Joseph Fouché (1759-1820) war die „graue Eminenz“ der französischen Republik und des nachfolgenden Kaiserreichs. Als Polizeiminister in mehreren Regierungen, meist stand er im Dunkeln und immer abwartend. Bis heute ist er das Paradebeispiel des Opportunisten, der vom Revolutionär bis hin zum
Royalisten die gesamte Klaviatur der Politik beherrschte. Er besaß die genialische Fähigkeit, die…mehrJoseph Fouché (1759-1820) war die „graue Eminenz“ der französischen Republik und des nachfolgenden Kaiserreichs. Als Polizeiminister in mehreren Regierungen, meist stand er im Dunkeln und immer abwartend. Bis heute ist er das Paradebeispiel des Opportunisten, der vom Revolutionär bis hin zum Royalisten die gesamte Klaviatur der Politik beherrschte. Er besaß die genialische Fähigkeit, die politische Bühne um sich herum zu durchschauen und zu beherrschen und dennoch im Hintergrund zu bleiben, sich ständig zu wandeln wie ein Chamäleon.
Stefan Zweig zeigte in seinem „Bildnis eines politischen Menschen“ eindrucksvoll, wie sich Joseph Fouché vom radikalen Vertreter des revolutionären Terrors zum Polizeiminister Napoleons, dessen Geheimpolizei ganz Europa mit einem Spitzelsystem überwachte, wandelte und das mit Scharfblick, eiskalter Unberechenbarkeit und eindringendem Verstand. Sein „Joseph Fouché“ ist eine beeindruckende Studie, die beweist, dass die wirklichen Akteure im Hintergrund die Strippen ziehen.
Stefan Zweig verfügte dabei über profunde Kenntnisse zur französischen Geschichte und es gelang ihm darüber hinaus, den menschlichen und seelischen Verwicklungen seines Protagonisten nachzuspüren. „Joseph Fouché“, 1929 erschienen, war seine erste Romanbiographie, in der ihm neben der beklemmenden Darstellung des Intriganten auch ein eindrucksvolles Panorama der Epoche zur 18./19. Jahrhundertwende gelungen.
Im Audioverlag (in der erfolgreichen Reihe „Große Werke. Große Stimmen“) ist nun eine ungekürzte Lesung (Gesamtlaufzeit immerhin 9 h und 49 min) erschienen. Es ist eine Produktion des SDR (heute SWR) aus dem Jahre 1982. Die Lesung stammt von dem bereits 1991 verstorbenen „Theatermenschen“ und Regisseur Hans Lietzau, dem es wunderbar gelang, den zwiespältigen Charakter des „Chamäleons“ Fouché hörbar zu machen. Die mp3-CD ist in 189 Tracks (durchschnittliche Spieldauer 3 bis 4 Minuten), sodass jederzeit eine Unterbrechung und ein Wiedereinstieg möglich sind. Nach zahlreichen anderen Stefan-Zweig-Hörbüchern (vor allem „Sternstunden der Menschheit“) liegt nun auch sein „Joseph Fouché“ als vollständige Lesung vor … und das sicherlich nicht nur zur Freude aller Stefan-Zweig-Fans.