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Perlentaucher-Notiz zur WELT-Rezension
© Perlentaucher Medien GmbH
"Eine Rebellion gegen den Terror des Positiven", die der Untertitel verheißt, kann nicht ganz verkehrt sein. Leider erfüllt das Buch die freudigen Erwartungen, die zumindest ein Pessimist daran stellt, nur teilweise. An Gift und Galle wäre jedenfalls mehr drin gewesen als das bald redundant werdende Geschimpfe, das Juliane Marie Schreiber im oft neckischen Ratgeberton von sich gibt. Nahrhafteres hätte sie bei den einschlägigen Schwarzmalern aus Literatur und Philosophie zur Munitionierung beziehen können. Stattdessen gerät ihr der erste Teil zu einer in der Sache zwar richtigen, aber unoriginellen Tirade gegen das positive Denken, wie es in der kommerziellen Psychologie, in der Werbung und in der Berufswelt nun einmal tonangebend ist; und der zweite, der das Leiden als essenziellen Bestandteil menschlichen Lebens behandelt, zu einer repetitiven Ehrenrettung des Pessimismus. Nach dem zehnten Mal hat man jedenfalls verstanden, welche (lebenswichtigen) Funktionen der Schmerz hat.
Der als solcher ja nur gutzuheißende missionarische Drang, aus den Glücksverheißungen des Alltagslebens wie überhaupt aus dem Optimismus die Luft herauszulassen, lässt das Buch eintönig erscheinen. Einerseits hätte die Schwärze, mit der die Gedanken ausgemalt werden, einige Abschattierungen vertragen können; andererseits ist sie dann so schwarz dann doch nicht. Es kommen allerhand pessimistische Eideshelfer vor, die eigentlich tiefen wie Swift, Voltaire oder Schopenhauer aber nicht. Geistesgeschichtliche Einordnungen sind nicht immer sattelfest wie die Behauptung, die Antike hätte über Glückseligkeit praktisch nicht nachgedacht - offenbar noch nie etwas von Epikur gehört, auch die Stoa bleibt in ihrer eudämonistischen Dimension unterbelichtet. "Ich möchte lieber nicht" - sogar "Bartleby", längst zu Tode zitiert, passt nur so halb. Lebenspraktischer Minimalismus ist dann doch noch etwas anderes als Pessimismus. EDO REENTS
Juliane Marie
Schreiber: "Ich
möchte lieber nicht". Eine Rebellion gegen den Terror des Positiven.
Piper Verlag, München 2022. 206 S., br., 16,- Euro.
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