Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, B, BG, CY, CZ, D, DK, EW, E, FIN, F, GR, HR, H, IRL, I, LT, L, LR, M, NL, PL, P, R, S, SLO, SK ausgeliefert werden.
Streitschrift gegen verbreitete Managerpraktiken
Gunter Dueck, Mathematiker und bis 2011 Technikvorstand bei IBM Deutschland, hat ein Faible: Management-Tadel. So hat er wieder eine populärwissenschaftliche Streitschrift vorgelegt. Er postuliert, dass die existierenden Führungs- und Organisationsstrukturen die digitale Neuausrichtung unserer Unternehmen verhinderten, weil Manager und Berater die Prioritäten falsch setzten. Quartalsdenken, festgefahrene Regularien und vor allem die einseitige Fokussierung auf Kosteneffizienz prägten seit Jahren das Handeln der Manager. Dies sei fatal. Die Arbeitsprozesse in unseren Organisationen würden bis zum Exzess optimiert. Laut Dueck geht es insbesondere in Großunternehmen nur noch um schneller, billiger und mehr. Während die Prozessoptimierung zur Roboterisierung oder McDonaldisierung der Menschen führe, hätte die dauernde Überforderung der Mitarbeiter durch neurotische Manager einen lähmenden Traumatisierungseffekt auf die gesamte Organisation. All das, was man unter "nachhaltig" verstehe, käme vor lauter Effizienz- und Kontrollwahn viel zu kurz. In einem solchen Arbeitsumfeld könnten keine Innovationen reifen.
Wie sind nun die Manager gestrickt, die Dueck massiv attackiert? Und welche Manager brauchte man heute? Dueck ist fündig geworden bei dem bekannten MIT-Managementforscher Douglas McGregor, der bereits vor genau 60 Jahren rein zahlen- und controllingorientierte X-Manager sowie smarte mitarbeiterorientierte Y-Manager unterschied. Nach Duecks Einschätzung dominieren in unseren Unternehmen die X-Manager. Der Druck, den sie im Unternehmen aufbauten, "fresse" letztlich die Mitarbeiter, so seine zentrale These. Dueck fordert daher endlich mehr Y-Manager und hält für den Wandel einige recht allgemein gehaltene Empfehlungen bereit. Leider übersieht er bei seiner pauschalen Attacke, dass es vor allem in unseren unternehmergeführten mittelständischen Unternehmen durchaus nicht wenige Y-Persönlichkeiten an der Spitze gibt.
Insgesamt darf bezweifelt werden, dass Duecks reichlich salopp verfasste Schrift, die nicht auf fundierten Studien und Analysen beruht, die ganze Realität reflektiert. Er prangert Exzesse an, entfaltet aber nicht genügend Überzeugungskraft, um den geforderten Paradigmenwechsel im Management tatsächlich zu forcieren. Dafür sorgt in diesen Tagen schon eher ein kleines bösartiges Virus.
ROBERT FIETEN
Gunter Dueck: Heute schon einen Prozess optimiert? Das Management frisst seine Mitarbeiter. Campus Verlag, Frankfurt, New York 2020, 325 Seiten, 25 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main