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Intuitiv heftet man Freunden oder Kollegen schnell den semantischen Orden »hochintelligent« ans Revers, Intelligenz gilt neben Flexibilität und Teamfähigkeit als Kardinaltugend der Gegenwart. Wenn der subjektiv plausible Befund jedoch objektiviert werden soll, stößt man auf seltsame geometrische Figuren, Zahlenreihen und Listen mit Tieren, von denen eines angeblich nicht zu den anderen paßt. In seinem Essay setzt sich Hans Magnus Enzensberger mit der Geschichte und den Tücken der Verfahren auseinander, mit denen Psychologen seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts an der Vermessung der Intelligenz…mehr

Produktbeschreibung
Intuitiv heftet man Freunden oder Kollegen schnell den semantischen Orden »hochintelligent« ans Revers, Intelligenz gilt neben Flexibilität und Teamfähigkeit als Kardinaltugend der Gegenwart. Wenn der subjektiv plausible Befund jedoch objektiviert werden soll, stößt man auf seltsame geometrische Figuren, Zahlenreihen und Listen mit Tieren, von denen eines angeblich nicht zu den anderen paßt. In seinem Essay setzt sich Hans Magnus Enzensberger mit der Geschichte und den Tücken der Verfahren auseinander, mit denen Psychologen seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts an der Vermessung der Intelligenz arbeiten. Er kommt zu dem Ergebnis: »Wir sind eben nicht intelligent genug, um zu wissen, was intelligent ist.«

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Autorenporträt
Hans Magnus Enzensberger wurde am 11. November 1929 in Kaufbeuren geboren und starb am 24. November 2022 in München. Als Lyriker, Essayist, Biograph, Herausgeber und Übersetzer war er einer der einflussreichsten und weltweit bekanntesten deutschen Intellektuellen.

Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.11.2007

Krummholz
Hans Magnus Enzensberger testet die Intelligenztests
Beim Spaziergang über eine Wiese zeigte der alte Karl Popper, befragt nach der Messbarkeit von Intelligenz, auf ein Grasbüschel und raunzte: was man da denn messen wolle.
„Vielfältig wie das Gras”, lesen wir jetzt bei Hans Magnus Enzensberger, sei auch die „Zwillingsschwester der Intelligenz”, die Dummheit, der er einige ironisch-hymnische Verse widmet, angehängt an sein neues Bändchen „Im Irrgarten der Intelligenz”. Auf nicht mehr als 59 Seiten, mit links gewissermaßen, durchforstet er die anderthalb Jahrhunderte währenden Anstrengungen der Psychologen, dem, was man Intelligenz nennt auf den Grund zu kommen und durch Tests zu messen. Über das, was man aus der Flut populärer und fachlicher Literatur bereits weiß, kommt freilich dieser nachfassende Überblick nicht hinaus; er akzentuiert indessen teils belustigt teils bitter die Widersinnigkeiten, die offenbar der Preis für das Experimentieren mit der Intelligenz sind.
Und diesmal hinkt der alerte Autor erheblich hinter den Geschehnissen her, denn der Höhepunkt der Debatten um die Intelligenz, am hitzigsten in den USA, liegt nun bald vierzig Jahre zurück, und das öffentliche Interesse daran ist, dessen ist sich Enzensberger auch bewusst, merklich abgeflaut und durch andere wissenschaftliche Moden verdrängt. Überdies hat die schonungslose Selbstkritik der ernstzunehmenden Forscher zu einer Art Patt geführt. Desungeachtet stößt Enzensberger unter dem Stichwort „IQ” im Internet auf sage und schreibe 109 000 000 Tests, Albernheiten zu 99,9 Prozent, Zeitvertreib für die Spaßgesellschaft. Man hat sogar post mortem die IQs von Mozart, Da Vinci oder Shakespeare gemessen, über 140 IQ-Punkte erreichten sie; womit ihr Ruf als Genies „wissenschaftlich” bestätigt war.
Zunächst geht Enzensberger dem Bedeutungswandel des Wortes Intelligenz nach, vom altgriechischen „nus”, Vernunft, über die lateinische „intelligentia” hin zur russischen „intelligenzija” bis zur Central Intelligence Agency CIA. In der deutschen Umgangssprache notiert er akribisch eine Fülle von Umschreibungen, wobei das Vokabular für Dummheit dasjenige für Intelligenz bemerkenswert übertrifft. Derart nuancenreich stufen wir ständig unsere Mitmenschen als intelligent oder dumm ein, ohne uns auf einen eindeutigen Nenner einigen zu können.
Enzensberger tut gut daran, uns zu erinnern, dass mit dem 20. Jahrhundert an die Stelle alter Tugenden wie Bescheidenheit, Treue, Tapferkeit die Intelligenz als Kardinaltugend getreten ist; so dass heutzutage, insbesondere unter Intellektuellen, gilt: lieber schlecht, aber intelligent als gut, aber dumm.
Zügig blättert Enzensberger darauf die Story der Intelligenzforschung durch, beginnend mit dessen Gründer Francis Galton (1860), gefolgt vom „milden” Alfred Binet, dem frühen Testkonstrukteur für retardierte Kinder, mit immer kritischeren Blicken auf die Neueren, die die Standards für die Intelligenzforschung vorgaben, wie Raven oder Spearman, und die Neuesten, etwa Guilford, Richard Herrnstein oder James R. Flynn, dessen „Effekt” darauf hinausläuft, unsere Vorfahren vor einem Jahrhundert seien erheblich dümmer gewesen als die heutige Generation (eine Kluft, die Flynn in seinem neuesten Buch „überbrücken” will).
Innehält Enzensberger bei dem 1997 verstorbenen englischen Psychologen Hans Jürgen Eysenck. Hier verlässt ihn seine sonstige Gelassenheit, den watscht er als Ekel der Intelligenzforschung förmlich ab. Nun war Eysenck zweifellos ein eitler Eiferer (und sturer Freud-Feind), der vor Plattheiten nicht zurückschreckte. Unglücklicherweise hat sich Enzensberger aber Eysencks populäres Buch „Intelligenztest”, deklariert als Selbsttest zu „Spiel und Spaß”, zum Ziel seines Spotts erkoren. Er gerät geradezu in eine ästhetisierende Rage über die Strichmännchen, die stilisierten „dämlichen” Gesichter, die Kreise und Sternchen darin, als wäre ihm nicht bekannt, dass die ganz ähnlich in anderen Tests von jeher vorkommen. Über den Aussagewert, die „Geladenheit” der teilweise höchst vertrackten Aufgaben ist damit nichts entschieden.
