„Ich heiße Serena Frome (reimt sich auf Ruhm), und vor knapp vierzig Jahren wurde ich vom britischen Nachrichtendienst auf eine geheime Mission geschickt. Sie ging nicht gut aus. Nach nur achtzehn Monaten wurde ich gefeuert, ich hatte mich blamiert und meinen Geliebten ins Unglück gestürzt, auch wenn er selbst daran wohl nicht ganz unschuldig war.“
Spionage! Liebe! Verrat! Ian McEwan setzt bereits in den ersten Zeilen die Weichen für seinen neuen Roman so gekonnt, dass der Leser auf eine assoziationsreiche und spannungsgeladene Spur geschickt wird. Wer die komplexen Tricksereien des britischen Autors kennt, ahnt allerdings, dass die Spur nicht dorthin führt, wo der Leser das Ziel vermutet. Auch in „Honig“ schafft es der 65-Jährige, der mit metaphysischen Seelenporträts von schicksalsgeschlagenen Menschen bekannt wurde, mit einem originellen Ende so zu überraschen, dass eine vorher gespinnte Interpretation völlig umgeworfen wird. Mit welch starken Konstruktionsfähigkeiten und sprachlicher Eleganz McEwan dies gelingt, zeugt von einem Autor auf der Höhe seines Schaffens.
Die junge Serena Frome ist die Heldin des mittlerweile zwölften Romans von McEwan, der seit „Abbitte“ aus dem Jahr 2001 zum international ausgezeichneten Autor von Weltrang aufgestiegen ist. Die Studentin der Mathematik ist gebildet und höchstattraktiv, eine süße, unbedarfte Versuchung, die allerdings auch ein wenig zu viel von sich, ihrer Schönheit und ihrer Intelligenz hält. Aus ihrer Sicht wird die Geschichte erzählt, die in Großbritannien im Jahr 1972 spielt. Die Insel leidet an einer wirtschaftlichen Krise, an Attentaten der IRA, zudem drückt der Kalte Krieg auf die Stimmung der Briten. Vor diesem Untergangsszenarium, das an den Festen der Wirklichkeit rüttelt, entwickelt der literarische Fährtenleger McEwan eine Geschichte, die nur oberflächlich gesehen ein Spionagethriller ist. Serena liest für ihr Leben gern. „Groschenhefte, Hochliteratur – und alles, was dazwischen kam.“ Deswegen wird sie vom britischen Geheimdienst M15 angeworben, um Autoren dazu zu bringen, pro-westliche, anti-kommunistische Meinungen und Schriften zu verbreiten. Serena, in deren Namen nicht umsonst die Sirenen aus dem Reich der Mythologie mitklingen, wird auf den Erfolg versprechenden Autoren Tom Haley angesetzt, in dessen morbide Geschichten sie sich verliebt. Die 23-Jährige beginnt eine fatale, bohemistische Affäre mit dem Schriftsteller und bringt ihn dazu, sich vom Geheimdienst finanzieren zu lassen (was er natürlich nicht weiß).
McEwan zieht den Leser mit einer packenden, ausgefeilten Sprache sowie doppelbödigen und einfallsreichen Tricks in diese Geschichte aus Verrat, Lüge und Liebe hinein, um letzten Endes ein vetracktes, aberwitziges Stück über die Wirkungsmächtigkeit der Literatur und von Literaten zu schaffen. Während Serena für eine Literatur steht, die das Leben realistisch abbildet, ist Haley der Modernist, der die Geschichte durch ein experimentelles Zerrbild bricht. Der neugierige Leser wird schnell feststellen, dass sich McEwan in dem Roman sogar selbst auf die Schippe nimmt. Denn der fiktive Jungautor Haley trägt deutliche Züge des jungen McEwan; wie auch die Geschichten Haleys, dessen Geschichten dem makabren Frühwerk McEwans sehr ähnlich sind. In Interviews hat McEwan „Honig“ wiederholt als „verdeckte, umgewandelte Memoiren von mir als junger Autor“ bezeichnet.
