Herbert Hirschler hat nach seinem Überraschungserfolg "Himmel, Herrgott , Meer, Musik" über den nordspanischen Küstenweg jetzt einen neuen Volltreffer gelandet: "Himmel, Herrgott , Portugal". In seiner bekannt amüsanten Art erzählt er darin von seiner Pilgerschaft über 750 Kilometer entlang der portugiesischen Atlantikküste. Als erster deutschsprachiger Pilger überhaupt ist er im Frühjahr 2016 die komplette Küstenvariante von Lissabon über Porto bis Santiago de Compostela marschiert. Neben der äußerst unterhaltsamen Beschreibung einer außergewöhnlichen Reise auf traumhaft schönen Wegen stehen auch wieder die teilweise sehr absurden Situationen und Begegnungen im Mittelpunkt seines Reisebuches, das somit auch für absolute Pilgermuffel bestens geeignet ist. Vor dem Elevador in Lissabon stehen einige Personen und warten auf den Aufzug. Genau die richtige Gelegenheit, mein zähfließendes Portugiesisch auszuprobieren. "Bom dia - Tudo bem?" Dieses wahrscheinlich nicht wirklich akzentfreie Kauderwelsch, das "Guten Morgen! Wie geht's?" heißen sollte, wird von einem der drei Männer mit einem "Wos hat er g'sogt?" quittiert und er schaut dabei fragend seine Kumpels an. Lissabon - Porto - Santiago de Compostela Trilho das Areias - Caminho da Costa 27 Tage Abenteuer entlang der portugiesischen Küste
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.05.2018Ringlein, Ringlein, du musst wandern
Der Autor Herbert Hirschler tut sich auch als Volksmusiktexter für Künstler wie die Kastelruther Spatzen hervor. Nach dem Erstlingswerk "Himmel, Herrgott, Meer, Musik" über den Jakobsweg entlang der Nordküste Spaniens im Jahr 2012 erwandert und lobpreist er nun - in erwartungsgemäß einfacher Prosa, aber auch bodenständig-berührender Stimmlage - eine Küstenvariante des portugiesischen Jakobswegs. Seine Tour führt immer am Meer entlang von Lissabon bis Porto und weiter der Küste folgend bis zum spanischen Vigo, zuletzt über Pontevedra bis Santiago de Compostela. Während ein populärer Pilgerweg von Lissabon durchs Landesinnere nach Porto führt, wählt Hirschler also eine nonkonformistische Route. Überhaupt steht das angenehm Unorthodoxe im Zentrum seines Tuns. So übernachtete er auch statt in spiritueller Suche vielleicht eher entgegenkommenden, einfachen Herbergen in oft luxuriösen Hotels. Diese Interpretation des "Sternenwegs" geht mit philosophischen Fragen über Gottesnähe, Konsumhörigkeit und Selbstzweifeln, ein guter Pilger zu sein, sowie Sinn und Unsinn des "echten" Pilgerwesens einher. Überdies exemplifiziert der Autor die in der Geschichte der Fußwallfahrt revolutionäre Entwicklung zum "Technikpilger", wenn er eine Wetter-App, Wander-App und Facebook-Pilgerforen nutzt oder das Glaubensbekenntnis googelt. Zwischen den Zeilen des etwas gewollt witzigen Buchs, das mit gleichwohl entwaffnender Selbstironie als Running Gag Alters-, Gewichts- und Orientierungsprobleme aufgreift - und dies sind stärkere Seiten des Pilgerbuchs -, scheinen biographische Wegmarken, Leerstellen im Alltagsmarathon und Momente des Loslassens auf, wenn ihn eine alte Waschfrau in Quiaios an die Fürsorge der verstorbenen Mutter erinnert. Allen diesseitig-technischen Erleichterungen zum Trotz atmet auch Hirschlers siebenhundertfünfzig Kilometer lange Reise als "Küstenentlangmarschierer" den uralten Pull-Faktor der Selbstsuche, das natürliche Gottvertrauen, den Solidaritätsgedanken, Altruismus und die Durchhaltetraditionen der Pilgergemeinde als Schicksalsgemeinschaft. So verdichten sich die vielen erwünschten bis unfreiwilligen Wegesabschnittsbegleiter, die der kontaktfreudige Österreicher liebevoll porträtiert, zu einer multikulturellen Pilgerfamilie und einem Plädoyer für - auch religiöse - Toleranz: "Dieser Weg ist kunterbunt."
