Diese Arbeit setzt sich mit der erst in der jüngeren Forschung aufgeworfenen Frage auseinander, ob Goethes "Lehrjahre" einen Diskurswechsel im Umgang mit Melancholie und Wahnsinn beschreiben, und konzentriert sich dabei auf die Darstellung der Harfner-Figur. Wie ein roter Faden durchziehen Melancholie und Wahnsinn den Roman, denn so verschiedene Figuren wie Laertes, der Graf und die Gräfin, Aurelie, Mignon, Sperata und der Harfner leiden unter melancholischen Anfällen, die sich im Falle des Harfners bis in eine Eskalation des Wahnsinns steigern. In der Krankheits- und Heilungsgeschichte des Harfners wird eine Veränderung im Umgang mit Melancholie und Wahnsinn besonders deutlich, denn bei ihm lässt sich die Entwicklung von einem melancholischen Gemütszustand über den ausbrechenden Wahnsinn bis hin zur Therapie verfolgen. In Anlehnung an die Lebensgeschichte des Harfners teilt sich diese Arbeit in zwei Teile. Im ersten Teil stehen die europäische Melancholietradition und der Genie-Gedanke des Sturm und Drangs im Fokus und zwar im Hinblick darauf, wie und warum Goethe beides in seine Darstellung des Harfners hat einfließen lassen. Des Weiteren wird dessen Krankheitsgeschichte analysiert. Im zweiten Teil steht die Therapie des Harfners im Mittelpunkt. Der medizinische Diskurs der Melancholie und des Wahnsinns am Ende des 18. Jahrhunderts und Goethes Verhältnis zu diesem wird vorgestellt und mit der Therapie und den Therapiemaßnahmen am Harfner verglichen. In dieser Arbeit wird nachgewiesen, dass Goethe sowohl mit der europäischen Melancholietradition als auch mit den zeitgenössischen medizinischen und psychologischen Diskursen vertraut war und belegt, dass die "Lehrjahre" und insbesondere die Darstellung des Harfners von einer intensiven Auseinandersetzung mit Melancholie und Wahnsinn, ihren Ursachen, Symptomen und Konsequenzen, geprägt wurden.
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