, ist bezeichnenderweise nur am Rande die Rede. Dabei übersieht Nixey, dass staatliche Beamte und bisweilen die Kaiser selbst theologischen Dissens personalisierten, indem sie widerstrebende Bischöfe exilierten und damit bestehende Spannungen in der Bevölkerung verstärkten.
Auch wenn Nixey ausführlich aus Alexandrien, Antiochia, Konstantinopel und Oberägypten berichtet, verwischt sie lokale Differenzen und extrapoliert aus dem Quellenbefund ein homogenes Bild, in dessen Zentrum gewaltbereite Christen altgläubige Polytheisten durch die Straßen jagten. Um die abstoßenden Ereignisse hautnah berichten zu können, schreibt die moderne Opferanwältin christliche Historiker und Hagiographen aus der Spätantike aus, deren Glaubensgewissheit sie längst verloren hat, deren heilsgeschichtlich konditionierte Botschaft eines finalen Kampfes gegen die Heiden sie jedoch unkritisch reproduziert. Aber theoretische Reflexionen sucht man ohnehin vergebens: Die von Jan Assmann ausgelöste internationale Diskussion um den „Preis“ des Monotheismus, der angeblich den Anspruch auf absolute Wahrheit verkörpert und einen theologischen Pluralismus verunmöglicht, ist offenbar an Nixey völlig vorbeigegangen.
Geradezu absurd ist der Anspruch, ein neues Bild der Geschichte des frühen Christentums zu zeichnen. Schon Jean-Jacques Rousseau geißelte den engen Konnex zwischen christlicher Offenbarung und religiöser Intoleranz, und Voltaire sah im Christentum nicht länger ein sinnstiftendes Element, sondern vielmehr ein destruktives Moment der Geschichte. Der französische Aufklärer ist in eine Fußnote verbannt, und der Historiker Edward Gibbon, der wortgewaltig „the intolerant zeal of the Christians“ kritisierte, wird zu einem Stichwortgeber degradiert. So kann man wissenschaftliche Traditionen auslöschen.
Das Buch sagt mehr über die Biografie der Autorin und die Zeit seiner Entstehung als über die Spätantike. Die Autorin wuchs in Wales als Tochter einer ehemaligen Nonne und eines ehemaligen Mönchs auf und will, wie sie selbst ausführt, in der Familie nichts über die Gewalt der frühen Christen erfahren haben. Das Versäumte wird nun vor den Augen eines weltweiten Publikums nachgeholt.
Das Buch liest sich wie eine polemische Offenbarungsschrift, mit der sich die Apostatin vom omnipräsenten Einfluss der katholischen Kirche befreien möchte. Geschrieben wurden die Zeilen, als ein neues islamisches Kalifat weite Teile Syriens kontrollierte. Programmatisch steht am Anfang die Zerstörung des antiken Athenetempels in Palmyra; die aggressiven Christen des vierten Jahrhunderts werden en passant mit den Angreifern des „Islamischen Staats“ gleichgesetzt, die 2015 die restaurierte Statue der Göttin erneut attackierten. Aber wie diese primitiven Schergen nicht für den gesamten Islam stehen, sind die christlichen Gewalttäter nicht repräsentativ für das spätantike Christentum.
Nixey unterlässt diese notwendige Unterscheidung. Ihr Buch passt in eine Zeit, in der man mit einfachen Antworten schnell bei der Hand ist. Es ist zu bedauern, dass die Autorin, eine studierte Historikerin, ihr schriftstellerisches Talent, das auch in der deutschen Übersetzung aufblitzt, nicht genutzt hat, um eine intellektuell anspruchsvolle, differenzierte populärwissenschaftliche Darstellung zur Gewalt im frühen Christentum vorzulegen. Statt dessen schlägt sie sich auf die Seite der terribles simplificateurs und karikiert damit ihren Anspruch, aufklären zu wollen.
Das Buch überzeugt in keiner
Hinsicht, es verrät mehr über
unsere Zeit als über die Spätantike
So stellte man sich im 19. Jahrhundert das grausige Ende der Mathematikerin und Philosophin Hypatia vor. Die bedeutende antike Intellektuelle wurde 415 oder 416 von einer aufgehetzten Menge in Alexandria ermordet.
Foto: imago/Leemage
Catherine Nixey:
Heiliger Zorn. Wie die
frühen Christen die
Antike zerstörten.
Aus dem Englischen von Cornelius Hartz.
DVA, München 2019.
400 Seiten, 25 Euro.
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»In einer Welt, in der religiöse Fundamentalismen verschiedener Provenienz sich längst wieder ausgebreitet haben, ist die Lektüre von Catherine Nixeys Buch unbedingt hilfreich.« Peter Körte, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung