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Die Gewaltexzesse der Ustasa in Kroatien 1941 bis 1945
Im April 1941 - nach der Zerschlagung Jugoslawiens - errichtete Hitler gemeinsam mit Mussolini einen Satellitenstaat: den Unabhängigen Staat Kroatien mit der radikal-nationalistischen Ustasa-Bewegung als Regierung. Zentrale Persönlichkeit war der Gründer der Bewegung Ante Pavelic, der nun Staatschef, Ministerpräsident und Oberbefehlshaber der Armee war. Die deutschen und italienischen Besatzer setzten zwar den Rahmen und nahmen in hohem Maße Einfluss, besonders die deutschen Machthaber. Doch es waren die lokalen Akteure, die in den folgenden vier Jahren versuchten, "im Schatten des Weltkriegs mittels Gewalt ethnische Homogenität zu schaffen und so ihre eigenen politischen Agenden durchzusetzen", wie Alexander Korb schreibt. Am Anfang standen Massenvertreibungen. Ihnen fielen mindestens 300 000 Menschen zum Opfer. Für die Aufnahme von 260 000 Slowenen, die das Deutsche Reich aus den annektierten slowenischen Gebieten abschieben wollte, sollte Kroatien im Gegenzug die gleiche Anzahl von Serben aus seinem Gebiet nach Serbien abschieben dürfen. Das durch die Umsiedlungen ausgelöste Chaos und vor allem das Scheitern der Pläne sieht Korb als einen zentralen Grund für die weitere Radikalisierung der Ustasa: "Die Umsiedlungspolitik stellte einen Meilenstein auf dem Weg zum Massenmord dar."
Zunächst richtete sich die Gewalt vor allem gegen Serben, später erst ebenso extrem gegen Juden und Roma. Korbs These lautet, dass die Eskalation der Gewalt gegen Serben die Politik gegen Juden und Roma erst radikalisierte: einerseits durch die Brutalisierung der Täter, andererseits durch die Vision eines homogenen Nationalstaates, die durch die Vertreibungspläne bestärkt wurde. Es erschien gleichsam logisch, in dieser aus kroatischer Sicht einzigartigen historischen Konstellation sich zunächst der Serben, dann jedoch auch der Juden und Roma durch Umsiedlungen zu entledigen. Als dies wider Erwarten nicht funktionierte, erschien ihre Ermordung als gangbarer Weg.
Vor allem 1941 überzogen die Milizen der Ustasa das Land mit Massakern. Häufig standen sie im Zusammenhang mit den Vertreibungen. Einen in der Forschung immer wieder angenommenen ausgearbeiteten Vernichtungsplan hält Korb dabei für einen "Mythos". Er interpretiert die ersten großen Massaker als eine Art Lernprozess. Faktoren, die dann die Radikalisierung beschleunigten, waren neben den Vertreibungen der deutsche Angriff auf die Sowjetunion und der aufkommende serbische Widerstand. Letzterer führte dazu, dass viele Kroaten sich gleichsam zur Solidarität mit ihrer Regierung gezwungen sahen, und setzte damit eine "Dynamik der Ethnisierung und Militarisierung in Gang".
Die Ustasa wollte durch grauenhafte Tötungsmethoden und Vergewaltigungen ihre Macht sichern. In weiten Teilen des Landes herrschten "apokalyptische Zustände". Ein weiterer Gewaltraum waren die Lager der Ustasa, in denen etwa ein Drittel ihrer Opfer ums Leben kam. Zum Symbol der Vernichtungspolitik wurde Jasenovac. Der 1942 dort vollzogene Massenmord an jüdischen Frauen bedeutete einen weiteren Radikalisierungsschub. Zwischen August 1942 und Mai 1943 wurden zudem Tausende Juden von Kroatien nach Auschwitz deportiert.
Korb erklärt in seiner differenzierten Studie, wie es in diesem multiethnischen Raum zum Ausbruch von exzessiver Gewalt kam. Er zeigt, wie Gewalt gezielt als Mittel diente, eine ethnische Neuordnung der Gesellschaft zu erreichen. Die Täter radikalisierten sich "in einer Situation, die zunehmend außer Kontrolle geriet". Die Bilanz ist erschütternd. Den Exzessen der Ustasa fielen zwischen 1941 und 1945 mehr als 310 000 Serben, 26 000 Juden und zirka 20 000 Roma - möglicherweise auch mehr - zum Opfer. Insgesamt etwa 500 000 Menschen starben in einem Bürgerkrieg, der "beispielhaft für den Typus des Bürgerkriegs in multiethnischen oder multireligiösen Gesellschaften" steht.
ANDREA LÖW
Alexander Korb: Im Schatten des Weltkriegs. Massengewalt der Ustasa gegen Serben, Juden und Roma in Kroatien 1941-1945, Hamburger Edition, Hamburg 2013. 510 S., 28,- [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
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