Meterhohe Regalwände, endlose Bücherreihen, der verführerische Geruch von Papier und Druckerschwärze - das Innere einer Buchhandlung hat etwas Magisches. Das weiß auch Buchhändler Torsten Woywod, der dem Zauber des gedruckten Wortes schon früh verfallen ist und seine Leidenschaft deshalb zum Beruf gemacht hat. Nun hat er sich kurzerhand auf den Weg gemacht, um die schönsten und außergewöhnlichsten Buchhandlungen in Europa ausfindig zu machen. In seiner beeindruckenden Reiseerzählung präsentiert Torsten Woywod seine Funde und eröffnet uns einen Blick hinter die Kulissen der Buchwelt. Ein Muss für alle Buchverrückte und all diejenigen, die ihr Bücher immer noch lieber beim Buchhändler um die Ecke kaufen.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.10.2016NEUES REISEBUCH
Für die Tasche Dieses Buch beginnt mit einer Zumutung. Deutschland fehlt! In einer Übersicht über die schönsten Buchläden des Kontinents. Dabei haben doch auch wir die Buchhandlung "Marissal" am Rathausmarkt in Hamburg, den "Bücherbogen" am Berliner Savignyplatz oder "Wetzstein" in Freiburg. Der Grund ist wohl, dass für den Band "In 60 Buchhandlungen durch Europa" ein Deutscher auf Reisen war, der selbst Buchhändler ist und vermutlich nicht gern über sein Heimatland und seine Kollegen urteilen wollte. Oder steckt doch mehr dahinter? Denn wenn man dann ehrlich ist, können wir vielleicht gar nicht mithalten mit etwa dem "Boekhandel Dominicanen", der die älteste gotische Kirche Hollands der Religion entrissen hat und das ehrwürdige Gebäude nun mit bedruckten Seiten füllt. Und auch nicht mit den "Tropismes" in Brüssel, das einst ein Ballsaal war und einen goldenen Glanz verströmt, der aller höheren Würde der Buchkunst wahrhaft gerecht wird. Trotzdem ist die Reise durch Europas schönste Buchhandlungen ohne Neid geschrieben, und selbst wenn die Geschichte von "Shakespeare and Company" in Paris erzählt wird - dem vermutlich bekanntesten Buchladen der Welt -, hat man gar nicht dieses Gefühl, etwas zu hören, was schon jeder weiß. Und das, obwohl die Namen der einstigen Stammgäste, etwa Ernest Hemingway, durchaus fallen. Der Autor Torsten Woywod erzählt von solchen Hintergründen und schaltet dann manchmal auf äußerste Nüchternheit um, beschreibt das Grün der Markisen und die architektonischen Besonderheiten des Ladengeschäfts. Dieser Tonfall, der zwischen tief romantisierter Begeisterung und der Sachlichkeit eines Obi-Katalogs wechselt, wie er es gerade mag, hat etwas Magisches. Irgendwann steht man mittendrin und blättert in Gedanken schon in ein paar seltenen Erstausgaben. Wenn man nicht noch aktiver werden muss. Im "Desperate Literature" in Madrid steht eine Schreibmaschine bereit, auf der Kunden kleine Gedichte schreiben können. Und sollen. Und die angeblich älteste Buchhandlung der Welt, die "Livraria Bertrand" in Lissabon, beeindruckt mit so imposant langen Regalen, dass man gleich dort schlafen möchte, wie sonst wäre es zu schaffen, auch nur zu stöbern. 60 solche traumhaften Geschäfte aus zwölf Ländern sind hier kennenzulernen. Bis hin zum "Carturesti Carusel" in Bukarest, in dem das Lichtspiel der zahllosen Halogenspots besonders beeindruckend sein soll.