Es ist ein loderndes, treffendes Spiel um Schein und Sein des Lebens, das McEwan in „Honig“ mit all seinem gereiften Kunstkönnen entfacht. Ein Buch, das die Idee von der „Welt als Wille und Vorstellung“ geistreich aufs Korn nimmt.
Spionage! Liebe! Verrat! Ian McEwan setzt bereits in den ersten Zeilen die Weichen für seinen neuen Roman so gekonnt, dass der Leser auf eine assoziationsreiche und spannungsgeladene Spur geschickt wird. Wer die komplexen Tricksereien des britischen Autors kennt, ahnt allerdings, dass die Spur nicht dorthin führt, wo der Leser das Ziel vermutet. Auch in „Honig“ schafft es der 65-Jährige, der mit metaphysischen Seelenporträts von schicksalsgeschlagenen Menschen bekannt wurde, mit einem originellen Ende so zu überraschen, dass eine vorher gespinnte Interpretation völlig umgeworfen wird. Mit welch starken Konstruktionsfähigkeiten und sprachlicher Eleganz McEwan dies gelingt, zeugt von einem Autor auf der Höhe seines Schaffens.
Die junge Serena Frome ist die Heldin des mittlerweile zwölften Romans von McEwan, der seit „Abbitte“ aus dem Jahr 2001 zum international ausgezeichneten Autor von Weltrang aufgestiegen ist. Die Studentin der Mathematik ist gebildet und höchstattraktiv, eine süße, unbedarfte Versuchung, die allerdings auch ein wenig zu viel von sich, ihrer Schönheit und ihrer Intelligenz hält. Aus ihrer Sicht wird die Geschichte erzählt, die in Großbritannien im Jahr 1972 spielt. Die Insel leidet an einer wirtschaftlichen Krise, an Attentaten der IRA, zudem drückt der Kalte Krieg auf die Stimmung der Briten. Vor diesem Untergangsszenarium, das an den Festen der Wirklichkeit rüttelt, entwickelt der literarische Fährtenleger McEwan eine Geschichte, die nur oberflächlich gesehen ein Spionagethriller ist. Serena liest für ihr Leben gern. „Groschenhefte, Hochliteratur – und alles, was dazwischen kam.“ Deswegen wird sie vom britischen Geheimdienst M15 angeworben, um Autoren dazu zu bringen, pro-westliche, anti-kommunistische Meinungen und Schriften zu verbreiten. Serena, in deren Namen nicht umsonst die Sirenen aus dem Reich der Mythologie mitklingen, wird auf den Erfolg versprechenden Autoren Tom Haley angesetzt, in dessen morbide Geschichten sie sich verliebt. Die 23-Jährige beginnt eine fatale, bohemistische Affäre mit dem Schriftsteller und bringt ihn dazu, sich vom Geheimdienst finanzieren zu lassen (was er natürlich nicht weiß).
McEwan zieht den Leser mit einer packenden, ausgefeilten Sprache sowie doppelbödigen und einfallsreichen Tricks in diese Geschichte aus Verrat, Lüge und Liebe hinein, um letzten Endes ein vetracktes, aberwitziges Stück über die Wirkungsmächtigkeit der Literatur und von Literaten zu schaffen. Während Serena für eine Literatur steht, die das Leben realistisch abbildet, ist Haley der Modernist, der die Geschichte durch ein experimentelles Zerrbild bricht. Der neugierige Leser wird schnell feststellen, dass sich McEwan in dem Roman sogar selbst auf die Schippe nimmt. Denn der fiktive Jungautor Haley trägt deutliche Züge des jungen McEwan; wie auch die Geschichten Haleys, dessen Geschichten dem makabren Frühwerk McEwans sehr ähnlich sind. In Interviews hat McEwan „Honig“ wiederholt als „verdeckte, umgewandelte Memoiren von mir als junger Autor“ bezeichnet.
Es ist ein loderndes, treffendes Spiel um Schein und Sein des Lebens, das McEwan in „Honig“ mit all seinem gereiften Kunstkönnen entfacht. Ein Buch, das die Idee von der „Welt als Wille und Vorstellung“ geistreich aufs Korn nimmt.