»Ein Licht in dunklen Zeiten.« Noam Chomsky
Enthält ein Interview mit Bernie Sanders!
Seit 2010 mischt Jacobin als Sprachrohr der neuen amerikanischen Linken die intellektuelle Szene in den USA auf. In dem Magazin treten junge Autorinnen und Autoren offen für den Sozialismus ein, und das im Land des Hyperkapitalismus. Mit polemischen Artikeln entwickelte sich Jacobin schnell zu einem einflussreichen Ideengeber für Occupy Wall Street und die Bewegung um Bernie Sanders. Inzwischen erscheint die Zeitschrift in einer Auflage von 30.000 Exemplaren, online erreicht sie jeden Monat rund eine Million Leser.
Dieser Band versammelt erstmals eine Auswahl von Beiträgen auf Deutsch. In den Texten zur Identitätspolitik und zu Black Lives Matter, zum Stand des Kapitalismus und der Kapitalismuskritik sowie zum »Zombie-Marxismus« und dem Aufstieg Donald Trumps zeichnen sich die Konturen eines politischen Programms ab, das fraglos auch hierzulande die Diskussionen um eine strategische Neuausrichtung der Linken befruchten wird.
Enthält ein Interview mit Bernie Sanders!
Seit 2010 mischt Jacobin als Sprachrohr der neuen amerikanischen Linken die intellektuelle Szene in den USA auf. In dem Magazin treten junge Autorinnen und Autoren offen für den Sozialismus ein, und das im Land des Hyperkapitalismus. Mit polemischen Artikeln entwickelte sich Jacobin schnell zu einem einflussreichen Ideengeber für Occupy Wall Street und die Bewegung um Bernie Sanders. Inzwischen erscheint die Zeitschrift in einer Auflage von 30.000 Exemplaren, online erreicht sie jeden Monat rund eine Million Leser.
Dieser Band versammelt erstmals eine Auswahl von Beiträgen auf Deutsch. In den Texten zur Identitätspolitik und zu Black Lives Matter, zum Stand des Kapitalismus und der Kapitalismuskritik sowie zum »Zombie-Marxismus« und dem Aufstieg Donald Trumps zeichnen sich die Konturen eines politischen Programms ab, das fraglos auch hierzulande die Diskussionen um eine strategische Neuausrichtung der Linken befruchten wird.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.09.2018Der Glamour der Radikalität
Wie das Magazin "Jacobin" Bewegung in die amerikanische Linke bringt
Der amerikanische Verleger Bhaskar Sunkara ist selbst nach Maßstäben der Verhältnisse, die er bekämpft, ein Held. Mit seinem politischen Magazin "Jacobin" hat er geschafft, was in der Medienbranche kaum noch jemand für möglich hält: eine Zeitschrift für junge Menschen erfolgreich zu verkaufen, ein Heft mit Seiten aus echtem Papier, auf dem sogar echte Texte stehen, nicht nur Kalendersprüche oder Anleitungen zum Falten von Weihnachtssternen. Das Design von "Jacobin" ist zwar so auffällig und bunt illustriert, dass es sich auch ganz gut als Geschenkpapier eignen würde, der Inhalt aber galt in den Vereinigten Staaten bisher als so verführerisch wie schimmliges Brot: "Jacobin" druckt klassenkämpferische Essays und Analysen und bemüht sich gar nicht erst, seine linke Haltung hinter unverfänglichen Attributen wie "kritisch" oder "progressiv" zu verstecken; es bezeichnet sich schamlos als "sozialistisch".
Sich zum Sozialismus zu bekennen war in den Vereinigten Staaten noch bis vor ein paar Jahren die sicherste Methode, sich ins politische Abseits zu manövrieren. Erst mit dem Erfolg von Bernie Sanders begann ein selbstbewussterer Umgang mit dem Label "demokratischer Sozialismus". Ablesbar ist das etwa an der steigenden Popularität der Democratic Socialists of America (DSA), einer Organisation, die in den 1980er Jahren aus den Grabenkämpfen der amerikanischen Sozialisten hervorging. Seit Sanders' Wahlkampf hat sich nicht nur ihre Mitgliederzahl von 5000 auf heute 50 000 verzehnfacht, auch der Einfluss der DSA innerhalb der Demokratischen Partei wächst: Immer mehr Kandidaten treten als Mitglieder der Bewegung an. Zwei von ihnen werden höchstwahrscheinlich ab November im Kongress sitzen: Rashida Tlaib aus Michigan wird dann die erste Muslimin im Repräsentantenhaus sein; und in ihrer New Yorker Genossin Alexandria Ocasio-Cortez sehen einige schon die aussichtsreichste Herausforderin des Amtsinhabers bei der nächsten Präsidentschaftswahl. Die Vorstellung jedenfalls, dass man die Wähler Donald Trumps eher durch die Vision einer gerechteren Gesellschaft zurückgewinnen kann als durch besonnene Aufrufe zur Rückkehr zur politischen Tagesordnung, wird im Richtungsstreit der Demokratischen Partei immer beliebter.