Als realitätsfremd bemängelt Enzensberger an allen IQ-Tests, dass deren „Rätselfragen” nur eine einzige richtige Antwort gestatten, als wäre konsequenzlogisches Denken der entscheidende Maßstab für Intelligenz. Um dem abzuhelfen und Phantasie und Einfallsreichtum ins Recht zu setzen, wäre hier zu ergänzen, hatte Joy P. Guilford – nicht weniger dubiose – Kreativitätstests entworfen mit Fragen wie: was kann man mit einer Büroklammer alles anstellen?
Man hätte gerne gesehen, dass Enzensberger auf die sozial und politisch brisante Kontroverse über den angeblich gegenüber der weißen Bevölkerung der USA bis zu 15 IQ-Punkten genetisch bedingt niedrigeren Intelligenzgrad der dortigen schwarzen Bevölkerung näher eingegangen wäre. Diese Kontroverse wurde 1969 und 1973 durch grundlegende Arbeiten des amerikanischen Psychologen Arthur R. Jensen ausgelöst, von dem Enzensberger erstaunlicherweise keine Notiz nimmt – „Tolpatsch Eysenck”, den er dafür wieder hervorzieht, war lediglich Claqueur dieser Szene. Schade auch, dass Enzensberger die große Minnesota-Zwillingsstudie unter Thomas Bouchard (1994) nicht erwähnt, die eine hohe Erblichkeit der Intelligenz nahelegt und eine Wende in der Debatte um Vererbung oder Umwelt brachte. Sie warf zudem erneut die Frage auf, ob oder inwieweit sich der Intelligenzgrad steigern lässt.
Enzensberger, und darin ist seine Pirsch „Im Irrgarten der Intelligenz” durchaus aktuell, geht es vornehmlich darum, dass die Lächerlichkeiten, Absurditäten oder Irrläufe der Intelligenzforschung, etwa die umstrittene Konstruktion „kulturfreier” Tests, nicht durch wissenschaftliches Getue kaschiert werden. Und wenn denn eine so ominöse, Verursachung mit Korrelation meist verwechselnde, Feststellung zuträfe, ein hohes Einkommen sei mit einem hohen IQ gekoppelt – wären dann die Ackermänner die Intelligentesten im Lande? Enzensberger sieht, im Abschnitt unter dem seufzenden Titel „Ach ja, die Elite!”, den eindimensionalen Typ des „hellen Kopfs” und Knoblers prämiert (den übrigens schon Goethe heraufkommen sah), der, eher Karikatur seiner selbst, im Club „Mensa International” sein Zuhause hat, mit einem so hohen IQ, wie ihn nur zwei Prozent einer Population aufweisen. Wie tröstlich ist da Enzensbergers Eloge an die Dummheit, „die du dich in deiner Schlauheit/ dümmer stellst als du bist . . .”
Aber, überdenken wir unser Unwissen im vorliegenden Fall – wissen wir denn was Elektrizität, Gravitation, was Leben „eigentlich” ist? Überfordern wir uns nicht mit solch essentialistischen Fragen nach dem „Wesen” einer Sache? Aber immerhin, Enzensberger führt uns noch einmal vor Augen, dass jedenfalls die kesse oder verzweifelte instrumentelle Definition „Intelligenz ist, was die Intelligenztests messen”, oder die vage Umschreibung, sie sei die rasche Einstellung auf neuartige Situationen, niemanden zufriedenstellen können.
Der Reiz dieses Büchleins liegt nicht zuletzt darin, dass Enzensberger es geschrieben hat. Als einer der intelligentesten unter unseren Schriftstellern, ein Poeta doctus, hat er, in den Fußstapfen seiner klassischen und romantischen Vorväter, schöngeistiges und wissenschaftliches Denken stets in Balance gehalten. Erinnert sei etwa an den schönen Band „in Poesie und Prosa”: „Die Elixiere der Wissenschaft”. Seine Skepsis gegenüber gewissen szientifischen Ver-messenheiten trifft sich mit der Kants, der ja meinte: „Aus so krummem Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden.” Daraus ergibt sich Enzensbergers Schluss: „Wir sind eben nicht intelligent genug, um zu wissen, was Intelligenz ist”. Immerhin, möchten wir hinzufügen, immerhin sind wir intelligent genug, um zu wissen, dass wir nicht intelligent genug sind, um zu wissen . . . WILLY HOCHKEPPEL
HANS MAGNUS ENZENSBERGER: Im Irrgarten der Intelligenz. Ein Idiotenführer. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007. 59 Seiten, 7 Euro.
Die Intelligenz ist zur neuen Kardinaltugend geworden
Wie tröstlich ist da Enzensbergers Eloge an die Dummheit
Klugheitsforscher aufgepasst! Der alerte Hans Magnus Enzensberger hat ein Kapitel seines Buches mit „Ach ja, die Elite!” überschrieben. Foto: Peter Peitsch
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.08.2007

