Unter dem Titel "Selbstbildnis" legt Hermann Bahr 1923 ein umfassendes Verzeichnis der so zahlreichen wie unterschiedlichen Stationen und Selbst-Entwürfe seines Lebens vor. Der besondere Reiz dieser Autobiographie liegt in der Spannung zwischen dem Versuch, eine kohärente Entwicklung oder Entfaltung des eigenen Selbst anzudeuten und der Praxis, auch Disparates mitunter geradezu schonungslos zu verzeichnen. So oszilliert Bahrs "Selbstbildnis" zwischen tradierten biographischen Narrativen und einer Logik des Archivs, in dem nicht nur den Ereignissen der Zeit, sondern auch der Macht des Zufalls eine besondere Relevanz zukommt: "Den Reiz [.], den man meiner Persönlichkeit zuschreibt, hat sie daher, daß mir beschieden war, entscheidenden Menschen, entscheidenden Zeiten, entscheidenden Ereignissen zu begegnen."