Auch an den Zahlen von "Jacobin" lässt sich die Renaissance der amerikanischen Linken ablesen: Von der Gründung im Jahr 2010 bis zu Sanders' Kampagne erreichte Sunkara mit seinem Projekt ein treues Publikum von etwa 10 000 Lesern. Heute druckt er 50 000 Exemplare, erreicht online über eine Million Leser monatlich und lässt damit inzwischen traditionsreiche linke Magazine wie "New Republic" hinter sich. "Jacobin", so lautet inzwischen die stolze Selbstbeschreibung, sei "die Stimme der amerikanischen Linken". Das gilt auch für Sunkara selbst, der mittlerweile eine Art Star der internationalen Linken ist. An diesem Wochenende stellt er beim Labour-Parteitag in Liverpool seine wiederbelebte Version der seit 1937 erscheinenden Parteizeitung "Tribune" vor.
Der publizistische Erfolg ist dabei für Sunkara vor allem Mittel zum Zweck. "Ich mag Magazine nicht um ihrer selbst willen", sagt er bei einem Gespräch in Berlin. Das hübsche Magazin ist gewissermaßen nur das Abfallprodukt seines politischen Kampfes: Gedruckt wird es vor allem, weil sich damit besser Geld verdienen lässt als mit Texten im Internet. "Unser Ziel ist es, Gewinne zu machen, um politische Arbeit machen zu können, statt politische Arbeit zu machen und sich zu fragen, wie man sie finanzieren kann."
Der heute 29-jährige Sunkara hatte auch gar nicht unbedingt vor, ein erfolgreicher Verleger zu werden, als er vor acht Jahren seinen Kampf zur Erneuerung der amerikanischen Linken begann. Sunkara ist das jüngste von fünf Kindern einer indischstämmigen Familie, die aus Trinidad in die Vereinigten Staaten einwanderte. Die Eltern arbeiteten bis spätabends, Sunkara verbrachte viel Zeit in der Schulbibliothek. Seine Politisierung begann mit der Schullektüre, vor allem mit George Orwell: Über "Animal Farm" und "1984" landete er bei Texten der spanischen Marxisten, mit 13 las er Trotzki, mit 17 schloss er sich den DSA an. Mit "Jacobin" ging es ihm darum, ein paar Stimmen zu sammeln, die unter linker Politik etwas anderes verstehen, als es jene taten, die überhaupt über ein Leben jenseits des Kapitalismus nachdachten. Die Linke, so jedenfalls nahm es der junge Politikstudent Sunkara wahr, bestand aus Anarchisten oder Revolutionsromantikern, aus "elitären Cliquen, die paramilitärischen Nihilismus betreiben", oder Zapatisten, die lieber als Touristen in Mexiko mit den Bauern kämpften, als sich zu Hause mit "dem unglamourösen Job, eine selbstbewusste Klassenbewegung zu organisieren", abgaben, eine Linke, die glaubte, die Welt eher durch Akte persönlicher Rebellion als durch die Übernahme der Macht verändern zu können.
Heute ist es womöglich gerade der Glaube an die Möglichkeit einer radikalen Veränderung, der "Jacobin" einen Glamour verleiht, der das Magazin von politisch ähnlich gesinnten Publikationen unterscheidet. Schon der Name signalisiert eine gewisse Kompromisslosigkeit, wobei er gar nicht auf die unerbittlichen Rebellen von Paris anspielt, sondern auf die "schwarzen Jakobiner", die aufständischen Sklaven, die Ende des 18. Jahrhunderts die Unabhängigkeit Haitis erkämpften. Zur Popularität des Magazins trägt, neben dem konsequenten Design, vor allem der Verzicht auf all das bei, was an den Jargon marxistischer Intellektueller erinnert. Im besten Fall kombinieren die Texte in "Jacobin" analytische Strenge mit popkulturellen Referenzen, Originalität mit Aggressivität.