Schnapp! Da geht die Falle zu!
Hans Magnus Enzensberger erklärt, warum Intelligenztests so wenig mit Intelligenz zu tun haben

Ganz am Ende seines spritzigen Büchleins über die Idiotie von Intelligenztests scheint Hans Magnus Enzensberger von der Ahnung beschlichen zu werden, er könne seine schriftstellerische Energie ans falsche Thema verschwendet haben, die Ahnung, das gewählte Thema "Intelligenztests" sei möglicherweise doch keine glückliche Wahl gewesen. Schreibt Enzensberger in seinem "Idiotenführer" - so der Untertitel vom "Irrgarten der Intelligenz" - gegen Ende doch vollkommen richtig: "Spätestens seitdem die Diskurshoheit auf die Gehirnforschung und die Kognitionswissenschaft übergegangen ist, macht die experimentelle Psychologie einen reichlich altbackenen Eindruck." Altbacken - das ist genau der richtige Ausdruck für das Spitzenprodukt der guten alten experimentellen Psychologie: für den Intelligenztest. Intelligenztests haben etwas Altbackenes. Genau deshalb entgeht aber auch die Kritik von Intelligenztests nicht dem Eindruck des Altbackenen.

Die IQ-Tests - daran erinnert Enzensberger selbst - sind wegen ihres sozialen Selektionsanspruchs ja längst aus dem offiziellen Verkehr der Leistungsbewertung gezogen worden. So hat etwa die amerikanische Rechtsprechung ihre Verwendung "stark eingeschränkt", räumt Enzensberger ein. "Unternehmen und Schulen ist es seit 1971 verboten, ihre Entscheidungen mit IQ-Messungen zu begründen, wenn es um Arbeits- und Studienplätze geht."

Falsch vermessen

Intelligenztests haben heute nur noch den Rang einer Marotte. Der von Enzensberger breit zitierte Stephen Jay Gould hat in seinem Buch "Der falsch vermessene Mensch" schon vor Jahren alles dazu gesagt. Als sozialer Mechanismus, der sie einmal waren, haben Intelligenztests längst ausgedient. Und als akademischer Diskursschlager sind sie in den Hoheitsgewässern von Gehirnforschung und Kognitionswissenschaft untergegangen.

Wäre es ebendrum im Jahre 2007 nicht cooler gewesen, Maulwurfsarbeit auf dem Hoheitsgebiet der angesagten Disziplinen Gehirnforschung und Kognitionswissenschaft zu leisten, statt der guten alten experimentellen Psychologie noch mal eins überzubraten? Warum den ganzen Enzensberger-Apparat gegen einen Gegner in Stellung bringen, der schon am Boden liegt? Ist das für die abgetakelten Intelligenztests, die ihre Hochzeit in der Mitte des vorigen Jahrhunderts hatten, nicht der Ehre zu viel? Und fürs Aufklärerimage Enzensbergers der Ehre entschieden zu wenig? Was hat den Aufklärer von jeweils heute zu dem Thema von gestern verführt? War's das Wörtchen "Intelligenz", das in "Intelligenztest" steckt? War's das Begehren, mit seinem "Idiotenführer" auch noch den letzten Vollidioten davon zu überzeugen, dass er, Hans Magnus Enzensberger, in Intelligenzfragen immer noch ein Wörtchen mitzureden hat?

Enzensberger sieht sehr klar den Balken in seinem Auge, während er den Splitter im Auge der Intelligenzforscher wahrnimmt. "Aber in unserem Fall", schreibt er im Anschluss an die Parabel des Evangelisten, "ist es leider nicht klar, wie sich ein solcher Fehler vermeiden ließe. Denn nur, wer sich selber für intelligent hält, wird sich für berechtigt halten, über die Intelligenz seiner Mitmenschen zu urteilen. Damit begibt er sich auf eine Metaebene, und das ist bedauerlicherweise nur der Anfang. Denn dasselbe gilt auch für den, der über den Urteiler urteilt: er riskiert einen infiniten Regress. Somit läuft er, wie die, von denen er spricht, Gefahr, dass die rekursive Falle über ihm zuschnappt. Nur ein gewisser Mangel an logischer Stringenz kann somit den vorliegenden Text vor diesem Los bewahren."

Sage also keiner, Enzensberger wisse nicht, was er tut, wenn er es unternimmt, über die Intelligenz von Intelligenzforschern zu richten. Wer schreibt, wird schuldig, mag der Aufklärer denken. Aber ist es unter intelligenten Leuten nicht aus gutem Grunde verboten, über Intelligenz zu urteilen? Wer möchte schon mit ansehen, dass die Falle über ihm zuschnappt? Dass andere Leute Anlass haben, zu denken, jemand halte sich selbst für intelligent? Schnapp! Dann wäre der Intelligente der Dumme. Gehört es, anders gefragt, nicht zum guten Ton der Intelligenten, die Eitelkeit intelligent zu kaschieren? Enzensberger kaschiert sie nicht, sondern lässt sie - mit einem gewissen Mangel an logischer Stringenz - kokett raushängen. Das mag man als unintelligenten Stilbruch tadeln. Oder als Altersweisheit loben. So oder so: Ein Prosit auf den Idiotenführer!