Natürlich ist diese Sammlung auch ein Aufruf, eine womöglich aussterbende Kulturerscheinung zu retten: den unabhängigen Buchladen. Zum Glück ist den Texten und den schönen Fotos das Jammern darüber eigentlich fremd. Und das ist auch gut so. Wer diese Bilder sieht, diese Beschreibungen liest und sich nicht in die einzigartigen Buchläden verliebt, ist nicht zu retten.
tlin
Torsten Woywod: In 60 Buchhandlungen durch Europa. Meine Reise zu den schönsten Bücherorten des Kontinents. Eden Books, 256 Seiten, 19,95 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Für die Tasche Dieses Buch beginnt mit einer Zumutung. Deutschland fehlt! In einer Übersicht über die schönsten Buchläden des Kontinents. Dabei haben doch auch wir die Buchhandlung "Marissal" am Rathausmarkt in Hamburg, den "Bücherbogen" am Berliner Savignyplatz oder "Wetzstein" in Freiburg. Der Grund ist wohl, dass für den Band "In 60 Buchhandlungen durch Europa" ein Deutscher auf Reisen war, der selbst Buchhändler ist und vermutlich nicht gern über sein Heimatland und seine Kollegen urteilen wollte. Oder steckt doch mehr dahinter? Denn wenn man dann ehrlich ist, können wir vielleicht gar nicht mithalten mit etwa dem "Boekhandel Dominicanen", der die älteste gotische Kirche Hollands der Religion entrissen hat und das ehrwürdige Gebäude nun mit bedruckten Seiten füllt. Und auch nicht mit den "Tropismes" in Brüssel, das einst ein Ballsaal war und einen goldenen Glanz verströmt, der aller höheren Würde der Buchkunst wahrhaft gerecht wird. Trotzdem ist die Reise durch Europas schönste Buchhandlungen ohne Neid geschrieben, und selbst wenn die Geschichte von "Shakespeare and Company" in Paris erzählt wird - dem vermutlich bekanntesten Buchladen der Welt -, hat man gar nicht dieses Gefühl, etwas zu hören, was schon jeder weiß. Und das, obwohl die Namen der einstigen Stammgäste, etwa Ernest Hemingway, durchaus fallen. Der Autor Torsten Woywod erzählt von solchen Hintergründen und schaltet dann manchmal auf äußerste Nüchternheit um, beschreibt das Grün der Markisen und die architektonischen Besonderheiten des Ladengeschäfts. Dieser Tonfall, der zwischen tief romantisierter Begeisterung und der Sachlichkeit eines Obi-Katalogs wechselt, wie er es gerade mag, hat etwas Magisches. Irgendwann steht man mittendrin und blättert in Gedanken schon in ein paar seltenen Erstausgaben. Wenn man nicht noch aktiver werden muss. Im "Desperate Literature" in Madrid steht eine Schreibmaschine bereit, auf der Kunden kleine Gedichte schreiben können. Und sollen. Und die angeblich älteste Buchhandlung der Welt, die "Livraria Bertrand" in Lissabon, beeindruckt mit so imposant langen Regalen, dass man gleich dort schlafen möchte, wie sonst wäre es zu schaffen, auch nur zu stöbern. 60 solche traumhaften Geschäfte aus zwölf Ländern sind hier kennenzulernen. Bis hin zum "Carturesti Carusel" in Bukarest, in dem das Lichtspiel der zahllosen Halogenspots besonders beeindruckend sein soll.
Natürlich ist diese Sammlung auch ein Aufruf, eine womöglich aussterbende Kulturerscheinung zu retten: den unabhängigen Buchladen. Zum Glück ist den Texten und den schönen Fotos das Jammern darüber eigentlich fremd. Und das ist auch gut so. Wer diese Bilder sieht, diese Beschreibungen liest und sich nicht in die einzigartigen Buchläden verliebt, ist nicht zu retten.
tlin
Torsten Woywod: In 60 Buchhandlungen durch Europa. Meine Reise zu den schönsten Bücherorten des Kontinents. Eden Books, 256 Seiten, 19,95 Euro
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