Jürgen Ponto war mehr als bloß ein Opfer der RAF. In den 1970er Jahren war er der bedeutendste Bankier der Bundesrepublik. Ralf Ahrens und Johannes Bähr legen die erste Biografie Jürgen Pontos vor und bieten darin einen tiefen Einblick in seine Lebenswelt sowie sein berufliches Umfeld – die Spitze der deutschen Wirtschaft im Angesicht von Umbruch und Krise. Die Biografie Jürgen Pontos ist die Geschichte eines Aufstiegs vom unbekannten Bankjuristen zum herausragenden Repräsentanten der deutschen Kreditwirtschaft. 1969 zum Vorstandssprecher der Dresdner Bank berufen, wurde Ponto binnen kürzester Zeit zu einem der einflussreichsten Männer der deutschen Wirtschaft. Dabei blieb er stets eine Ausnahmeerscheinung: Der kommunikativ begabte Ponto entsprach weder dem traditionellen Rollenbild eines distinguierten Bankiers noch dem Klischee eines renditefixierten Bankmanagers. Als weltläufiger Sympathieträger an der Spitze der Dresdner Bank verkörperte er geradezu Imagewandel, Modernisierung und Internationalisierung einer traditionsreichen Großbank. Ponto war zugleich eine zentrale Figur in der „Deutschland AG“, der hochgradigen Verflechtung von Banken, Versicherungen und Großindustrie. Er fungierte als prominenter Kritiker wie als respektierter Berater der Politik. Zugleich war der Bankier ein kunstsinniger Bürger, der mit seiner Familie in einem auch künstlerisch geprägten Umfeld lebte und sich in der Kulturförderung engagierte. Pontos exponierte Stellung in der bundesdeutschen Wirtschaft und Gesellschaft ließ ihn im Juli 1977 zum Ziel eines tödlichen Anschlags von Terroristen der RAF werden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.11.2013Der Modernisierer
Jürgen Ponto brachte die Dresdner Bank auf Vordermann
Am Abend des 30. Juli 1977 brachte das Fernsehen eine verstörende Meldung: Am Nachmittag dieses Samstages hatten Terroristen in Oberursel den Vorstandssprecher der Dresdner Bank AG, Jürgen Ponto, ermordet. Ein Mitglied des Täter-Trios, Susanne Albrecht, hatte mit ihren Kumpanen Zutritt zum Hause des Managers erhalten, da sie privat mit der Familie Ponto bekannt war. So wurde Ponto eines der prominentesten Opfer jener unseligen Zeit, die kurze Zeit später im "deutschen Herbst" kulminierte.
Die Wirtschaftshistoriker Ralf Ahrens und Johannes Bär beschreiben in ihrer Biographie den Lebensweg eines Mannes, der zum Zeitpunkt seines Todes der wohl bekannteste deutsche Bankmanager war. Das Buch beginnt mit Pontos Herkunft aus einer hanseatischen Familie und seinem Studium der Rechtswissenschaften. Ponto ging dann ins Bankgewerbe, erwarb früh Auslandserfahrung in den Vereinigten Staaten und machte schnell Karriere, weil er gut in das Bankgeschäft hineinfand. Jedenfalls ist es sehr ungewöhnlich, dass es in einem großen Geldhaus ein Justitiar zum Vorstandssprecher bringt.
Als der Mittvierziger Vorstandssprecher - nicht: Vorstandsvorsitzender - wurde, war die Dresdner Bank zwar nicht in einer schlechten Verfassung, aber auch nicht in einer sehr guten. Gelitten hatte sie vor allem unter Zwistigkeiten unter den Männern der älteren Generation, internen Zwistigkeiten zwischen wichtigen Standorten wie Frankfurt, Düsseldorf und Hamburg sowie ihrem Bild als "Händlerbank" in einer Zeit der sich herausbildenden großen Universalbanken. Andererseits sah nicht zuletzt die deutsche Wirtschaft Bedarf für mindestens eine weitere große Bank neben der Deutschen Bank.