Kurzweilig ist er allemal. Man lernt in diesem "Irrgarten der Intelligenz", wie die Leute aus dem neunzehnten Jahrhundert hießen - Alfred Binet und Theodore Simon -, welche auf die Idee gekommen waren, etwas zu messen, was bis dahin nie beziffert worden war: die Intelligenz. Man erfährt, dass erst deren Nachfolger William Stern, der 1912 das Begriffsmonster des Intelligenzquotienten erfunden hatte, aufs Ganze ging. Millionenfach wurden Intelligenztests dann im Ersten Weltkrieg angewendet, und zwar vom amerikanischen Militär: "Wo lässt sich ein Rekrut am besten einsetzen? Wer ist ein brauchbarer Kandidat für die Offiziersausbildung? 1750000 Wehrpflichtige sollen damals auf diese Weise ausgesiebt worden sein." Durchgesetzt, so Enzensberger weiter, hat sich am Ende ein in Stanford entwickelter Test, der immer wieder revidiert worden ist und bis heute verwendet wird.

Schreiend weltfremd

Schön, hier im Einzelnen nachlesen zu können, warum der Intelligenztest nicht hinhaut, nicht hinhauen kann. Auf den Seiten 32 und 33 hat Enzensberger alles Wichtige dazu niedergelegt. Er erinnert an das schreiend Weltfremde des Testzugriffs auf die Welt. "Gemeinsam ist allen Rätselfragen, die der Test stellt, dass sie in der Regel nur eine einzige richtige Antwort zulassen", heißt es da. "Das ist im Grunde ziemlich seltsam; denn in der wirklichen Welt sind solche Situationen die Ausnahme. Ganz gleich, um was es bei unseren Entscheidungen geht - um eine Bewerbung, einen Wahlkampf, eine Scheidung, einen Mietvertrag -, stets haben wir es mit zahlreichen Variablen zu tun, die noch dazu wechselseitig voneinander abhängen. Sie sind mit einem Wort komplex."

Die Testwelt ist eine Welt des Denksports und der Knobelei. Aber sie ist nicht komplex. Sie hat keinen Resonanzboden. Sie setzt auf Reaktionsschnelle im Planen und Linearen. In ihr werden Zielkonflikte und zeitliche Dimensionen ignoriert. In ihr läuft alles rund. Was nicht passt, wird gar nicht erst abgefragt. Nichts wird hier abgerungen, weder dem Schmerz noch dem Nichts, noch ähnlich starken widerstrebenden Kräften. Nein, die Testwelt ist keine schöne neue Welt. Nicht eine solche, in der man leben, lachen und ein Sofa aufstellen möchte. Die Welt der Intelligenztests lässt die Intelligenz, diese verjüngende, belebende Kraft, alt aussehen. Was für eine olle Knobel-Idiotie.

CHRISTIAN GEYER

Hans Magnus Enzensberger: "Im Irrgarten der Intelligenz". Ein Idiotenführer. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007. 59 S., br., 7,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Angetan zeigt sich Willy Hochkeppel von Hans Magnus Enzensbergers Auseinandersetzung mit den Intelligenztests, auch wenn ihm die Zeit der hitzigen Debatten über dieses Thema lange vorbei scheint. Enzensbergers Überblick über die Bemühungen der Psychologie, das Phänomen Intelligenz zu ergründen und zu messen, bietet in seinen Augen allerdings nichts, was ihm nicht aus zahllosen polpulären und fachlichen Büchern über dieses Thema bekannt wäre. Das findet er aber nicht weiter schlimm. Denn die Ausführungen des Autors über die verschiedenen Bedeutungen und Bedeutungswandlungen von Intelligenz und Dummheit, die Darstellung der Geschichte der Intelligenzforschung und der kritische Blick auf Intelligenztests hält er für recht instruktiv. Der große Reiz des Buchs aber liegt für ihn vor allem darin, "dass Enzensberger es geschrieben hat".

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»Enzensberger erinnert an das schreiend Weltfremde des Testzugriffs auf die Welt. Die Welt der Intelligenztests lässt die Intelligenz, diese verjüngende, belebende Kraft, alt aussehen.« Frankfurter Allgemeine Zeitung