Bachelorarbeit aus dem Jahr 2015 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,7, Universität Hamburg (Institut für Sprachwissenschaft), Sprache: Deutsch, Abstract: Mit dem "spatial turn" ist in den letzten Jahren eine Hinwendung zum Raum innerhalb der Geistes- und Sozialwissenschaften erfolgt (Dennerlein 2009). Dieser interdisziplinäre Zugang hat dazu geführt, dass der Raum als immer wieder in den Hintergrund geratener Analyseaspekt neu in der Narratologie verhandelt wird. Dennerlein führt als Erklärungsversuch für das immer wieder zurück tretende Interesse für den Raum auf, dass er im Erzähltext kein „Parameter der Vermittlung der Geschichte“ ist (Dennerlein 2009). Nachdem lange die erzählte Zeit zentral bei der Interpretation literarischer Texte war, bot spätestens Lotmans Struktur literarischer Texte (1972) eine Methodik, die zu einer verstärkten Hinwendung zum Raum geführt hat. Spätestens seit der Philosophie Kants hat sich die These etabliert, dass Raum und Zeit Grundbedingungen jeglicher Anschauung sind, also a priori der Anschauung vorgelagert. Da es unmöglich ist, eine Imagination zu haben ohne dass diese räumliche Aspekte beinhaltet und demnach in einem Raum existiert, muss Raum zwangsläufig mitgedacht werden. Die Auseinandersetzung mit dem Raum verortet das Subjekt innerhalb seiner Welt und zeigt damit ihr Verständnis der Ordnung der Dinge. Eine Positionierung im Raum und somit eine Strukturierung des Raumes gewährt darüber hinaus Einblicke in das Verschlossene und Unbewusste. Somit ist die Hinwendung zum Raum bei der Analyse literarischer Texte erkenntniserweiternd, mit einer genauen Betrachtung der zugrundeliegenden Konzeption kann ein Mehrwert erreicht werden, der nun in dieser folgenden Textanalyse aufgezeigt wird. Die Fragestellung dieser Arbeit ergibt sich aus der Untersuchung, welche Räume in der Erzählung Tonio Kröger enthalten und wie diese besetzt sind. Wie sind die Räume entworfen, und welche Tragweite haben Grenzüberschreitungen? Es wird dabei davon ausgegangen, dass es zwischen der inneren und äußeren, räumlichen Grenze eine direkte Korrelation gibt. Weiter wird die Frage untersucht, inwieweit sich die Räume im Verlauf ändern, ob eine Verschiebung vorliegt oder die Räume eindimensional konzipiert sind. Wenn Benthien und Krüger-Fürhoff festhalten, dass „Grenzbildung und -überwindung […] grundlegende kulturkonstituierende Akte“ (1999) zu sein scheinen, wird hier erneut die Relevanz der Untersuchung aufgezeigt. Denn durch die raumbasierte Analyse kann das Kultur- und Gesellschaftsbild des Textes aufgezeigt werden. Dies wird im folgenden bewiesen.