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Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
© Perlentaucher Medien GmbH
Christopher Eckers Roman "Herr Oluf in Hunsum"
Öfter haben wir uns an dieser Stelle schon gewünscht, dass mehr deutschsprachige Campusromane entstünden oder zumindest Romane, die akademisches Leben als Normalität behandeln, statt vom "nutty professor" zu erzählen. Wie steht es um den Roman "Herr Oluf in Hunsum"? Klingt erst mal etwas nutty, weil der Tagungsort, an den besagter Herr fährt, nicht Husum ist, sondern eine fiktive, aber ganz ähnliche Stadt. Campusromane haben wohl eine Tendenz zum Camouflieren und zum Ironisieren. Die Tagung an der Nordsee ist jedenfalls eine Farce, bei Labskaus nuscheln sich die Kollegen Körber und Rautel-Grondick etwas über Avantgarde-Filme zurecht. Herr Oluf indes hat viel handgreiflichere Sorgen: Um anzureisen, was zur Repräsentanz seines Instituts unabdingbar war, hat er seine Frau mit einem kranken Kind alleingelassen, die nun auf keine Kontaktversuche mehr reagiert.
In Rückblenden aus Gesprächen mit dem Paartherapeuten erfährt man alles über die Misere dieser Familie. Herr Oluf hadert aber noch mit anderem: "Nichts geschieht mehr unmittelbar. Man schreibt Texte über Texte, über die man nur in Texten gelesen hat." Christopher Ecker, der mit "Fahlmann" (2012) eine tausendseitige Metafiktion über den Weg eines Studenten zum Schriftsteller vorgelegt hat, schildert nun sehr anschaulich die professionelle Deformation des gereiften Akademikers: Er kann nicht mit einem Lastwagenfahrer reden, ohne über dessen Grammatikprobleme nachzudenken. Er kann nichts sehen, ohne es kulturgeschichtlich einzuordnen, er hat unkorrekte Phantasien. Der Einbruch des Unmittelbaren kommt durch eine junge Künstlerin in den Roman. Auf einmal geht es um den Tod und die tückische See. Ob da sentimentale Reisen in die Heimat und Erinnerungen an einen Frankreichurlaub zur Musik von Dire Straits noch helfen können? JAN WIELE
Christopher Ecker:
"Herr Oluf in Hunsum". Roman.
Mitteldeutscher Verlag, Halle 2021. 232 S., geb., 20,- Euro.
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