Fernando Pessoa erschuf eine Handvoll Heteronyme und diese eine in sich kohärente wie kontroverse Utopie. Pessoa hinterließ auch orthonyme Prosa, Texte die seinen Namen tragen, die aber nicht weniger Scharade sind als das Gros seiner unauslesbaren Texte. Zur kontroversen Utopie zählen vor allem seine politischen und esoterischen Texte. Wie tief verwoben sie dennoch sind, wie sehr für Pessoas Figuren gilt: "Wir sind Geschichten, die Erzählungen produzieren", das zeigen die orthonymen Erzählungen In Evaristos Apotheke und Der Bankier und Anarchist aus Pessoas letztem Lebensjahr 1935, in denen der Autor die Extreme Tagespolitik und Religion zusammenhält.
Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Rezensent Dirk Fuhrig freut sich über die erste deutsche Ausgabe von Fernando Pessoas Erzählungen aus dem Jahr 1922, bereichert durch eine Neuübertragung der Erzählung "Der Bankier und Anarchist". Frank Henseleits Übersetzungen scheinen Fuhrig gelungen und transportieren den satirischen Witz des Originals, findet er. Pessoas Wirtshausdialog sowie die Erzählung scheinen Fuhrig anschlussfähig an aktuelle Debatten, etwa zur neuen Klassenfrage. Ein anregendes intellektuelles Vergnügen, findet der Rezensent, der sich allerdings eine etwas genauere Einordnung der Texte in den Werkzusammenhang und ein ausführlicheres Nachwort gewünscht hätte.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH