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Kaum je wurde der Beginn des Ersten Weltkriegs, die zerbrechliche ländliche Idylle im Sommer 1914 so beiläufig und doch so eindringlich geschildert wie in den beiden meisterlichen Novellen Eduard von Keyserlings Im stillen Winkel und Nicky. Wir liegen im Dunkeln auf dem Bett, im Zimmer nebenan streiten sich die Eltern. Wir verabschieden den Vater und sind glücklich, dass er unsere Tränen bemerkt. Wir verbringen die Ferien wie gewohnt im Gebirge, fernab der Stadt. Wir begleiten die Mutter und ihren Gast auf ihren langen Spaziergängen. Weshalb errötet sie, weshalb schickt sie uns immer wieder…mehr

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Produktbeschreibung
Kaum je wurde der Beginn des Ersten Weltkriegs, die zerbrechliche ländliche Idylle im Sommer 1914 so beiläufig und doch so eindringlich geschildert wie in den beiden meisterlichen Novellen Eduard von Keyserlings Im stillen Winkel und Nicky. Wir liegen im Dunkeln auf dem Bett, im Zimmer nebenan streiten sich die Eltern. Wir verabschieden den Vater und sind glücklich, dass er unsere Tränen bemerkt. Wir verbringen die Ferien wie gewohnt im Gebirge, fernab der Stadt. Wir begleiten die Mutter und ihren Gast auf ihren langen Spaziergängen. Weshalb errötet sie, weshalb schickt sie uns immer wieder voraus? Wir erdulden die Häme der Jugendlichen im Dorf. Wir suchen verzweifelt nach Wegen, ihre Anerkennung zu erlangen. Wir stehen am Gartenzaun. Wir sehen, wie talwärts bei den Häusern die Erwachsenen rufen und die Kinder zu tanzen beginnen. Dann erreicht auch uns im stillen Winkel die Nachricht, dass der Krieg ausgebrochen sei. In uns reift der Entschluss, durch große Taten in dieser "ehernen Zeit" auf uns aufmerksam zu machen. Wir werden bald unseren zwölften Geburtstag feiern. Unsere selbstvergessene Kinderwelt ist schon längst aus den Fugen geraten - wie die Welt der Erwachsenen auch. Subtile Stimmungen, leise Geräusche, betäubende Gerüche, verwischte Konturen, sublime Lichter, gedämpfte Farben und kaum artikulierte Laute - kleine Gesten, widerstreitende Gefühle, sexuelle Wallungen, hilflose Phrasen, geglaubte "Wahrheiten", unausgesprochene Konflikte: Inmitten Arkadiens lässt uns Keyserling durch die Augen Pauls an der Agonie einer in Konventionen erstarrten Adelsgesellschaft teilhaben, deren Ende mit Ausbruch des Weltkriegs im Sommer 1914 unmittelbar bevorstand. Gewiss, wie häufig bei diesem großen Erzähler, folgen die Figuren einem einfachen Schema: hier Überfeinerung, erdrückende Konvention, Vereinzelung, Ausharren und Dulden - dort das pralle Leben selbst, die Geborgenheit in der Gemeinschaft, ersehnte Vitalität und Lebenslust. Hier Adelskaste, dort Landvolk, hier Künstler, dort polterndes Militär - das ist in Nicky, der zweiten im Buch enthaltenen Novelle, nicht anders. Baronesse Nicky jedoch findet - im Gegensatz zu Paul - letztendlich ihr Glück in der Gemeinschaft. Ihr Schulterschluss mit der einfachen Stallmagd, die als zurückgelassene Soldatenfrau von nun an ihr einsames Schicksal teilt, erscheint im Hinblick auf die Volksgemeinschaftskonzepte, die vom Weltkrieg aus ihre unselige Wirkung entfalteten, allerdings problematisch. 1917 geschrieben und im darauffolgenden Jahr im renommierten S. Fischer-Verlag in Buchform veröffentlicht, enthalten die Novellen in diesem Punkt noch am ehesten den Ungeist der Zeit. Aber trotz dieser Tendenz: die Erzählung Nicky stammte nicht aus Eduard von Keyserlings Feder, wären nicht auch hier Zwischentöne überreichlich vorhanden. Da fragt ein Kind bei der feierlichen Verabschiedung der Soldaten auf dem Bahnsteig laut seinen Vater: "Müssen die alle sterben?" Einige Umstehende schauen daraufhin erschrocken auf, andere lachen unsicher. Nicky wiederum erscheinen die mit Blumen umkränzten Männer bei der Verabschiedung ins Feld nicht weniger als "zum Opfer geschmückt". Und welche Plastizität viele Szenen in beiden Novellen, Erinnerungsbildern gleich, entfalten, das ist einzigartig und überraschend modern. Wenn man einen Vergleich mit der Malerei suchen wollte: In ihrer Mischung aus kalkulierter Unschärfe und überdeutlichem Realismus erinnern sie eher an Gerhard Richters Landschaften als an die Gemälde der bei Keyserlings Prosa oftmals herbeizitierten Impressionisten. Und funktionieren bis heute gleich einer nach fast hundert Jahren immer noch äußerst präzise arbeitenden Zeitmaschine: Wir werden in den Sommer 1914 versetzt. Wir stehen am Gartenzaun. Wir sehen, wie talwärts bei den Häusern die Erwachsenen rufen und die Kinder zu tanzen beginnen. Der Krieg ist ausgebrochen. Was nun?

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Autorenporträt
Er verstehe einen Sommerabend so zu schildern, dass man während des Verdämmerns das Gefühl eines ganzen Lebens habe, schwärmte Hermann Hesse über Keyserlings Prosa. Lion Feuchtwanger hob dagegen die Ähnlichkeit des Aufbaus der Novellen zu denen von Trivialautoren hervor. Doch das tue nichts zur Sache, meinte er, denn die schwerelosen Bilderfindungen machten diesen Makel vollkommen vergessen. Und Klabund kam sechs Jahre nach dem Tod des Schriftstellers nicht umhin, vor Begeisterung selbst die Feder zu zücken: "Des Kurländer Grafen E. Keyserling Erzählungen", dichtet er epigrammatisch in seiner Deutschen Literaturgeschichte in einer Stunde, "beglücken schmerzlich wie im Frühherbst die bunten fallenden Blätter." Einerlei wie absehbar die Handlung sich entwickelt und wie sehr sich die Figuren von Buch zu Buch hinsichtlich ihrer Lebensunfähigkeit, ihren vergeblichen Ausbruchsbemühungen und ihrem "schönen Nichtstun" (Franz Blei) gleichen: Seine Novellen und Romane lassen niemanden unberührt, der auch nur halbwegs wachen Sinnes liest. Die Unbestechlichkeit des milde-ironischen Blicks, die Naturstimmungen, die im lesenden Nachvollzug fast körperlich erfahrbar werden, und schließlich die bis in die feinsten Regungen nachgezeichneten Psychogramme der Gesellschaft: Nicht im großen Entwurf, sondern in den Abgründen des Details liegt die wunderliche Macht Keyserlingscher Erzählkunst verborgen. Geboren wird Eduard Heinrich Nikolaus Graf Keyserling am 15. Mai 1855 auf dem Landgut Tels-Paddern im heutigen Lettland. Die auch für damalige Verhältnisse ungewöhnlich große Zahl von Geschwistern, er ist das zehnte von zwölf Kindern, kann als Hinweis auf die pietistische Grundhaltung des Elternhauses dienen, die seine Kindheit und Jugend prägt. Nach der Gymnasialzeit beginnt Keyserling 1875 das Studium der Jurisprudenz im estländischen Dorpad. Aufgrund "einer Unkorrektheit" (Otto von Taube) aus der studentischen Verbindung Curonia ausgeschlossen, verlässt er jedoch kaum zwei Jahre später ohne Abschluss die Universität. Was auch immer hier vorgefallen sein mag: In der Folgezeit wird der Zögling eines der ersten baltischen Adelshäuser von seinesgleichen als nicht mehr satisfaktionsfähig betrachtet und zieht sich, gesellschaftlich geächtet, auf den Posten eines Verwalters der mütterlichen Güter zurück. 1878 dann nimmt Keyserling in den weit entfernten Städten Wien und Graz die Studien wieder auf. Er folgt nun seinen Neigungen und belegt die Fächer Kunstgeschichte und Philosophie. Doch auch dieses Studium bleibt, wie seine ersten literarischen Versuche, die in diese Zeit fallen, Episode. Neuerlich kehrt Keyserling nach Lettland zurück, wo er die angestammten Landgüter bewirtschaftet. 