Studienarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,3, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (Institut für Germanistik, Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft), Sprache: Deutsch, Abstract: Joseph Roth zieht im Juni 1920 von Wien nach Berlin. Dort möchte er seine journalistische Karriere, die noch in den Anfängen steht, weiter ausbauen und schreibt zu diesem Zweck für das Feuilleton verschiedener Zeitungen. Roth erlebt die Stadt in einer historischen Umbruchphase: Die Folgen des Ersten Weltkriegs, der im Vertrag von Versailles festgelegten Reparationszahlungen und des nur langsam voranschreitenden Abbaus von Lebensmittelrationen machen sich vor allem in der Hauptstadt der Weimarer Republik bemerkbar. Armut und soziales Elend kennzeichnen den Alltag vieler Menschen in Berlin. Roth widmet sich in seinen Reportagen vermehrt denjenigen, denen diese Jahre nach dem Weltkrieg am meisten geschadet haben. Dafür sucht er die abgelegenen und teilweise versteckten Orte auf, an denen sich die Menschen aufhalten, die weder Arbeit noch eine Wohnung haben, ihr Leben durch illegale Tätigkeiten finanzieren oder aus politischen und sozialen Gründen nach Berlin geflüchtet sind. Seine Art der feuilletonistischen Kulturberichterstattung gleicht somit einer Sozialreportage. Das Aufsuchen von oftmals übersehenen Orten und die detaillierte Erfassung ihrer Besonderheiten führt dazu, dass sich Roth mit der Zeit ein individuelles Bild Berlins schafft. In der vorliegenden Arbeit wird der Versuch unternommen, diese Orte in ihrem Wesen und ihrer Funktion für die Großstadt Berlin und ihre Bewohner näher zu beschreiben. Anhand der Theorien von Michel Foucault und Henri Lefèbvre soll nachgewiesen werden, dass es sich bei den von Joseph Roth besuchten Asylorten um so genannte "Heterotopien" bzw. "Hetero-Topien" handelt, die zur Heterogenität und Diversität Berlins beitragen und bestimmten sozialen Gruppen zugeordnet werden können. Zu diesem Zweck wird zunächst unter Berücksichtigung der Denkansätze von Foucault und Lefèbvre das Konzept der Heterotopie erläutert. In einem zweiten Schritt sollen Joseph Roths Reportagen in Hinblick auf diese Theorien untersucht werden, um zu verdeutlichen, dass die Großstadt Berlin ein zutiefst heterogenes Areal ist, in dem unterschiedliche Räume in Kontrast zueinander treten, sich überlagern oder parallel existieren. Dabei soll der Fokus nicht darauf gelegt werden, wie Roth die sozialen Missstände, deren Zeuge er wird, bewertet, sondern vielmehr, wie er die aufgesuchten Räume beschreibt und wahrnimmt.
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