Gibt es ein Leben jenseits der Zivilisation? Ja, vielleicht in den unwegsamen Bergregionen von Papua-Neuguinea. Jedoch sind Volksstämme, die naturverbunden leben, selten geworden. Auch lehrt die Geschichte der Menschheit, dass naturverbunden nicht mit naturerhaltend gleichgesetzt werden darf. "Der
Homo sapiens hatte die Hälfte aller Großsäuger der Erde ausgerottet, noch ehe er das Rad, die Schrift…mehrGibt es ein Leben jenseits der Zivilisation? Ja, vielleicht in den unwegsamen Bergregionen von Papua-Neuguinea. Jedoch sind Volksstämme, die naturverbunden leben, selten geworden. Auch lehrt die Geschichte der Menschheit, dass naturverbunden nicht mit naturerhaltend gleichgesetzt werden darf. "Der Homo sapiens hatte die Hälfte aller Großsäuger der Erde ausgerottet, noch ehe er das Rad, die Schrift und Waffen aus Metall erfunden hatte." [1] Aber der moderne Mensch vernichtet Natur in vollem Bewusstsein, um seinen Reichtum zu vergrößern, unseren Vorfahren ging es ums nackte Überleben.
Miriam und Peter Lancewood sind Aussteiger. Miriam verkauft ihr Hab und Gut und kündigt ihren Job als Lehrerin, um in den Wäldern von Neuseeland zu leben. Sie unternehmen große Wanderungen, jagen Tiere und leben in Hütten und Zelten. Dabei sind sie nicht vollständig auf das angewiesen, was die Natur an Nahrung anzubieten hat, denn sie versorgen sich ergänzend mit Grundnahrungsmitteln aus den umliegenden Städten. Insofern ist die Nabelschnur zur Zivilisation nicht abgetrennt, sie ist jedoch deutlich dünner als bei Menschen wie du und ich.
Das Buch besteht aus Reiseberichten. Miriam beschreibt den Alltag in der rauen Wildnis, die Nahrungssuche unter widrigen klimatischen Verhältnissen und Grenzerfahrungen, die bei solchen Abenteuern nicht ausbleiben. Deutlich wird, der Mensch verändert sich im Laufe der Jahre nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich und die Sinne werden schärfer. Den Höhepunkt ihrer Reisen bildet der Te Araroa Trail von Cape Reinga im Norden Neuseelands bis zum 3000 km entfernten Invercargill im Süden des Landes, der höchste Anforderungen an Körper und Geist stellt.
Miriam vermarktet ihre Reiseerlebnisse, vielleicht um die nächste Reise zu finanzieren oder um fürs Alter vorzusorgen, das man vielleicht nicht mehr in den Bergen verbringen möchte. Es sei ihr gegönnt. Das Buch ist eine Bereicherung und die manchmal sich wiederholenden Ereignisse werden durch kleine Erlebnisse gewürzt. So erfahren die Leser, wie man Schuppen effektiv bekämpft (66), dass in einem Bergsee bissige Aale lauern (240) und dass eine Wekaralle, eine neuseeländische Vogelart, anhänglich sein kann (151). Auch kannte ich bislang keine Possums.
[1] Yuval Noah Harari: Eine kurze Geschichte der Menschheit, S. 96