Wie das im Einzelnen aussieht, davon kann man sich seit ein paar Tagen auch in Deutschland ein Bild machen: Gemeinsam mit Loren Balhorn, der das deutschen Onlinemagazin "Ada" leitet, eine Art Ableger von "Jacobin", hat Sunkara soeben eine Anthologie der wichtigsten Texte aus "Jacobin" herausgegeben. Nicht nur das Stilprinzip des Magazins wird durch die Auswahl anschaulich, sondern auch die klare Position, die die Redaktion in dem wohl zentralen Streit der zeitgenössischen Linken vertritt: der Debatte, ob man sich in der Vergangenheit auf Kosten sozialer Themen zu sehr auf Minderheitenrechte konzentriert hat. Im Buch bringt das der amerikanische Literaturtheoretiker Walter Benn Michaels auf die unmissverständliche Formel: "Dann sollen sie Diversität essen." Auch für Sunkara muss der Kampf für Gleichberechtigung und Gerechtigkeit mit dem Klassenkampf beginnen: "Unser politisches Denken wurde lange von der Niederlage geprägt. Weil wir die Gewerkschaften verloren haben, weil diese nach rechts drifteten, weil das Kapital so mächtig ist, haben wir eine Tugend aus einem Engagement gemacht, das eigentlich nur eine vorübergehende Notwendigkeit sein sollte."
Um zur alten Stärke zurückzufinden, legt Sunkara Wert auf eine Eigenschaft, die so naheliegend wie im linken Diskurs selten ist: Zugänglichkeit ist eines der wichtigsten Merkmale für die Texte seines Magazins - aus journalistischen, aber vor allem auch aus politischen Gründen. Sunkara will vermeiden, dass sozialistische Positionen "auf eine Subkultur beschränkt bleiben". Seine konkreten politischen Vorstellungen dürften ihn dabei auch vor dem Fehler vieler Magazinmacher bewahren, die sich beim Versuch, die Massen zu erreichen, am Mainstream orientieren. Seiner journalistischen Maxime jedenfalls kann man jenseits aller ideologischen Fragen zustimmen: "Man sollte nicht schreiben, um ein Publikum zu erreichen. Man sollte schreiben, um das Publikum zu schaffen, das man haben möchte."
HARALD STAUN
Loren Balhorn, Bhaskar Sunkara (Hg.): "Jacobin. Die Anthologie". Suhrkamp, 311 Seiten, 18 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wie das Magazin "Jacobin" Bewegung in die amerikanische Linke bringt
Der amerikanische Verleger Bhaskar Sunkara ist selbst nach Maßstäben der Verhältnisse, die er bekämpft, ein Held. Mit seinem politischen Magazin "Jacobin" hat er geschafft, was in der Medienbranche kaum noch jemand für möglich hält: eine Zeitschrift für junge Menschen erfolgreich zu verkaufen, ein Heft mit Seiten aus echtem Papier, auf dem sogar echte Texte stehen, nicht nur Kalendersprüche oder Anleitungen zum Falten von Weihnachtssternen. Das Design von "Jacobin" ist zwar so auffällig und bunt illustriert, dass es sich auch ganz gut als Geschenkpapier eignen würde, der Inhalt aber galt in den Vereinigten Staaten bisher als so verführerisch wie schimmliges Brot: "Jacobin" druckt klassenkämpferische Essays und Analysen und bemüht sich gar nicht erst, seine linke Haltung hinter unverfänglichen Attributen wie "kritisch" oder "progressiv" zu verstecken; es bezeichnet sich schamlos als "sozialistisch".
