Die Zombie-Apokalypse aus Krähensicht
„Jetzt gehörte unser Haus dem Zuckerahorn. Und vielleicht war das gut so. Vielleicht hatte der Zuckerahorn das redlich verdient.“
Dass hier die Apokalypse aus Krähensicht geschildert wird, hat das Buch überhaupt erst auf meiner Leseliste landen lassen.
Allerdings hatte ich diesen ungewöhnlichen Blickwinkel bis zum Lesen schon wieder vergessen und habe…mehrDie Zombie-Apokalypse aus Krähensicht
„Jetzt gehörte unser Haus dem Zuckerahorn. Und vielleicht war das gut so. Vielleicht hatte der Zuckerahorn das redlich verdient.“
Dass hier die Apokalypse aus Krähensicht geschildert wird, hat das Buch überhaupt erst auf meiner Leseliste landen lassen. Allerdings hatte ich diesen ungewöhnlichen Blickwinkel bis zum Lesen schon wieder vergessen und habe mich dann umso mehr darüber gefreut. Und S.T., die Krähe, als Ich-Erzähler ist mir recht schnell ans Herz gewachsen, genau wie der Bluthund Dennis, für den S.T. anstatt ihrer beider Herrchen die Verantwortung übernimmt.
Viele Stellen haben eine so wundervolle Poesie, gepaart oft auch mit Ironie:
„Im Staate Washington gedeiht alles prächtig: smaragdgrünes Moos, knackige Äpfel, süße Kirschen, große Träume, Koffein-Abhängigkeit und passive Aggression.“
Dennoch hatte ich etwas Mühe ins Buch einzusteigen. Es plätscherte zunächst etwas vor sich hin, manche Infos schienen mir unnötig versteckt und mit Geheimnis aufgeladen. Manche Wege erschlossen sich mir nicht wirklich, es schien mir hier häufiger unnötig kompliziert: Warum müssen die beiden durch die halbe Stadt, bis sie etwas bestimmtes tun können? Dazu passt, dass manchmal seitenweise die Kerninfo zurückgehalten wird, die der Ich-Erzähler aber sofort wahrgenommen hatte.
Dafür tut sich schließlich eine wundervolle Mission für die beiden auf. Die führt zu sonderbaren und wundervollen Begegnungen und die Figuren sind mir sehr ans Herz gewachsen. Was mir auch sehr gut gefällt: Das Spiel mit mehreren „Chosen Ones“: „der, der bewahrt“, „der, der erobert“ und so weiter und so fort. Es gibt eben nicht ein:e, die alles erreichen kann. Und vieles ist nicht so offensichtlich, wie es zunächst scheint.
Eine weitere Stärke der Autorin ist die Schilderung der Natur. Schon durch die Bandbreite an Baumarten von Zuckerahorn über Hainbuche zur Douglas-Tanne und Tierklassifikationen von Regenwurm bis zum Elefanten fühle ich mich wie in einem Krähenhirn. Die Natur überwuchert immer mehr die Zivilisationsreste der Menschen und gleichzeitig bleibt Seattles Großstadtnetz mit seinen Starbucks-Cafés, Wohnanlagen oder Malls immer der Bezugspunkt für S.T..
In diesen Betrachtungen findet die Autorin eine schöne Gegenform für die Aussage, dass wir Menschen die Vielfalt der Natur zerstören. Eine Aussage, die mir aber etwas zu schlicht ausgeführt wurde. Dazu kamen die für mich die langatmigen Stellen dazu, um die volle Sternenzahl zu geben.
CN / Content Note: wie bei vielen apokalyptische Geschichten Mord, Gewalt, Verstümmelung, hier viel Tötung von Tieren, sexualisierte Gewalt (nur eine zentrale Szene, die hatte es für mich aber in sich)
Und die unreflektierte Übernahme der teilweise misogynen Ansichten von S.T. haben mich auch genervt. (Einmal wird der Ind*aner-Wort benutzt.) Ich hätte es schon fast wieder vergessen, aber S.T. beobachtet auch einen vermutlichen sexuellen Übergriff oder Schlimmeres durch eine Hundemeute auf eine Hündin. Irgendwie fand ich die Schilderung schwer zu ertragen, obwohl es eigentlich nur zwei kurze Absätze sind. Vielleicht, waren diese Zeilen einfach zu lapidar. Dafür ziehe ich nochmal einen halben Stern ab.
Fazit
Der Blickwinkel macht „Hollow Kingdom“ zu etwas ganz Besonderem. Ich sehe ein paar Abstriche (bitte auch Content Note beachten), aber das Buch hat mir auch gefallen. 3,5 von 5 Sternen, die ich aufrunde.