Essay aus dem Jahr 2019 im Fachbereich Philosophie - Sonstiges, Note: 1,0, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg (Philosophie), Veranstaltung: Verkörperter Geist, Sprache: Deutsch, Abstract: Wir können beobachten: Ein Mensch sieht einen Unfall und greift im Folgenden zum Telefon, wählt eine Rufnummer und kontaktiert einen Notarzt. Doch was geschieht zwischen diesen beiden Ereignissen? Das klassische „Sandwich-Modell“ der Kognition beschreibt diesen Prozess folgendermaßen: Auf einen perzeptuellen Input (jemand sieht einen Unfall) folgt die computationale Manipulation interner, mentaler Repräsentationen (Kognition), woraufhin ein motorischer Output folgt (das Rufen des Notarztes). Nach klassischer Auffassung sind die kognitiven Prozesse im Gehirn lokalisiert und werden als Aktivitäten des neuronalen Systems im Gehirn verstanden. Die Ergebnisse neuerer Forschung zeigen jedoch: kognitive Systeme sind nicht auf die neuronale Maschinerie im Gehirn beschränkt, sondern sind wesentlich von nicht-neuronalen Prozessen und Umwelteinflüssen abhängig. Demzufolge sind sie auch nicht einfach auf einer abstrakten, informationsverarbeitenden Ebene charakterisierbar, sondern werden von der konkret gegebenen Körperlichkeit und Situiertheit mitbestimmt. Wo wir also die Grenzen eines kognitiven Systems ziehen können, zwischen dem, was sich im Geist und dem, was sich außerhalb des Geistes abspielt, ist nicht so klar, wie angenommen. Auch die Frage, ob der Inhalt kognitiver Prozesse nur von internen Zuständen des kognitiven Systems, oder aber auch von externen Faktoren abhängt, ist unklar. Im Folgenden werden wir einige Beispiele für Evidenzen betrachten, die dafür sprechen, dass kognitive Systeme nicht nur auf das Gehirn und seine neuronalen Prozesse beschränkt sind, sondern sich auch in den Körper erstrecken und sogar situiert verstanden werden sollten.