Sich zum Sozialismus zu bekennen war in den Vereinigten Staaten noch bis vor ein paar Jahren die sicherste Methode, sich ins politische Abseits zu manövrieren. Erst mit dem Erfolg von Bernie Sanders begann ein selbstbewussterer Umgang mit dem Label "demokratischer Sozialismus". Ablesbar ist das etwa an der steigenden Popularität der Democratic Socialists of America (DSA), einer Organisation, die in den 1980er Jahren aus den Grabenkämpfen der amerikanischen Sozialisten hervorging. Seit Sanders' Wahlkampf hat sich nicht nur ihre Mitgliederzahl von 5000 auf heute 50 000 verzehnfacht, auch der Einfluss der DSA innerhalb der Demokratischen Partei wächst: Immer mehr Kandidaten treten als Mitglieder der Bewegung an. Zwei von ihnen werden höchstwahrscheinlich ab November im Kongress sitzen: Rashida Tlaib aus Michigan wird dann die erste Muslimin im Repräsentantenhaus sein; und in ihrer New Yorker Genossin Alexandria Ocasio-Cortez sehen einige schon die aussichtsreichste Herausforderin des Amtsinhabers bei der nächsten Präsidentschaftswahl. Die Vorstellung jedenfalls, dass man die Wähler Donald Trumps eher durch die Vision einer gerechteren Gesellschaft zurückgewinnen kann als durch besonnene Aufrufe zur Rückkehr zur politischen Tagesordnung, wird im Richtungsstreit der Demokratischen Partei immer beliebter.
Auch an den Zahlen von "Jacobin" lässt sich die Renaissance der amerikanischen Linken ablesen: Von der Gründung im Jahr 2010 bis zu Sanders' Kampagne erreichte Sunkara mit seinem Projekt ein treues Publikum von etwa 10 000 Lesern. Heute druckt er 50 000 Exemplare, erreicht online über eine Million Leser monatlich und lässt damit inzwischen traditionsreiche linke Magazine wie "New Republic" hinter sich. "Jacobin", so lautet inzwischen die stolze Selbstbeschreibung, sei "die Stimme der amerikanischen Linken". Das gilt auch für Sunkara selbst, der mittlerweile eine Art Star der internationalen Linken ist. An diesem Wochenende stellt er beim Labour-Parteitag in Liverpool seine wiederbelebte Version der seit 1937 erscheinenden Parteizeitung "Tribune" vor.
Der publizistische Erfolg ist dabei für Sunkara vor allem Mittel zum Zweck. "Ich mag Magazine nicht um ihrer selbst willen", sagt er bei einem Gespräch in Berlin. Das hübsche Magazin ist gewissermaßen nur das Abfallprodukt seines politischen Kampfes: Gedruckt wird es vor allem, weil sich damit besser Geld verdienen lässt als mit Texten im Internet. "Unser Ziel ist es, Gewinne zu machen, um politische Arbeit machen zu können, statt politische Arbeit zu machen und sich zu fragen, wie man sie finanzieren kann."
Der heute 29-jährige Sunkara hatte auch gar nicht unbedingt vor, ein erfolgreicher Verleger zu werden, als er vor acht Jahren seinen Kampf zur Erneuerung der amerikanischen Linken begann. Sunkara ist das jüngste von fünf Kindern einer indischstämmigen Familie, die aus Trinidad in die Vereinigten Staaten einwanderte. Die Eltern arbeiteten bis spätabends, Sunkara verbrachte viel Zeit in der Schulbibliothek. Seine Politisierung begann mit der Schullektüre, vor allem mit George Orwell: Über "Animal Farm" und "1984" landete er bei Texten der spanischen Marxisten, mit 13 las er Trotzki, mit 17 schloss er sich den DSA an. Mit "Jacobin" ging es ihm darum, ein paar Stimmen zu sammeln, die unter linker Politik etwas anderes verstehen, als es jene taten, die überhaupt über ein Leben jenseits des Kapitalismus nachdachten. Die Linke, so jedenfalls nahm es der junge Politikstudent Sunkara wahr, bestand aus Anarchisten oder Revolutionsromantikern, aus "elitären Cliquen, die paramilitärischen Nihilismus betreiben", oder Zapatisten, die lieber als Touristen in Mexiko mit den Bauern kämpften, als sich zu Hause mit "dem unglamourösen Job, eine selbstbewusste Klassenbewegung zu organisieren", abgaben, eine Linke, die glaubte, die Welt eher durch Akte persönlicher Rebellion als durch die Übernahme der Macht verändern zu können.
Heute ist es womöglich gerade der Glaube an die Möglichkeit einer radikalen Veränderung, der "Jacobin" einen Glamour verleiht, der das Magazin von politisch ähnlich gesinnten Publikationen unterscheidet. Schon der Name signalisiert eine gewisse Kompromisslosigkeit, wobei er gar nicht auf die unerbittlichen Rebellen von Paris anspielt, sondern auf die "schwarzen Jakobiner", die aufständischen Sklaven, die Ende des 18. Jahrhunderts die Unabhängigkeit Haitis erkämpften. Zur Popularität des Magazins trägt, neben dem konsequenten Design, vor allem der Verzicht auf all das bei, was an den Jargon marxistischer Intellektueller erinnert. Im besten Fall kombinieren die Texte in "Jacobin" analytische Strenge mit popkulturellen Referenzen, Originalität mit Aggressivität.
Wie das im Einzelnen aussieht, davon kann man sich seit ein paar Tagen auch in Deutschland ein Bild machen: Gemeinsam mit Loren Balhorn, der das deutschen Onlinemagazin "Ada" leitet, eine Art Ableger von "Jacobin", hat Sunkara soeben eine Anthologie der wichtigsten Texte aus "Jacobin" herausgegeben. Nicht nur das Stilprinzip des Magazins wird durch die Auswahl anschaulich, sondern auch die klare Position, die die Redaktion in dem wohl zentralen Streit der zeitgenössischen Linken vertritt: der Debatte, ob man sich in der Vergangenheit auf Kosten sozialer Themen zu sehr auf Minderheitenrechte konzentriert hat. Im Buch bringt das der amerikanische Literaturtheoretiker Walter Benn Michaels auf die unmissverständliche Formel: "Dann sollen sie Diversität essen." Auch für Sunkara muss der Kampf für Gleichberechtigung und Gerechtigkeit mit dem Klassenkampf beginnen: "Unser politisches Denken wurde lange von der Niederlage geprägt. Weil wir die Gewerkschaften verloren haben, weil diese nach rechts drifteten, weil das Kapital so mächtig ist, haben wir eine Tugend aus einem Engagement gemacht, das eigentlich nur eine vorübergehende Notwendigkeit sein sollte."
Um zur alten Stärke zurückzufinden, legt Sunkara Wert auf eine Eigenschaft, die so naheliegend wie im linken Diskurs selten ist: Zugänglichkeit ist eines der wichtigsten Merkmale für die Texte seines Magazins - aus journalistischen, aber vor allem auch aus politischen Gründen. Sunkara will vermeiden, dass sozialistische Positionen "auf eine Subkultur beschränkt bleiben". Seine konkreten politischen Vorstellungen dürften ihn dabei auch vor dem Fehler vieler Magazinmacher bewahren, die sich beim Versuch, die Massen zu erreichen, am Mainstream orientieren. Seiner journalistischen Maxime jedenfalls kann man jenseits aller ideologischen Fragen zustimmen: "Man sollte nicht schreiben, um ein Publikum zu erreichen. Man sollte schreiben, um das Publikum zu schaffen, das man haben möchte."
HARALD STAUN
Loren Balhorn, Bhaskar Sunkara (Hg.): "Jacobin. Die Anthologie". Suhrkamp, 311 Seiten, 18 Euro
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Perlentaucher-Notiz zur WELT-Rezension
Lucas Hermsmeier gefällt an den in dieser Anthologie des linken US-Magazins versammelten Texten vor allem das Selbstkritische. Dass die Herausgeber und die Autoren sich etwa die Identitätspolitik der Linken und allzu devote Marx-Exegese vorknöpfen, findet er sympathisch. Statt Manifest oder Bedienungsanleitung zur Überwindung des Kapitalismus also Selbstreflexion, und angenehm wenig selbstgefällige Diskussion der Binnendiskurse, meint Hermsmeier. Die bloße Existenz eines sozialistischen Magazins in Trumps Amerika erfreut den Rezensenten. Die in diesem Band enthaltenen Essays, Analysen und Interviews aus den Jahren 2011 bis 2018 zeigen ihm, was bei den US-Linken diskurstechnisch so abgeht.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Gemeinsam mit Loren Balhorn, der das deutsche Onlinemagazin Ada leitet, eine Art Ableger von Jacobin, hat Sunkara soeben eine Anthologie der wichtigsten Texte aus Jacobin herausgegeben. Nicht nur das Stilprinzip des Magazins wird durch die Auswahl anschaulich, sondern auch die klare Position, die die Redaktion in dem wohl zentralen Streit der zeitgenössischen Linken vertritt ...« Harald Staun Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 20180923