Erinnern Sie sich? Sommer 1970, die Beatles hatten sich gerade getrennt, es roch nach Systemveränderung. Ausbeutung, Klassenkampf und Revolution waren die Schlagworte, die geflüstert oder skandiert wurden. Percy Sledges “When a man loves a woman“ ließ die Herzen schmelzen, lange Haare und Fransenjacke gehörten zum Outfit und hinter jeder Ecke schien der Verfassungsschutz zu lauern. Sommer 1970, bewegte Zeiten also, als Ronald „Donald“ Jakobson, ein siebzehnjähriger Gymnasiast, Hippie und angehender Comiczeichner, und seine Freunde versuchen, Antworten auf die wesentlichen Fragen des Lebens zu finden: Wer bin ich? Was will ich einmal sein? Warum bin ich immer noch hier? Und: Wo findet die nächste Party statt? Schwer gebeutelt vom heftigen Frühjahrsrauschen ihrer Sexualität, vom chronischen Frauenmangel und von den Auseinandersetzungen mit ihren Vätern, haben sie harte Zeiten durchzustehen. Sie proben den Aufstand, arrangieren konspirative Treffen, planen Teach-Ins über den Vietnamkrieg und hoffen, dass sie nicht gerade Hausarrest haben, wenn die Revolution stattfindet. Haschisch und Apfelwein stehen hoch im Kurs und man sinniert über den Prozess, den die besitzlosen Massen dem Kapital machen werden, oder über Wilhelm Reichs „Die Funktion des Orgasmus“. Donald, der sich zum Comiczeichner berufen fühlt, sieht sein Utopia weniger in der revolutionären Pflicht, als vielmehr in Entenhausen. Statt „von Lenin zu lernen“, studiert er die Tuscheschwünge von Walt Disney. „Mir war zwar klar, dass er und sein Imperium der Kinderträume Teil der amerikanischen Offensive im Kulturweltkrieg war, aber ich träumte davon, eines Tages die bildnerische Synthese zwischen Donald Duck und Bertolt Brecht hinzubekommen.“ Helter Skelter von den Beatles ist, laut Donald, das musikalische Allheilmittel zur Krisenbewältigung, aber auch Ausdruck der Irrungen und Wirrungen, die die Freunde durchzustehen haben, bis jeder seinen Weg findet ( der durchaus auch ins einst so leidenschaftlich bekämpften Spießbürgertum führen mag). Rolf Silber, Drehbuchautor und Filmregisseur, schildert in seinem Debütroman einen Sommer auf dem Dorf. So kann man zwischen südhessischen Kartoffelfeldern zuweilen den „Fänger im Roggen“ entdecken, an Baudenkmälern deutscher Biederkeit leuchtet etwas vom „American Grafitti“ und die Leiden alter und junger Werther sind denen des jungen Donald gar nicht unähnlich. Amüsant, treffend, eine Hommage an die verrückten Siebziger, die auch auf dem Dorf durchaus wild waren.