Anais liebt ihre Mutter, sie liebt ihren Bruder Bruno und insgeheim auch Peter aus der Schule. Die Mutter sagt, das Leben sei eine Wucht, und dass sie gerne noch ein Glas Wein hätte. Denn es hält ihren Sehnsüchten nicht stand, das Leben, und die Männer halten ihrer Liebe nicht stand. Das Tanzen, das sie liebt, ist zum Tanz an der Stange vor den Männern geworden. Es ist nicht einfach, so ein Leben zu leben, sagt die Mutter, darum will sie noch ein Glas. Anais und Bruno versuchen sich und die Mutter zu schützen vor der Außenwelt, die in Gestalt von Mutters Männern mit Haaren auf der Brust in der Küche steht. Oder in der Gestalt von Peter, der ihre Wohnung seltsam findet und nichts anfangen kann mit den tausend, auf der Straße zusammenge-sammelten Dingen. In Gestalt eines Mannes vom Jugendamt, der viele Fragen stellt, sich Notizen macht, der Anais und Bruno betrachtet wie zu erforschendes Material, und in Gestalt einer Nachbarin, die im Treppenhaus lauscht. Je mehr diese Außenwelt in ihre eigene eindringt, desto mehr ziehen sich die Kinder in ihre Fantasie zurück. "Immer ist alles schön" ist ein komisch-trauriger Roman, der mit leisem Humor eine eindrückliche Geschichte erzählt: von scheiternder Lebensfreude in einer geordneten Welt und davon, wie zwei Kinder versuchen, ihre eigene Logik dagegenzusetzen. Mit Anais und Bruno fügt Julia Weber der Literatur ein zutiefst berührendes Geschwisterpaar hinzu.
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buecher-magazin.de"Ich wünsche mir einen Urlaub mit Feuer und Ferne, und Bruno wünscht sich einen Urlaub ohne Alkohol." Das ist einer dieser wirklich guten ersten Sätze, die mit einem weiten Schwung die ganze Welt ihres Buches öffnen. Hier spricht Anais, sie ist elf und lebt mit ihrer Mutter und ihrem kleinen Bruder in einer Wohnung voller Fundstücke und Weinflaschen und Fäden, die von der Decke hängen, damit sie den Kindern sanft übers Gesicht streichen, wenn sie durch den Flur gehen. Die Mutter ist "zu groß, zu blond und zu lebendig" für das Leben, in das sie hineingeraten ist. Wenn es ihr gut geht, ist sie liebevoll und malt und tanzt. Zwischen den guten Zeiten liegen lange Phasen der Verzweiflung, in denen sie sich hungrig und eingesperrt fühlt. Dann lenkt sie sich ab, mit Alkohol und Männern und Schlaf. Anais und Bruno kümmern sich um ihre Mutter, so gut es geht, immer unter den wachsamen Augen des Mannes vom Jugendamt. Aber irgendwann geht es nicht mehr. Julia Webers Debüt zeichnet sich vor allem durch eine eigenständige, eigenartige Sprache aus, leise, präzise und verstörend schön. Sie macht die große Traurigkeit, die im Zentrum dieses Buches steht, nicht deutlich, indem sie sie benennt, sondern indem sie ihre Umrisse nachzeichnet und ihren Spuren folgt. Möge Julia Weber noch viele Bücher schreiben.
© BÜCHERmagazin, Elisabeth Dietz (ed)
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