»Naomi«, hörte ich meine Kollegin Rosy durch die Sprechanlage nach mir rufen, »bitte zum Chef.« Ich runzelte die Stirn und stellte die Pinsel, die ich eben gereinigt hatte, in ein Wasserglas, damit sie über Nacht nicht austrockneten. »Okay«, antwortete ich, »ich komme gleich.« Fünf Minuten vor Feierabend? fragte ich mich dann. Was konnte Mr. Larson da noch von mir wollen? Hoffentlich geriet dadurch nicht das geplante Dinner mit meinem Vater in Gefahr, der gerade wieder einmal geschäftlich in Los Angeles zu tun hatte und wie stets seine Einzige ausführen wollte. Ich verließ das Atelier, in dem ich normalerweise noch mit meinem Kollegen Rudy Perrida und der Halbtagskraft Joan arbeitete. Bei der renommierten Firma Larson und Larson wurden Kunstwerke restauriert, hauptsächlich Gemälde und Kirchenfenster. Ich arbeitete gerade an einem solchen Fenster. Doch es kam nur noch selten vor, daß wir alle zusammen mal im Atelier waren. Immer häufiger mußten wir Aufträge an Ort und Stelle erledigen. Rudy war der Star von uns allen, auch unter den freiberuflichen Mitarbeitern, die Mr. Larson noch beschäftigte, und ich beneidete ihn sehr um sein Talent. Ich war sogar regelrecht eifersüchtig auf ihn, denn er bekam stets die interessantesten Aufträge. Aber ich mochte ihn ganz gern. Er war ein netter Kollege, und ich hatte schon eine Menge von ihm lernen können. Eilig lief ich über den Korridor und öffnete die Tür zum Büro. Rosy, Mr. Larsons Sekretärin, packte im Vorzimmer gerade ihre Sachen zusammen. »Was ist?« fragte ich sie nervös. »Warum...«
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