"Indianer, genannt Seydlitz" ist die fiktive Biographie eines Trakehner Pferdes. Sein wechselhafter Lebenslauf beginnt Mitte der dreißiger Jahre. Wir begleiten das Heranwachsen Indianers im idyllischen Ostpreußen und werfen einen letzten Blick auf eine in Jahrhunderten gewachsene Kultur und Lebensart, deren bevorstehenden Untergang im 2. Weltkrieg noch niemand erahnen konnte. Das junge Pferd wird Teil dieser schicksalhaften Entwicklung, erst als Wehrmachtspferd und dann in den Wirren der Flüchtlingsströme. Indianer teilt Hunger und Leid mit den Menschen, die das Tier in diesen schweren Jahren begleiten, erlebt aber auch immer wieder menschliche Wärme und Hilfsbereitschaft in einer unmenschlichen Zeit. In der politischen Neuordnung der Nachkriegszeit findet Indianer unter seinem Wehrmachtsnamen Seydlitz schließlich sein Gnadenbrot in Mecklenburg bei einem Liebhaber und Kenner der Trakehner Pferderasse. Der Autor Hans Arno Grille leiht dem stummen Zeitzeugen seine Stimme und lässt uns teilhaben an einem aufwühlenden Pferdeschicksal, das, wenn auch fiktiv, doch exemplarisch für tausende vergessene oder nicht mehr nachvollziehbare Lebensläufe steht. Und ganz nebenbei entwickelt sich vor dem Auge des Lesers das Bild einer untergegangenen Welt, deren letzte Zeugen bald für immer schweigen werden. Immer wieder werden am Beispiel dieses einen kleinen Pferdes die großen Zusammenhänge beleuchtet, die das Schicksal vieler Völker und Nationen bestimmten. Hans Arno Grille bedient sich dabei der Sprache der Bauern, Pferdezüchter und Landser, und erklärt uns ganz nebenbei Herkunft und Bedeutung vieler Fachbegriffe und Redensarten. Gleichzeitig räumt er auf mit ideologisch geprägten Deutungen und entlarvt sie als bewusste Verfälschung der historischen Gegebenheiten.
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