Aus verschiedenen Perspektiven fokussierten die Beiträge dieses Bandes
das Problem der Indoktrination als einen bleibenden Stachel im Fleisch der Pädagogik und Erziehungswissenschaft.
Annette M. Stroß fragt, wie ein pädagogischer Begriff von Indoktrination eigentlich aussehen müsste. Dazu stellt
sie Thesen auf, die zentral darum kreisen, Indoktrination nicht einfach aus pädagogischen Überlegungen…mehrAus verschiedenen Perspektiven fokussierten die Beiträge dieses Bandes
das Problem der Indoktrination als einen bleibenden Stachel im Fleisch der Pädagogik und Erziehungswissenschaft.
Annette M. Stroß fragt, wie ein pädagogischer Begriff von Indoktrination eigentlich aussehen müsste. Dazu stellt sie Thesen auf, die zentral darum kreisen, Indoktrination nicht einfach aus pädagogischen Überlegungen auszuschließen, sondern vielmehr die Frage nach der Indoktrination als eine beständige pädagogische Anfrage zu begreifen. Dazu zeichnet sie eine Sachgeschichte der Indoktrination seit dem ausgehenden Mittelalter nach.
Elena Demke stellt sprachtheoretisch begründete Überlegungen zur Frage
an, was von Indoktrinationsbemühungen bleibt, wenn die Bedingungen der Indoktrination nicht mehr gegeben sind. Sie kann an ausgewählten Texten, wie einer Gedichtinterpretation zeigen, dass Wirkungen von Indoktrination selbst in ihrer ironischen Brechung vorhanden sind, weil gerade die Ironie beweist, dass der Code der Indoktrination beherrscht wird und in anderen Zusammenhängen auch ganz unironisch angewandt werden kann. Solche Wirkungen indoktrinierter Muster kann sie an Leserbriefen einer Tageszeitung nach dem Ende der Diktatur nachweisen.
Agnieszka Dzierzbicka und Elisabeth Sattler untersuchen exemplarisch zwei gegenwärtige Mode-Begriffe nicht nur der bildungspolitischen, sondern auch der erziehungswissenschaftlichen Diskurskultur und weisen an ihnen indoktrinäres Potential nach. Grundsätzlicher deuten sie dieses inhärente indoktrinäre Potential selbst in anscheinend emanzipatorischen Begriffen als Hinweis auf die prinzipielle persuasive Möglichkeit eines jeden Bildungsideals.
In der Auseinandersetzung mit der These Heinz-Elmar Tenorths, dass Fachunterricht als Fachunterricht per se ein Moment in sich trage, das Indoktrinationsversuchen entgegenwirkt, ja sie konterkariert, zeigt Henning Schluß am Beispiel einer Unterrichtsstunde im Fach Geschichte, dass dies keineswegs der Fall sein muss, sondern dass Unterricht auch bei kategorial ausgewiesener Fachlichkeit in hohem Maße indoktrinär verlaufen kann. Auf dem Hintergrund dieses Einzelfalls wird sodann eine erweiterte Definition des Indoktrinationsbegriffes vorgeschlagen.
Joachim Willems untersucht das indoktrinäre Potential des Religionsunterrichtes und räumt durchaus bestehende Affinitäten zu manipulativen Praktiken ein. In der Analyse dreier religionspädagogischer Modelle zeigt er jedoch auch spezifische Bemühungen, diesen indoktrinären Versuchungen zu widerstehen und ihnen entgegenzuwirken. Die Anforderungen an einen nicht-indoktrinären Religionsunterricht werden abschließend thetisch zusammengefasst.
Konstantin Mitgutsch untersucht ein junges pädagogisches Feld, die Medienpädagogik. Er weist nach, dass gerade die hohen Erwartungen an medial vermittelte Lehr-Lern-Erfolge ein indoktrinäres Moment enthalten, das im Jubel über neue mediale Strategien weithin übersehen und nicht reflektiert wird. Freilich kann Mitgutsch zeigen, dass die medienpädagogisch nicht wahrgenommenen Probleme keine neuen sind, sondern bereits von Anbeginn systematischen pädagogischen Nachdenkens bei Platon gesehen und reflektiert wurden.
Antje Stache untersucht den Bereich der Sportpädagogik, der, wie sie zeigt, über blanke Habitualisierungen für indoktrinäre Zwecke missbraucht werden kann. In der Auseinandersetzung mit dem Konzept Ernst Kriecks weist Sie dessen unreflektierte Konzeption der Körpererziehung nach, indem sie sie auf dem Hintergrund des pädagogischen Gesamtkonzeptes Kriecks nachzeichnet. Mit der kontrastierenden Darstellung eines reflexiven Konzepts des Körpers bei Herbart zeigt sie jedoch, dass der persuasive Zug keineswegs jeglicher Pädagogik eignen muss, die sich auch auf Körper und Leib erstreckt und nicht nur kognitive Ziele verfolgt.