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John will sich an seiner verstorbenen Frau rächen, indem er sie posthum mit demselben Strichjungen betrügt, mit dem sie ihn mutmaßlich hintergangen hat. Larry arbeitet in einer betreuten Wohneinrichtung für "Menschen mit Entwicklungsstörungen", weil er endlich sein Leben mit Leuten verbringen will, die ihn zu schätzen wissen. Und Charles fährt für ein Wochenende in eine Berghütte, weil seine Frau schwanger ist und er ein paar Tage für sich haben will, bevor das Baby auf die Welt kommt und sein Leben für immer ruiniert ... Die Menschen in Ottessa Moshfeghs Erzählungen sind eigensinnig,…mehr

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Produktbeschreibung
John will sich an seiner verstorbenen Frau rächen, indem er sie posthum mit demselben Strichjungen betrügt, mit dem sie ihn mutmaßlich hintergangen hat. Larry arbeitet in einer betreuten Wohneinrichtung für "Menschen mit Entwicklungsstörungen", weil er endlich sein Leben mit Leuten verbringen will, die ihn zu schätzen wissen. Und Charles fährt für ein Wochenende in eine Berghütte, weil seine Frau schwanger ist und er ein paar Tage für sich haben will, bevor das Baby auf die Welt kommt und sein Leben für immer ruiniert ... Die Menschen in Ottessa Moshfeghs Erzählungen sind eigensinnig, überheblich und boshaft. Und doch fühlen wir mit ihnen, denn ihr oft absurdes Verhalten hat immer auch etwas zutiefst Menschliches, genau wie ihre pathetischen Illusionen, durch die sie sich ständig selbst im Weg stehen. Haben wir nicht alle irgendwann "Heimweh nach einer anderen Welt"?

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Autorenporträt
Ottessa Moshfegh wurde in Boston geboren und ist kroatisch-persischer Abstammung. Sie steht auf der Granta-Liste der zwanzig besten jungen Autoren aus den USA. Für ihre Novelle "McGlue" erhielt sie den Believer Book Award sowie den Fence Modern Prize. Ihr Roman "Eileen" stand auf der Shortlist des Man Booker Prize und wurde mit dem PEN/Hemingway Award ausgezeichnet. Zuletzt erschien ihr Roman "Mein Jahr der Ruhe und Entspannung". Ottessa Moshfegh lebt in Los Angeles.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.01.2020

