Studienarbeit aus dem Jahr 1998 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: keine, Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover (Institut für Deutsche Sprache und Literatur und ihre Didaktik), Veranstaltung: Proseminar: Der Naturalismus und seine Gegenströmungen - Teil II, Sprache: Deutsch, Abstract: Der Text "Kinderseele" von Hermann Hesse stammt aus dem Jahr 1919 und erschien zum ersten Mal 1920 im Fischer-Verlag als eine der drei Novellen in dem Band "Klingsors letzter Sommer". Die anderen beiden Novellen daraus heißen "Klein und Wagner" und "Klingsors letzter Sommer". Hesse selber bezeichnet diesen Band neben dem "Demian" als seinen wichtigsten, wie er in einem Brief an seinen Verleger Samuel Fischer vom 27.08.1919 schreibt: "Ich habe zuweilen das Gefühl, es könnte mir etwas zustoßen. Für diesen Fall bitte ich Sie zu notieren, daß unbedingt folgende Bücher von mir noch erscheinen müssen: Ein Buch mit drei Novellen, den neuesten revolutionären Arbeiten. Inhalt: eine Novelle "Kinderseele"[...]. Zweitens: eine Novelle "Klein und Wagner" und eine etwas phantastische Dichtung "Klingsors letzter Sommer". [...] Das Buch mit diesen drei Novellen wird mein wichtigstes sein, dies und der Demian. [...]" (nach Pfeifer: 1980, 145). Auch an seine Schwester Adele schreibt er am 07.02.1920: "Ich bin in der Dichtung den Weg der "Kinderseele", d.h. den Weg einer möglichst graden (!) Psychologie und Wahrheitsliebe weitergegangen und damit zu Resultaten gekommen, welche die Leser meiner frühern (!) Bücher zumeist abschrecken werden. Aber das ist einerlei." (ebd.) Die Novelle "Kinderseele" verarbeitet ein Erlebnis, das sich am 11. November 1899 in Calw - Hesses Geburtsort in Württemberg - zugetragen hat. Zu diesem Zeitpunkt ist der junge Hermann 11 Jahre alt; als er die Novelle schrieb, war er bereits 42. In seiner Erzählung schreibt er: " Als ich elf Jahre alt war, kam ich eines Tages von der Schule her nach Hause..." (10) Der Leser erfährt dadurch, daß Hesse bereits älter ist und sich an sein damaliges Erlebnis erinnert. Genaue Angaben, wie alt Hesse zu dem Zeitpunkt, als er die Novelle schreibt, ist, finden sich jedoch nicht. In meiner Interpretation werde ich nicht dem Textaufbau, sondern einer eigenen analytischen Struktur folgen. Aus einzelnen Textstellen - die an den verschiedensten Stellen in der Erzählung auftauchen - ergibt sich ein Bild des Erzählers, das dem Leser erlaubt, die Beweggründe des Jungen zu verstehen. Diese möchte ich einzeln erläutern. Man kann sich nun in den Jungen hineinversetzen und nachfühlen, wie er empfindet; warum er sich gegen seinen Vater auflehnt und ihn bestielt. Dieses halte ich für wichtiger, als streng dem Aufbau des Textes zu folgen. [...]