Studienarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich Germanistik - Ältere Deutsche Literatur, Mediävistik, Note: 1,0, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Sprache: Deutsch, Abstract: Walther hat in der mediävistischen Forschung eine Sonderstellung. Er hat Minnesang und Spruchdichtung zur höfischen Lieddichtung erhoben und beide Gattungen erstmals einander angenähert, aber vor allem schien er lange Zeit durch seine ‚Ich-Aussagen‘ herauszustehen; Halbach nannte es „Ichhaftigkeit“, „Kraft des ich-Sagens“ nannte es Mundhenk. Inzwischen weicht man im Allgemeinen von diesen zu stark auf Walthers Person bezogenen Begrifflichkeiten ab, da man eingesehen hat, dass die häufigen Personalpronomen in der ersten Person nicht zwingend auf den Autor bezogen sein müssen, sondern ebenso auf fiktive Rollen deuten können, die Walther besonders im Sangspruch häufig einsetzt. Wie jüngst Claudia Lauer gezeigt hat, sind diese Rollen im Sangspruch zahlreich und vielfältig, und sie sind es, die Walthers Dichtung so besonders machen. Sie bieten einen Zugang zu den Stropheninhalten und bestimmen gleichzeitig die Perspektive auf Walthers Themen, von milte-Mahnung bis Weltklage. Eine dieser Rollen taucht dabei besonders häufig auf: die des Ratgebers. Ob im Leopoldston (z. B. 83,27) oder im König Friedrichston (z. B. 29,35), im Sangspruch nimmt Walther häufig die Rolle desjenigen ein, der andere durch weisen Rat unterstützen will. Mit ebendieser Rolle beschäftigt sich die vorliegende Arbeit. Abgesehen von der getrennten Analyse der Strophen auf vorwiegend inhaltliche Aspekte stehen der strophenübergreifende Vergleich und damit die Charakterisierung der Ratgeber-Rolle im Vordergrund. Zum Abschluss erfolgt neben einer Zusammenschau der Ergebnisse auch die Auslotung der Frage, inwieweit der Ratgeber individuelle und soziale Funktionen und Eigenschaften vereint.