Sehnsüchte Second-Hand
Ottessa Moshfeghs neuer Erzählband handelt mal wieder von Menschen,
die man lieber nicht persönlich treffen möchte. Er ist fantastisch
VON THERESA HEIN
Ottessa Moshfegh ist ein Workaholic. Im April erscheint ihr dritter Roman in den USA, gerade arbeitet sie am vierten, und weil der erste Roman verfilmt werden soll, hat sie dafür auch noch das Drehbuch selbst geschrieben. In Deutschland erscheint jetzt als Zwischengang die Übersetzung von „Heimweh nach einer anderen Welt“, einem Kurzgeschichtenband aus dem Jahr 2017. Fast alle Geschichten darin haben eine verstörende, subtile Schönheit an sich, die sie viel beeindruckender macht als Moshfeghs gefeierten ersten Roman „Eileen“ (2015): In dem bekam man vor allem im letzten Drittel das enervierende Gefühl, Moshfegh ziehe die reine Provokation einer schlüssigen Handlung vor.
Ein Eindruck, den die Autorin in einem Interview mit dem Guardian 2016 noch verstärkte: Sie sei pleite gewesen und wollte berühmt werden, sagte sie da. Daraufhin habe sie halt ein Do-it-yourself-Buch gelesen („Der 90-Tage-Roman“) und wumms: Man-Booker-Prize-Shortlist. Für den Literaturbetrieb natürlich eine Unverschämtheit: jemand, der aus finanziellen Gründen einen Bestseller schreibt, erfolgreich? Und auch noch, ohne sich zu quälen? How dare she.
Man kann die Schriftstellerin Ottessa Moshfegh tatsächlich in Los Angeles anrufen und genau das fragen. Wie sie es wagen kann, und was sie darüber denkt: heute, zwei Romane, einen Kurzgeschichtenband und eine Berühmtwerdung später? Es ist zehn Uhr morgens ins L.A., Moshfegh gesteht müde, dass sie das Interview im Guardian bereue, manchmal zumindest. „Es hat mich gelehrt, dass mir öffentliche Wahrnehmung egal sein muss. Ich schreibe nicht für die, die mich ablehnen“, und bevor man noch abtasten kann, wie viel Floskel, wie viel Attitüde hinter dieser Aussage steckt, schiebt sie hinterher: „Stellen Sie sich vor, Sie würden sich morgens anziehen und dabei ständig darüber nachdenken, was die Menschen über Ihr Outfit denken, die Sie sowieso hässlich finden. Man muss sich doch aber für die Menschen anziehen, die denken, hey, die ist eine Göttin.“
Moshfegh schreibt also für die, die sie für eine Göttin halten. Und auch, wer das nicht tut, kann sie als Autorin schätzen. Nicht, weil sie sich kompromisslos menschlicher Schwäche widmet, weil sie die Stufen in die niedersten Gedanken ihrer Charaktere hinabsteigt. Sondern weil sie, während sie das tut, immer den Respekt vor ihnen als Menschen aufrechterhält. Nicht gerade eine leichte Aufgabe angesichts ihrer Figuren.
Die Menschen in „Heimweh nach einer anderen Welt“ haben Gewaltfantasien, krankhaft geschwollene Geschlechtsteile oder – mindestens – Mundgeruch. Jeb, der Rentner, der von seiner jungen, hübschen Nachbarin derart besessen ist, dass er seine Mahlzeiten nur noch im Keller direkt an der Wand einnimmt, weil er da ihre Geräusche am besten hören kann. Oder Mr. Wu, der schon seit ewigen Zeiten in die Frau von der Videospielhalle verliebt ist. Kaum erhält er allerdings die erste anzügliche Textnachricht seiner Flamme, ist er so angewidert, dass er im Puff Ablenkung sucht („Geben Sie mir einfach die Dümmste, die Sie haben“). Es gibt frustrierte Lehrerinnen, die sich in der Freistunde im Schlafsack im Klassenzimmer einmummeln, weil sie daueralkoholisiert sind, erfolglose Attraktive, attraktive Erfolgreiche (davon allerdings weniger). Moshfeghs Buch ist ein Second-Hand-Laden der unerfüllten menschlichen Sehnsüchte, die schon angefangen haben, nach Schrank zu miefen. Jeder Zweite in „Heimweh nach einer anderen Welt“ ist antriebslos, jede Dritte ist abstoßend, und es geht fast ständig um Sex und Körper.
Genau da wollte sie hin als Autorin, erzählt Moshfegh: „Ich wollte rausfinden, wie Menschen an dem, was sie selbst sind, verzweifeln und stecken bleiben bei dem Versuch, es zu ändern. Wie elend sich das anfühlt.“ Das interessiere sie beim Schreiben über Menschen: dass es so viele gibt, die sich in der Welt, in die sie geboren wurden, unbehaglich fühlen.
Das Unbehagen ihrer Charaktere rührt meistens daher, dass sie am Versuch scheitern, Psyche und Körper übereinzubringen. Aus L.A., was vermutlich die globale Hauptstadt der Selbstinszenierung ist, gibt Moshfegh durch, dass immer noch zu wenig über das Verhältnis zum eigenen Körper geschrieben werde. „Aber wir sind doch alle nur Körper und können unseren Körper nicht immer kontrollieren. Es ist ein ‚Geist-in-der-Maschine‘-Verhältnis.“ Das sei auch ein Grund, warum sie so viel über Essstörungen schreibe, diesen beispielhaften Versuch, die Kontrolle über die Dissonanz zwischen Körper und Psyche zu gewinnen. „Sie sind ein Symptom der Frage: ,Wie kann das ich sein? Ich mag es nicht, und ich will es kontrollieren.‘“