1895, im Jahr zuvor war seine Mutter gestorben, siedelt Keyserling schließlich nach München über. Sieht man von einer ausgedehnten Italienreise 1899/1900 einmal ab, dann wird er bis zu seinem Tod am 28. September 1918 gemeinsam mit seinen Schwestern Henriette und Elise im Münchner Stadtteil Schwabing wohnen. Fast zwangsläufig kommt der Dichter hier mit dem regen Treiben der Bohème in Kontakt, deren Treffpunkte Künstlerlokale wie das Café Stephanie, Kabaretts wie Ernst von Wohlzogens "Die elf Scharfrichter" oder Redaktionsstuben wie die der "Simplicissimus"-Zeitschrift bilden. Frank Wedekind, Rudolf Kassner, Arthur Holitscher und Korfiz Holm zählen jetzt zu den Schriftstellern, mit denen er häufig verkehrt. Auch mit Max Halbe verbindet ihn seit dieser Zeit eine enge Freundschaft, die sich in dem letzten, von Vereinsamung und Verarmung geprägten Lebensjahrzehnt Keyserlings bewährt. Eduard v. Keyserlings Renommee als Dichter wächst beständig nach der Jahrhundertwende. Seit dem Jahr 1899 waren Theaterstücke entstanden, die von der Berliner "Freien Bühne" sowie im Münchner Schauspielhaus inszeniert worden waren. Doch nicht die Dramen verhelfen Keyserling zum Erfolg. Es sind vielmehr seine eigentümlichen Erzählungen, die schon früh ihrer "gehobenen Lässigkeit" wegen (Thomas Mann) denen seiner Vorbilder Theodor Fontane und Iwan Turgenjew gleichgestellt werden. "Das feine, schwingende Instrument seiner Seele, seine minutiöse, nervöse Beobachtung, sein feminines Aufnehmen der Eindrücke", schreibt der Dichter Peter Hamecher 1911, "ist erst in der Novelle am Platz (...) Er, dessen Natur der großen (...) Energiebetätigung des Dramas nicht gewachsen ist, zeigt sich hier als der geborene Erzähler, der hochkultivierte, weltgewandte, schmiegsame Beobachter, der mit unnachahmlicher Gebärde und Haltung die Schicksale seiner Menschen vor uns ausbreitet und die feinen, seidenfeinen, unzerreißlichen Verknüpfungen und Verknotungen aufweist, durch die das Geschick die verschiedenen Lebensfäden zusammenschlingt." Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Kritik wäre Keyserling von seinem Münchner Schriftsteller-Kollegen Hamecher jedoch schon nicht mehr auf den Straßen Schwabings angetroffen worden. Denn infolge einer Syphilis-Erkrankung äußerlich entstellt sowie durch ein schweres Rückenmarksleiden körperlich zerrüttet, schottet sich Eduard von Keyserling spätestens ab 1905 fast vollständig von der Außenwelt ab. In der nur von wenigen Besuchern (darunter Rainer Maria Rilke) gestörten Eremitage eines immer ungeheizten Zimmers entstehen seine besten Novellen und Romane, darunter Dumala (1907), Wellen (1911), Abendliche Häuser (1914) sowie Am Südhang (1916). Seit dem Jahre 1908 fast vollständig erblindet, unterwirft sich der Schriftsteller jetzt einer rigorosen Disziplin. Pro Tag, so hat es Kurt von Stutterheim überliefert, ringt er eine bis ins einzelne Wort ausgearbeitete Manuskriptseite der Krankheit ab, die er aus dem Gedächtnis seinen Schwestern in die Feder diktiert. Im Anschreiben gegen das Verlöschen der Erinnerungen und inneren Bilder nimmt Keyserling in seinen Novellen seine baltische Heimat wieder in Besitz. Nach der Verfemung durch die eigene Kaste scheint das "für ihn die einzige Möglichkeit" gewesen zu sein, "den verlorenen Herrensitz" wieder zu erlangen (Franz Blei).