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Alexander Schimmelbusch spricht über seinen Roman "Hochdeutschland"
Shir Khan nahm ein böses Ende. Doch der Tiger aus dem "Dschungelbuch" brüllt jetzt im Triebwerk eines Porsche im Hochtaunus. Dort nämlich hat sich "Hochdeutschland" im gleichnamigen Roman von Alexander Schimmelbusch angesiedelt. Mit Label-Dropping beginnt das Buch, und vom Marken-Dropping lebt es. Denn seine Protagonisten identifizieren sich unter anderem über eine tausend Euro teure Hautcrème, zu deren Herstellung Debussys "La Mer" eingespielt wird.
Das musste Sandra Kegel ausdrücklich zur Kenntnis nehmen, als sie bei der jüngsten "Frankfurter Premiere" des Kulturamts glaubte, sich verhört oder verlesen zu haben. In der Historischen Villa Metzler, die die Bankiersfamilie Metzler im 19. Jahrhundert erworben hatte, sprach die Literaturredakteurin dieser Zeitung mit dem Verfasser über den Lebensstil der Frankfurter High Society und über den "großen Manipulator" im Buch, der Deutschland links- und rechtspopulistisch zugleich retten will.
Victor heißt er, der Sieger. Er ist Vater einer achtjährigen Victoria, logiert im 32. Stock eines Bankenturms und schaltet von dort über Touchscreen die Lampen in seiner Villa in Falkenstein ein und aus. Auf seinem Konto ruhen mehr als hundert Millionen Euro. Denn Victor ist Investmentbanker und mit 39 Jahren schon fast im Rentenalter der Branche. Schimmelbusch kennt sich aus. Der 43 Jahre alte Autor war in London auch einmal Investmentbanker.
Hat ihn der gleiche Ennui gepackt wie Victor? Der ist nämlich "unzufrieden". Er will nicht nur ein Mann der Zahlen sein, sondern seinen Namen in der Zeitung lesen. Nachdem er einen fiktiven Bundesfinanzminister entsprechend beschwatzt hat, gerät er in einen spontanen Kreativschub. Für einen Bundestagsabgeordneten verfasst er ein Parteiprogramm, das die oberste Vermögensgrenze bei 25 Millionen Euro ansetzt. "Populismus in Deutschland muss ein links umverteilendes Element haben", kommentierte Schimmelbusch.
Man müsse den Leuten offenbar mit unsinnigen Sätzen aus der Seele sprechen, sagte der Autor und berief sich auf den amerikanischen Präsidenten Donald Trump. Sein Victor nutzt aber auch "kulturelle Anleihen folkloristischer Färbung". Der Tropen Verlag nutzt sie für sein Cover, das einen romantischen Waldhorizont von Caspar David Friedrich zeigt. Verleger Tom Kraushaar glaubt trotzdem: "Wir haben Missverständnisse vermieden und einen Populismus in fortschrittlicher Form vorgestellt." Victors innere Leere prädestiniere ihn zum idealen Populisten.
Schimmelbusch glaubt, die Globalisierungsfolgen und die Flüchtlingskrise forderten andere Parteien als die Volksparteien. Hat er selbst ein Manifest in der Schublade wie sein Protagonist? Ist Victor ein Strohmann? Auf Fragen nach autobiographischen Verquickungen aus seiner Zeit als Investmentbanker ließ er sich gar nicht erst ein. Der Autor, der in New York und im Frankfurter Westend aufgewachsen ist und in Washington Germanistik und Volkswirtschaft studiert hat, blieb "ergebnisoffen" - links und rechts inbegriffen. Denn ein neues Parteiprogramm müsse auf 35 Prozent kommen.
CLAUDIA SCHÜLKE
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
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