"Jagd auf den Inselmörder" ist ein Kriminalroman, der mich aus sehr verschiedenen Gründen von Anfang an gefesselt hat. Er ist so unheimlich vielseitig, greift enorm viele Thematiken auf und regt nicht nur kriminalistisch zum Nachdenken an. Doch nun mal der Reihe nach…
Gleich zu Beginn des Romans
wird die Leiche eines ehemaligen Majors des Ministeriums für Staatssicherheit mit abgeschnittenen…mehr"Jagd auf den Inselmörder" ist ein Kriminalroman, der mich aus sehr verschiedenen Gründen von Anfang an gefesselt hat. Er ist so unheimlich vielseitig, greift enorm viele Thematiken auf und regt nicht nur kriminalistisch zum Nachdenken an. Doch nun mal der Reihe nach…
Gleich zu Beginn des Romans wird die Leiche eines ehemaligen Majors des Ministeriums für Staatssicherheit mit abgeschnittenen Ohren an der Seebrücke in Heringsdorf entdeckt. Verantwortlich für diesen Fall ist das Team um Kriminalhauptkommissar Lasse Larsson, der aus beruflichen und privaten Gründen von Berlin hierher an die Küste gekommen ist. Wie der Klappentext bereits verrät, gab es vor zwei Jahren einen ähnlich gelagerten Mordfall. Dieser wird in Zusammenhang mit dem aktuellen Mord wieder aufgegriffen und erneut untersucht.
Und so begleitet der Leser das ganze Buch hindurch Lasse Larsson und sein Team bei der sehr interessant beschriebenen Ermittlungsarbeit, die allerdings ohne Action vonstatten geht. Action braucht dieser Roman auch nicht, denn die akribische Arbeit des Ermittlungsteams ist äußerst interessant beschrieben. So wird jedes recherchierte Detail ausgewertet und zusammengefügt, bis sich letztendlich ein logisches Gesamtbild ergibt.
Auch wenn man jetzt vielleicht vermuten könnte, der Roman sei stupide und anspruchslos, nein, das ist er ganz und gar nicht, denn die eingeflochtenen Randgeschichten sind es, die den Leser immer wieder erneut fesseln. So baut George Tenner immer wieder aktuell politische Thematiken ein, erwähnt aber auch geschichtliche Ereignisse deutsch-deutscher Geschichte, die zu diesem Roman ganz einfach dazugehören. Er berichtet von StaSi-Methoden, von satanistischen Verbänden zu DDR-Zeiten und von neonazistischen Gruppierungen der Gegenwart. Brisante Themen, die er nicht einfach so im Raum stehen läßt; man merkt, daß er hier kritisiert und Stellung bezieht, was auch kein Wunder ist, schaut man sich seinen Lebenslauf an. Manche Passagen fand ich sehr interessant und aufschlußreich, bei anderen Textstellen fragte ich mich jedoch, wieviel selbst Erlebtes George Tenner hierbei noch aufgearbeitet hat. Ich bin in der DDR groß geworden und lese und verstehe den Roman sicherlich ganz anders, als jemand aus den alten Bundesländern. Zum Nachdenken jedoch regt dieser Roman alle mal an.
Der Personenkreis in diesem Roman ist relativ groß. Relativ deswegen, weil er von der Zahl der wichtigen Personen her eigentlich hätte überschaubar sein können. Aber es werden hier drei Generationen beleuchtet und außerdem gibt es hier viele Stiefkinder und Halbgeschwister, die das Sortieren der Personen sehr schwer machen. Es empfiehlt sich unbedingt, beim Lesen diagrammartige Notizen zu machen, damit man irgendwann überhaupt noch weiß, wer wann mit wem. Als Beispiel nehmen wir mal Lasse Larsson, dessen Vater aus der DDR über Dänemark in die BRD flüchtete und dort mit seiner Frau Lasse zeugte. Als er aber floh, ließ er sowohl seine Freundin als auch deren Freundin schwanger zurück.
Als Lasse nun in diesem Mordfall in Heringsdorf ermittelt, erfährt er, daß er zwei Halbgeschwister von zwei verschiedenen Frauen hat. Seine Halbschwester arbeitet in einem Bordell. Sein Halbbruder, der von der StaSi in Terrorabwehr ausgebildet wurde, dann in der Fremdenlegion war und derzeit als Sicherheitsbeauftragter der Satanisten unterwegs ist, ist zugleich einer der gesuchten Mörder.
Oh ja, das ist alles ziemlich heftig und sehr kompakt. Fast schon zu viel, um noch glaubwürdig zu erscheinen. Teilweise scheint es so, daß der Roman ein verkappter Krimi ist, der eigentlich weniger unterhalten soll, als daß er eigentlich eine politische Abrechnung darstellt. Immer wieder treten nämlich verbitterte Personen auf, die nicht ein einziges gutes Haar an der DDR lassen.
Dennoch ist es in guter und lesenswerter Krimi, da es noch ein weiteres Mordopfer gibt und letztendlich die Täter dingfest gemacht werden.
Also > Lesen - Lesen - Lesen !!!