"Auf dem "langen Weg nach Westen" haben wir die historische Chance der Republik von Weimar verspielt, sind aber bei dem "demokratischen Verfassungsstaat", wie Preuß ihn entwickelt und begründet hatte, am Ende doch noch angekommen…" (Chr. Müller) Christoph Müllers hat seine Lebensarbeit der Neuentdeckung und Wiedererweckung demokratischer Traditionen im deutschen Staatsrecht gewidmet. Seine Studien zu Hugo Preuß präsentieren ein konstitutionelles Denken, das die Demokratie als umfassende Lebensform etabliert. Inspiriert von Otto von Gierkes Genossenschaftsrecht entwickelte Preuß einen konsequenten Liberalismus als Idee der Gemeinde-Demokratie und suchte den Brückenschlag zur Sozialdemokratie. Sein "demokratischer Volksstaat" beginnt mit der kommunalen Selbstverwaltung und begreift Volkssouveränität als eine Frage intelligenter Organisation, vermittelt durch institutionelle Gewaltenteilung. Preuß unterschied sich vom Mainstream seiner Zeit, wandte sich gegen die vorherrschenden konservativen Auffassungen vom Obrigkeitsstaat in der Staatsrechtslehre und war einer der wenigen, die den "Ideen von 1914" und der allgemeinen Kriegsbegeisterung entgegentraten. Als fortschrittlicher Liberaler und tätiger Politiker machte Preuß – anders als Max Weber – jahrzehntelang selbst praktische Erfahrungen, die seinen Blick auf die soziale Wirklichkeit prägten. Er entwickelte eine dezidiert sozialliberale Haltung, um mit Hilfe der Demokratie die allgemeinen Lebensverhältnisse zu verbessern, soziale Gerechtigkeit zu realisieren und gleiche Lebenschancen für alle Bevölkerungsgruppen zu verwirklichen. Christoph Müllers luzide Werkanalysen ermöglichen einen neuen Blick auf Preuß – und eine Aktualisierung seiner weiterhin gültigen sozialliberalen Prämissen.