Als am 16. Januar 1991 nachts um 24 Uhr das Ultimatum der UNO gegen den Irak ablief und der Golfkrieg begann, da war die ganze Welt dabei, via Satellit, vor dem Bildschirm, und hatte darauf gewartet. Als vor mehr als 2000 Jahren die griechische Flotte im Hafen von Aulis versammelt lag und auf günstigen Wind wartete, um zum Krieg gegen Troja auszulaufen, war die schaulustige und sensationslüsterne Öffentlichkeit auch zugegen: die neugierigen Frauen aus der Umgebung, die das Griechenheer bewundern, bildeten den Chor in Euripides' Tragödie Iphigenie in Aulis, die davon berichtet. Als Operation Desert Storm ist das eine inzwischen in die Geschichte eingegangen, als Operation Meereswind erscheint das andere in dieser Neuadaption der alten Tragödie, in der mühelos, ohne daß der Vorlage Gewalt angetan werden müßte, durch kleine, kaum wahrnehmbare Akzentverschiebungen in der Übersetzung, von Sprache zu Sprache und von Zeit zu Zeit, die Parallelen zwischen beiden herausgearbeitet werden. Damit wird einer der großen antiken Stoffe auf die Jetztzeit hin wieder neu lesbar gemacht. Noch immer ist aus dem archaischen Text ein flammender Appell gegen den Krieg und für die Menschlichkeit zu gewinnen. Aber einer, der uns nicht aus der Verantwortung entläßt. Kriegstreiber sind nicht nur die, die das Handwerk des Kriegs betreiben, Kriegstreiber sind auch wir, die wir sie, ohne Einhalt zu gebieten, von nah oder fern, vor Ort oder am Fernseher, mit unserer Neugier begleiten.
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