Studienarbeit aus dem Jahr 2020 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,0, Humboldt-Universität zu Berlin, Sprache: Deutsch, Abstract: Büchners Woyzeck wird zwar in einigen Aufsätzen zum Thema Moosbrugger erwähnt, bisher gibt es jedoch keine Untersuchung, die sich explizit dem Verhältnis von Woyzeck zu Moosbrugger widmet. Hier soll ein erster Schritt getan werden, diese Lücke zu schließen. Damit der Rahmen einer Hausarbeit nicht über Gebühr ausgereizt wird, werde ich mich vor allem auf das Expositionskapitel zu Moosbrugger stützen und auf andere Romanstellen nur am Rande verweisen. Um zu klären, ob und wie gut Musil Woyzeck überhaupt gekannt haben kann, liefere ich zunächst eine grobe Editions- und Aufführungshistorie des Stücks und betrachte Musils Büchner-Rezeption. Im Anschluss möchte ich aufzeigen, wie Musil und Büchner mit den "Fällen" Johann Christian Woyzeck und Christian Voigt verfahren und zuletzt intertextuelle Bezüge zwischen Woyzeck und Moosbrugger aufzeigen. So wie Ulrich im "Mann ohne Eigenschaften" aus der Zeitung vom Fall Moosbrugger erfährt, so hat auch sein Autor Musil vermutlich aus der Presse von Christian Voigt erfahren, der 1910 in Wien die Prostituierte Josephine Peer erstach. Aus der Berichterstattung und gerichtlichen Protokollen zu Voigt hat Musil etliche Merkmale, Aussagen und Hintergründe zur Konstruktion der Figur Moosbrugger übernommen. Denkt man an Frauenmörder mit diskutabler Zurechnungsfähigkeit in der deutschen Literaturgeschichte, so kommt man schnell zu Georg Büchners Dramenfragment "Woyzeck", das in eben dem Jahr 1913 uraufgeführt wurde, in dem sich auch die Handlung des "Mann ohne Eigenschaften" abspielt. Oder anders gesagt: Zu dieser Zeit beschäftigte der Fall Moosbrugger die Öffentlichkeit, zu jener Zeit ist es der Fall Woyzeck gewesen. Auch Büchner stützt sich für seinen Protagonisten Franz Woyzeck auf einen realen Fall, den von Johann Christian Woyzeck, der 1821 in Leipzig Johanna Christiane Woost erstach.