Wenn Figuren bei Moshfegh nicht essgestört sind, versuchen sie eben anders, die Kontrolle über Körper zu behalten, sie üben Gewalt auf andere Körper aus. Oder sind von sich selbst besessen. Oder alles zusammen. Klar, dass es Liebe und Bindung in so einem Umfeld schwer haben.
Trotz alledem sind die Texte in „Heimweh nach einer anderen Welt“ nicht mehr um der Provokation willen geschrieben. Gemeinsam haben sie, dass sich im vermeintlichen Stillstand, heimlich und leise, absurd interessante Leben abspielen, und man erinnert sich beim Lesen unweigerlich an die Garageneinfahrt-Tristesse von Raymond Carver. Moshfegh ist Carver, nur in lustig. Wie Carver testet Moshfegh, ob ihre Leser die Auslassungen, mit denen sie ihre Geschichten versieht, ertragen: Kriegt Mr. Wu nun seine Videospielhallenangestellte oder nicht? Warum verdammt noch mal ändert die Lehrerin ihr Leben nicht, wie sie es vorhatte? Ihre Charaktere sind um sich selbst kreisende Subjekte, die ihren inneren Schweinehund längst als Lebenseinstellung akzeptiert haben. Wer etwas anderes hofft, braucht dieses Buch nicht aufzuschlagen.
Umso strahlender erscheinen die liebevollen Momente im Moshfegh-Universum – die gibt es, und für die ist man als Leser dann doch sehr dankbar. Wie in „Der Beach Boy“, der Geschichte der New Yorker Eheleute John und Marcia, beide um die sechzig Jahre alt. Ein wenig kann man sie sich vorstellen wie Woody Allen und Diane Keaton im Film „Manhattan Murder Mystery“. Nach einem Abendessen mit Freunden an der Upper East Side müssen sie auf dem Heimweg durch den Central Park. Als sie am Park angelangt sind, fragt Marcia ihren Mann im Dunkeln: „Gehen wir quer über den Rasen oder außen rum?“ und John antwortet „Seien wir mal mutig.“ Also sind sie mal mutig.
In „Ein besserer Ort“ gibt es ein Geschwisterpaar, ein Mädchen und einen Jungen, die sich für Aliens halten, die um jeden Preis in die Welt zurückmüssen, aus der sie gekommen sind. Sie stellen alles in Frage – außer der bedingungslosen Geschwisterliebe. Ihre Mutter nennen die Kinder „die Menschenfrau“, die gibt genervt zurück, man solle sie doch bitte als „Mutter“ ansprechen. Auch diese Geschichte ist, wie alle Texte im Erzählband, getragen von Moshfeghs flapsiger Komik im Dialog, den Anke Caroline Burger umsichtig ins Deutsche übertragen hat. Sehr lustig wird es etwa, wenn Moshfegh beschreibt, wie das Mädchen beschließt, einen Mann, den sie sich selbst ausgedacht hat, mit Vogelbeerenmarmelade zu töten. Zufälligerweise existiert in der Realität ein Mann gleichen Namens, der den Vogelbeermarmeladentod durchaus verdient zu haben scheint.
Der seelische Abstand zwischen der Mutter, die ihre Kinder als Kinder behandelt, und den Kindern, die sie als Fremde sehen, ist nicht nur traurig. Er tut weh auf eine Weise, dass man alle Vergleiche mit Flannery O’Connor und Raymond Carver, mit denen die Autorin schon bedacht wurde, sofort verwerfen muss. So ist über das Gefühl, fehl am Platz zu sein, noch nicht geschrieben worden.
Als Leser beginnt man sich zu fragen, ob die Kinder eigentlich wirklich Aliens sind, oder sich nur konsequent dafür halten (was nicht weniger besorgniserregend wäre). Es ist ein einfacher Trick, mit dem Moshfegh das Gefühl der Kinder, die sich fremd fühlen, auf den Lesenden überträgt. Dann wiederum ist es auch egal, was nun stimmt. Sie fühlen sich fremd. Alles andere zählt nicht. Moshfegh sagt am Telefon, sie habe bei keiner anderen Geschichte so sehr das Gefühl gehabt, die Wahrheit aufzuschreiben. Es ist ihr persönlichster Text.
Ottessa Moshfegh: Heimweh nach einer anderen Welt. Storys. Aus dem Englischen von Anke Caroline Burger. Liebeskind Verlag, München 2020. 336 Seiten, 22 Euro.
„Ich wollte rausfinden, wie
Menschen an dem, was sie
selbst sind, verzweifeln.“
Zwei Kinder fühlen sich
als Aliens. Ihre Mutter nennen
sie „die Menschenfrau“
Ottessa Moshfegh, 1981 in Boston, Massachusetts, geboren, schreibt Romane und Kurzgeschichten, die unter anderem in „Paris Review“ und „New Yorker“ erscheinen.
Foto: Patrice Normand/Opale/Leemage
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.01.2020

