In allen frühjüdischen und neutestamentlichen Schriften bleibt die aus dem Alten Testament bekannte enge Verbundenheit von Gott, Volk und Land zumindest als Motiv erhalten. In den untersuchten Texten geht es bei »Land« allerdings in den wenigsten Fällen isoliert um das Land Israel, sondern fast immer um Land im Verhältnis zu Gott und dem Volk, das auch wieder in Beziehung zu seinem Gott steht. »Land« versteht sich hierbei als ein Raum, in dem sich die Nähe Gottes ereignen kann. Es kann das Land Israel sein mit dem Tempel als Ort par excellence für die postulierte Gottesgegenwart. Es kann aber auch ein Raum andernorts sein oder eben ein Raum, der nur oder hauptsächlich in der Vorstellung existiert. Vorstellungen vom Land beeinflussen die Sicht auf das konkrete Land und umgekehrt. Das Land kann dabei idealisiert oder mythisiert werden oder in den aktuellen Wohnort außerhalb des Landes Israel, den Himmel oder in die Zukunft »ausgedehnt werden« oder gar »umziehen«.Raum und Volk können unterschiedlich erscheinen, doch das Streben nach der Nähe Gottes ist den Texten beider Textgruppen gemein. Entsprechend ist jeder Raum der Gottespräsenz auch ein sozialer Raum, ein Identitätsraum für das Volk, das sich seinem Gott zugehörig fühlt. Somit geht es bei dem Begriff »Land« bzw. bei der Kennzeichnung "das Land" im religiösen und theologischen Kontext um eine Ausrichtung auf seine heilige Mitte, die Gott ist. Jeder Raum dieser Funktion, ob konkret oder mental, wird damit in gewissem Sinn zu einem heiligen Land für seine »Bewohner«.