Frontmatter -- Inhalt -- 1. Einige begriffliche und theoretische Vorklärungen -- 2. Thesen zu den Eigenarten des Institutionengefüges islamischer Länder -- 3. Die Frühgeschichte des Islam -- 4. Expansion und Niedergang des Islams im Überblick -- 5. Der entwicklungsbestimmende Sieg des Glaubens über die Vernunft -- 6. Entwicklung und Eigenarten des islamischen Rechts -- 7. Folgen für den institutionellen Wandel -- 8. Folgen für die wirtschaftliche Entwicklung -- Literatur -- Anhang: Ausgewählte Indikatoren für islamische Länder -- Backmatter
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.03.2002Hemmschuh
Wenig individuelle Freiheit im Islam
Helmut Leipold: Islam, institutioneller Wandel und wirtschaftliche Entwicklung. Lucius & Lucius Verlags-GmbH, Stuttgart 2001, 44 Seiten, 14 Euro.
Muslime neigten wegen ihres Glaubens an die göttliche Vorherbestimmung allen Weltgeschehens zu einer fatalistischen Lebensführung, behauptete Max Weber. Mehr noch: Die religiös bedingte Struktur der islamischen Staatengebilde, ihrer Staatsverwaltung und ihrer Rechtsfindung stelle ein Hindernis für die industriell-marktwirtschaftliche Entwicklung dar. In seiner kleinen Studie greift Helmut Leipold diese These auf. Vor dem aktuellen Hintergrund ist das ein heikles Thema - um so mehr, als er den Weberschen Verdacht bestätigt. Leipold sieht in der islamischen Religion einen Hemmschuh für die institutionelle Ausdifferenzierung einer Gesellschaft und damit auch der marktwirtschaftlichen Arbeitsteilung und Spezialisierung. Nach einer gründlichen, außerordentlich kenntnisreichen und differenzierten Analyse der Frühgeschichte, der Expansion und des relativen Niedergangs des Islam kommt der Verfasser zu der Diagnose, daß die islamische Religion wenig Freiraum für die Entfaltung säkularer und pluraler Ideologien lasse, ebensowenig wie für die vernunftgeleitete Gestaltung und Anpassung des Rechts. Das im Koran offenbarte Recht sei zudem fast durchgehend in Form konkreter - statt abstrakter - Regeln normiert. Dadurch werde die individuelle Freiheit beschränkt und die damit verbundene Verwertung eigener Fähigkeiten und Kenntnisse der Bürger gebremst. Tendenziell gelte für alle islamisch geprägten Staaten, daß die Herausbildung einer funktional differenzierten Gesellschaft an dominanten, religiös geprägten Institutionengefügen scheitere. Der Entstehung einer zivilgesellschaftlichen Öffentlichkeit mit einer klaren Trennung von Religion, Rechtsstaat, Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur stehe das "theonom-kommunitäre" Gesellschaftsverständnis entgegen: die Idee der Einheit von Religion, Staat, Recht und zum Teil Wirtschaft und Wissenschaft. Das ist eine immerhin bedenkenswerte Erkenntnis.
KAREN HORN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wenig individuelle Freiheit im Islam
Helmut Leipold: Islam, institutioneller Wandel und wirtschaftliche Entwicklung. Lucius & Lucius Verlags-GmbH, Stuttgart 2001, 44 Seiten, 14 Euro.
Muslime neigten wegen ihres Glaubens an die göttliche Vorherbestimmung allen Weltgeschehens zu einer fatalistischen Lebensführung, behauptete Max Weber. Mehr noch: Die religiös bedingte Struktur der islamischen Staatengebilde, ihrer Staatsverwaltung und ihrer Rechtsfindung stelle ein Hindernis für die industriell-marktwirtschaftliche Entwicklung dar. In seiner kleinen Studie greift Helmut Leipold diese These auf. Vor dem aktuellen Hintergrund ist das ein heikles Thema - um so mehr, als er den Weberschen Verdacht bestätigt. Leipold sieht in der islamischen Religion einen Hemmschuh für die institutionelle Ausdifferenzierung einer Gesellschaft und damit auch der marktwirtschaftlichen Arbeitsteilung und Spezialisierung. Nach einer gründlichen, außerordentlich kenntnisreichen und differenzierten Analyse der Frühgeschichte, der Expansion und des relativen Niedergangs des Islam kommt der Verfasser zu der Diagnose, daß die islamische Religion wenig Freiraum für die Entfaltung säkularer und pluraler Ideologien lasse, ebensowenig wie für die vernunftgeleitete Gestaltung und Anpassung des Rechts. Das im Koran offenbarte Recht sei zudem fast durchgehend in Form konkreter - statt abstrakter - Regeln normiert. Dadurch werde die individuelle Freiheit beschränkt und die damit verbundene Verwertung eigener Fähigkeiten und Kenntnisse der Bürger gebremst. Tendenziell gelte für alle islamisch geprägten Staaten, daß die Herausbildung einer funktional differenzierten Gesellschaft an dominanten, religiös geprägten Institutionengefügen scheitere. Der Entstehung einer zivilgesellschaftlichen Öffentlichkeit mit einer klaren Trennung von Religion, Rechtsstaat, Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur stehe das "theonom-kommunitäre" Gesellschaftsverständnis entgegen: die Idee der Einheit von Religion, Staat, Recht und zum Teil Wirtschaft und Wissenschaft. Das ist eine immerhin bedenkenswerte Erkenntnis.
KAREN HORN
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