Einfach etwas anderes wünschen!

Wie man sich sein Leben schönt: Die amerikanische Star-Autorin Ottessa Moshfegh schildert in ihrem Erzählungsband Menschen, die aus dem Gleis geraten sind.

Eigentlich kann man die junge Lehrerin aus New York nur beglückwünschen. "Mir geht's so gut wie nie", sagt sie oder "Mein Kopf heilt. Alles wird gut" oder "Alles gut hier. Wie üblich bessere ich mich". Sie ist die Erzählerin der ersten Geschichte in Ottessa Moshfeghs Band "Heimweh nach einer anderen Welt", der jetzt auf Deutsch erschienen ist, und fasste man all das zusammen, was sie über ihren Zustand - den jetzigen und den künftigen - so sagt, dann wäre das eine Glückssteigerung auf hohem Niveau.

Betrachtet man das, was sie jenseits der Bewertung über ihr Dasein berichtet, dann liegt darin eine Provokation. Sie unterrichtet Schüler, die ihrem Unterricht weder folgen können noch wollen, und inwieweit sie eine Lehrerin respektieren, die in einem Schlafsack im Klassenraum übernachtet und morgens noch den reichlichen Alkohol des Vorabends ausdünstet, wenn die Schüler den Raum betreten, bleibt ungewiss. Um nicht als pädagogische Niete aufzufliegen, fälscht sie die Prüfungsergebnisse ihrer Schüler, und ihre gelegentlichen Liebesabenteuer scheinen jedenfalls nichts zu dem Glückszustand beizutragen, in dem sie sich zu befinden behauptet. Einmal bittet sie ihr geschiedener Ehemann, der mit seiner neuen Frau weggezogen ist und mit dem sie, wenn sie betrunken ist, lange Telefonate führt, um ein Treffen zum Abendessen. Als sie ihm dann gegenübersitzt, eröffnet er ihr, dass sie ihn nicht mehr anrufen soll. Erwartet hat sie das nicht, aber sie macht das Beste daraus: Sie trinkt auf seine Kosten, soviel es geht, und handelt zugleich eine Summe aus, die er ihr dafür zahlen soll, dass sie sich nicht mehr meldet.

Ein alter Mann, der seine Nachbarin auf abstoßende Weise umgarnt; ein Hochstapler, der am Ende seine Habe in einem Hausbrand verliert; ein Immobilienmakler, der Vater werden soll und sich mit Drogen vollpumpt; zwei Musiker, die in einem Probenraum eingeschlossen sind und sich vor Langeweile fast aus dem Fenster stürzen, ein junges Mädchen, das mit einem Mann zusammen ist, den sie nicht leiden kann, der aber in einer Gegend eine Hausmeisterwohnung hat, die sie mag - die Protagonisten, meist sind es die Erzähler dieser Geschichten, führen kaum je ein Leben, um das man sie beneiden würde. Mehr noch, sie stecken in Situationen fest, die ausweglos erscheinen, wenigstens im Sinne einer nahen Wendung ins Bessere.

Etwa der Achtzehnjährige, der Schauspieler werden möchte und nun in der Villa einer alternden Schauspielerin in einem winzigen Zimmer zur Miete wohnt. Am Pool, immerhin, darf er liegen, aber in dem Bassin ist kein Wasser, nur hin und wieder der Kadaver eines Eichhörnchens, das hineingefallen war und nicht mehr herausfand. Manchmal wird er zum Vorsprechen eingeladen, viel wird nicht daraus, so geht es immer weiter. Auffällig viele Geschichten in diesem Band finden ein Ende, das nicht durch eine abrupte Wendung des Handlungsbogens motiviert wird. Die Autorin setzt ihre Pointen gekonnt, aber nicht durch einschneidende Ereignisse.

