Studienarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Theologie - Praktische Theologie, Note: 3,0, , Sprache: Deutsch, Abstract: Beide Herausgeber der Seelsorge-Handbücher, Engemann und Klessmann, vertreten eine lutherische Gottesvorstellung. Trotz dessen lösen sie diese in ihrer seelsorgerlichen Praxis unterschiedlich auf, was ich auf ihre Biographie zurückführe. Engemann konzipiert Seelsorge als Gespräch mit Lehrdimension. Christlichen Ratsuchenden soll "Lebenskunst" also Hilfe zur Selbsthilfe beigebracht werden, insbesondere um sich selbst aus den gesellschaftlichen Zwängen der Erlebnisgesellschaft befreien zu können und insoweit die Heilung des "erschöpften Selbst" zu erfahren. Der "Clou" von Engemanns Theologie ist dabei die Trennung der Heilssphären Soteriologie und "Lebenskunst". Das poimenische Konzept "Lebenskunst" ist einerseits dogmatischer "Lückenfüller"; andererseits kann des-sen Grundlage, die Autonomie des Menschen, theologisch von der Gottesebenbildlichkeit ableitet und gegenüber dem Determinismus der physikalistischen Identitätstheorie mit dem Leib-Seele-Dualismus auch philosophisch verteidigt werden. Die "Freiheit zu etwas", nämlich zu einer gelungenen Lebensführung des "werdenen Selbst", unterscheidet Engemann von der "Freiheit von etwas", nämlich der Freiheit von z.B. Erbsünde oder Neurosen. Engemann grenzt sich also gegenüber beiden dominanten Paradigmen von Seelsorge des 20. Jahrhunderts, der kerygmatischen wie auch der therapeutischen Seelsorge, ab. Klessmann hingegen übernimmt beide Paradigmen in seine poimenische Konzeption als "Begegnung" und "Begleitung" (therapeutisch) sowie "Lebensdeutung" im Horizont christlichen Glaubens (kerygmatisch). Der "Clou" von Klessmanns Poimenik ist also die Verbindung therapeutischer und kerygmatischer Elemente. Die Engemann'sche Trennung der Heilssphären kann Klessmann nicht nachvollziehen. Seine Poimenik hat durchgehend enge Bezüge zur Soteriologie, was sich inbesondere im Konzept der "Lebensdeutung" zeigt, bei der der christliche Glaube "ins Spiel" gebracht werden kann. Dass sich Klessmann gegenüber der therapeutisch üblichen Methode der affektiven Neutralität abgrenzt, ist mit der biographischen Erfahrung des "gerechten Ärger" begründbar; der "gerechte Ärger" Klessmanns findet sich wesentlich stärker im kerygmatischen Anteil von Klessmanns Poimenik in Form des Seelsorgers als "Prophet", der mit "widerständiger Haltung" das inhumane "System Krankenhaus" sowie die gesellschaftliche Überhöhung von Gesundheit als "höchstes Gut" im Gespräch mit den Mitarbeitenden des Krankenhauses sowie den Patienten kritisiert.