sg
"Himmel, Herrgott, Portugal. Der portugiesische Jakobsweg. An der Küste von Lissabon über Porto nach Santiago de Compostela" von Herbert Hirschler. Leykam Buchverlag, Graz 2017. 336 Seiten. Broschiert, 20,50 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Autor Herbert Hirschler tut sich auch als Volksmusiktexter für Künstler wie die Kastelruther Spatzen hervor. Nach dem Erstlingswerk "Himmel, Herrgott, Meer, Musik" über den Jakobsweg entlang der Nordküste Spaniens im Jahr 2012 erwandert und lobpreist er nun - in erwartungsgemäß einfacher Prosa, aber auch bodenständig-berührender Stimmlage - eine Küstenvariante des portugiesischen Jakobswegs. Seine Tour führt immer am Meer entlang von Lissabon bis Porto und weiter der Küste folgend bis zum spanischen Vigo, zuletzt über Pontevedra bis Santiago de Compostela. Während ein populärer Pilgerweg von Lissabon durchs Landesinnere nach Porto führt, wählt Hirschler also eine nonkonformistische Route. Überhaupt steht das angenehm Unorthodoxe im Zentrum seines Tuns. So übernachtete er auch statt in spiritueller Suche vielleicht eher entgegenkommenden, einfachen Herbergen in oft luxuriösen Hotels. Diese Interpretation des "Sternenwegs" geht mit philosophischen Fragen über Gottesnähe, Konsumhörigkeit und Selbstzweifeln, ein guter Pilger zu sein, sowie Sinn und Unsinn des "echten" Pilgerwesens einher. Überdies exemplifiziert der Autor die in der Geschichte der Fußwallfahrt revolutionäre Entwicklung zum "Technikpilger", wenn er eine Wetter-App, Wander-App und Facebook-Pilgerforen nutzt oder das Glaubensbekenntnis googelt. Zwischen den Zeilen des etwas gewollt witzigen Buchs, das mit gleichwohl entwaffnender Selbstironie als Running Gag Alters-, Gewichts- und Orientierungsprobleme aufgreift - und dies sind stärkere Seiten des Pilgerbuchs -, scheinen biographische Wegmarken, Leerstellen im Alltagsmarathon und Momente des Loslassens auf, wenn ihn eine alte Waschfrau in Quiaios an die Fürsorge der verstorbenen Mutter erinnert. Allen diesseitig-technischen Erleichterungen zum Trotz atmet auch Hirschlers siebenhundertfünfzig Kilometer lange Reise als "Küstenentlangmarschierer" den uralten Pull-Faktor der Selbstsuche, das natürliche Gottvertrauen, den Solidaritätsgedanken, Altruismus und die Durchhaltetraditionen der Pilgergemeinde als Schicksalsgemeinschaft. So verdichten sich die vielen erwünschten bis unfreiwilligen Wegesabschnittsbegleiter, die der kontaktfreudige Österreicher liebevoll porträtiert, zu einer multikulturellen Pilgerfamilie und einem Plädoyer für - auch religiöse - Toleranz: "Dieser Weg ist kunterbunt."
sg
"Himmel, Herrgott, Portugal. Der portugiesische Jakobsweg. An der Küste von Lissabon über Porto nach Santiago de Compostela" von Herbert Hirschler. Leykam Buchverlag, Graz 2017. 336 Seiten. Broschiert, 20,50 Euro.
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