Sehen die Erzähler das selbst auch so? Wissen sie mehr, als sie erzählen, wiegt ihr Urteil nicht mehr? Es ist das Spannungsverhältnis zwischen der notwendig befangenen Schilderung der Ich-Erzähler und deren Rezeption durch den zunehmend fassungslosen Leser, aus dem die Geschichten ihre Funken schlagen, so lange, bis sich auch der Leser fragen muss, ob es nicht seine Perspektive ist, die den Geschehnissen nicht gewachsen ist. Denn Moshfeghs Protagonisten - nicht nur in diesem Band, auch schon in ihren Romanen "Eileen" und "Mein Jahr der Ruhe und Entspannung", vor allem aber in der Erzählung "McGlue" - sind groß darin, ihre Leben wortreich zu verteidigen: vor dem Leser und vor sich selbst. Die Autorin reizt das aus, sie sucht und findet das vermeintliche Elend, den Gestank, die Verwahrlosung, die kaum zufällig immer wieder geschilderte eitrige Haut, und konfrontiert uns ständig mit unserer Bewertung. Zugleich aber wird man nicht leicht eine Sammlung von zeitgenössischen Short Stories finden, die all das mit so viel Eleganz der Sprache verbindet, wie um uns darauf zu stoßen, was Überredungsstrategien vermögen, im Guten wie im Bösen. Denn natürlich gibt es auch selbstgemachte Deutungen des eigenen Lebens, die geradewegs in Abgründe führen. So stellt sich der werdende Vater vor, wie sein Sohn dann in fünfzig Jahren an seinem Grab stehen wird: "Ich spürte die Verbitterung und den Groll, den er gegen mich hegte, und ich hasste ihn." Auch der Sohn wird dann, so geht die Phantasie weiter, den Enkeln gegenüber nur schlecht von seinem Vater reden.

"Wenn man sich etwas wünscht und es nicht kriegen kann, wünscht man sich einfach etwas anderes", sagt der Erzähler von "Malibu", der arbeitslos ist und dessen körperlich erheblich eingeschränkter Onkel seine einzige Chance auf etwas Geld darstellt. Also passt er sich ihm an, was zu einer bizarren Diskussion darüber führt, wie und wo der Onkel dereinst zu bestatten sei - verbrannt soll er werden, so viel ist immerhin klar, aber er sorgt sich, dass "irgendwelche Viecher auf meine Asche pinkeln". Der Neffe beruhigt ihn: "Wenn du willst, besprühe ich deine Asche mit Gift, Ehrenwort."

Ist das ein Ausweg? Wie man sich an den Verhältnissen reibt, in die man nicht passt, in denen man wie ein Fremder ist, und sich zugleich damit arrangiert, das führen die Erzählungen meisterlich vor bis zur allerletzten Seite, die ein Mädchen zeigt, das unter höchstem Einsatz dieses Arrangement verweigert. Man kann sogar vermuten, dass die Autorin ihren Figuren, die sie in den Kampf schickt und beim Kämpfen beobachtet, hohen Respekt dafür zollt, dass sie so beharrlich versuchen, die Dämonen in Schach zu halten. Das aber gelingt nur selten, und paradoxerweise scheint es ihnen sogar besserzugehen, wenn diese Dämonen die Oberhand gewinnen.

"Wünsch dir das, was du verdienst. Und dann wird es vermutlich auch in Erfüllung gehen", sagt der Erzähler in "Malibu". In Moshfeghs Kosmos bedeutet das nichts Gutes.

TILMAN SPRECKELSEN

Ottessa Moshfegh: "Heimweh nach einer anderen Welt". Storys.

Aus dem Englischen von Anke Caroline Burger. Verlagsbuchhandlung Liebeskind, München 2020. 336 S., geb., 22,- [Euro].

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