So viele emotionale Diskussionen zum Thema Landkreise wie zwischen 1969 und 1973 hat es in Baden-Württemberg weder vorher noch nachher gegeben. In dieser kurzen Zeitspanne schufen Landesregierung und Landtag den heutigen Gebietszuschnitt der Kreise. Knapp die Hälfte der damaligen Kreisstädte verlor damals den hervorgehobenen Status als Kreissitz, manche fühlten sich gegenüber alten Konkurrenten zurückgesetzt. Bei den Diskussionen prallten technokratische Planung und identitätsorientierte Tradition aufeinander, sodass mitunter politisches Kalkül für die Zuordnung einzelner Gemeinden sorgte. Zu dem vorliegenden Jubiläumsband haben alle Landkreise bunte und charakteristische Mosaikbeiträge zum Reformgeschehen beigetragen. Überblicksartikel ordnen die Kreisgebietsreform historisch und erinnerungspolitisch ein. Feuilletonistische Beiträge veranschaulichen die Rolle der durch Gebietsreform und nachfolgende Verwaltungsreformen gestärkten Landkreise beispielhaft an der Bewältigung von Fluchtbewegungen, Epidemien oder bei der Verwaltungsmodernisierung.