Kein anderer deutscher Politiker ist so notorisch unterschätzt worden wie Helmut Kohl. Seine rhetorischen Fähigkeiten waren begrenzt, als Intellektueller ist er nicht auffällig geworden, und sein Provinzlertum berührte viele Deutsche eher peinlich, als der "Oggersheimer" 1982 in aufgeräumter Stimmung die Weltbühne betrat. Doch während Kohl anfangs noch Spott und Häme auf sich zog, belehrte er seine Gegner rasch eines Besseren und gewann vier Bundestagswahlen hintereinander. Kein anderer Kanzler der Bundesrepublik hat länger regiert als er, und als "Kanzler der Einheit" und großer Europäer ist ihm auch in den Geschichtsbüchern sein Platz sicher.
Was aber war das Geheimnis Kohls, dem sich so viele überlegen fühlten, die ihm dann unterlagen? Scharfsinnig und luzide, zugleich unbestechlich in der kritischen Analyse geht Patrick Bahners dem Phänomen Kohl auf den Grund und findet einen ebenso begnadeten wie unerbittlichen Machtmenschen, der alles um sich herum verschlingt und die Interessen seiner Partei distanzlos mit dem eigenen Machterhalt gleichsetzt. In funkelnder Prosa seziert Bahners den "Charakter der Macht" und zeigt einen Meister der Anpassung und Steuerung in Aktion, der am Ende in der Geschichte ankommt, weil er sich ihr ganz veräußert.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.09.2017PATRICK BAHNERS, Redakteur im Feuilleton dieser Zeitung, hat ein Buch über Helmut Kohl geschrieben. Nach der Methode der klassischen Historiker, auf dem Weg des Charakterstudiums, versucht er dem Formlosen von Kohls Erscheinung beizukommen. Die Liebe des Kanzlers zur Geschichte erwies sich 1989 als glückliche, was aber nicht Kohls Austritt aus der kleinen Welt der Bundesrepublik bedeutete. In Kohls Europapolitik, deren Erfolg heute zweifelhaft scheint, findet der Biograph denselben mit aller Macht über das Vorgefundene hinausdrängenden Zug, der schon den Aufstieg des Pfälzers in der CDU prägte. Angela Merkel, die ihn stürzte, ist seine Schülerin. Ein ausführliches Kapitel schildert die Spendenaffäre, die Kohl nach seiner Abwahl einholte, als ultimative Charakterprobe. Kohls schärfste Kritiker wie Wilhelm Hennis erkannten seine Stärken am besten. Unwahrscheinlich, aber wahr: Als Parteipolitiker erlangte Kohl historische Größe. (Patrick Bahners: "Helmut Kohl". Der Charakter der Macht. Verlag C. H. Beck, München 2017. 314 S., br., 18,- [Euro].)
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"Angesichts der jüngsten Wahlergebnisse (...) mag es sich empfehlen, den ausgefuchsten, sogar jesuitischen Band nicht so sehr mit Blick aufs Sachdimensionale zu lesen, sondern aus Interesse fürs einschlägig Machtcharakterliche."
Stefan Gärtner, Junge Welt, 11. Oktober 2017
Stefan Gärtner, Junge Welt, 11. Oktober 2017
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