Die Biographie Pontos wird somit zur Lebensbeschreibung eines weltoffenen, kunstsinnigen und modernen Menschen in einer zumindest damals sehr traditionell denkenden Branche. Pontos Nachruhm beruht nicht zuletzt auf dem Bild des Modernisierers, der auf Menschen zugehen konnte und sich nicht nur für Bilanzen interessierte, sondern auch für den sich damals erst entwickelnden elektronischen Zahlungsverkehr und für Werbestrategien. Nicht zuletzt im Ausland, wo die Dresdner Bank schon wegen ihres Namens gegenüber der Deutschen Bank benachteiligt war, kam Ponto gut an. Überhaupt die Deutsche Bank: Ahrens und Bär machen klar, wie sehr die Dresdner Bank auf die Deutsche Bank als Konkurrent fixiert war und wie sie auf Häuser wie die Commerzbank hinabblickte. Nicht zuletzt diese Fixierung führte die Dresdner in einer späteren Zeit in den Niedergang.
Der Erfolg Pontos zu seiner Zeit stammte aus der Erkenntnis, dass die Dresdner Bank zwar einer Modernisierung bedurfte, aber nicht das Wirtschaftsmodell der Bundesrepublik in Frage stellen durfte. Und so fand sich Ponto auch in die Rolle eines wichtigen Vertreters der damals noch nicht so genannten "Deutschland AG". Er konkurrierte mit den anderen Großbanken, so wie er auf manchen Gebieten mit ihnen kooperierte. Er wurde Mitglied in Aufsichtsräten in der Industrie und verkörperte damit die engen Verflechtungen zwischen Industrie und Kreditwesen. Und er unterhielt enge Beziehungen in die Politik. Kurz vor seinem Tod hatte Ponto im Odenwald eine Grabstätte erworben und einen Grabstein ausgesucht.
GERALD BRAUNBERGER.
Ralf Ahrens / Johannes Bähr: Jürgen Ponto. Bankier und Bürger.
Verlag C.H. Beck. München 2013. 348 Seiten. 24,95 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Jürgen Ponto brachte die Dresdner Bank auf Vordermann
Am Abend des 30. Juli 1977 brachte das Fernsehen eine verstörende Meldung: Am Nachmittag dieses Samstages hatten Terroristen in Oberursel den Vorstandssprecher der Dresdner Bank AG, Jürgen Ponto, ermordet. Ein Mitglied des Täter-Trios, Susanne Albrecht, hatte mit ihren Kumpanen Zutritt zum Hause des Managers erhalten, da sie privat mit der Familie Ponto bekannt war. So wurde Ponto eines der prominentesten Opfer jener unseligen Zeit, die kurze Zeit später im "deutschen Herbst" kulminierte.
Die Wirtschaftshistoriker Ralf Ahrens und Johannes Bär beschreiben in ihrer Biographie den Lebensweg eines Mannes, der zum Zeitpunkt seines Todes der wohl bekannteste deutsche Bankmanager war. Das Buch beginnt mit Pontos Herkunft aus einer hanseatischen Familie und seinem Studium der Rechtswissenschaften. Ponto ging dann ins Bankgewerbe, erwarb früh Auslandserfahrung in den Vereinigten Staaten und machte schnell Karriere, weil er gut in das Bankgeschäft hineinfand. Jedenfalls ist es sehr ungewöhnlich, dass es in einem großen Geldhaus ein Justitiar zum Vorstandssprecher bringt.
Als der Mittvierziger Vorstandssprecher - nicht: Vorstandsvorsitzender - wurde, war die Dresdner Bank zwar nicht in einer schlechten Verfassung, aber auch nicht in einer sehr guten. Gelitten hatte sie vor allem unter Zwistigkeiten unter den Männern der älteren Generation, internen Zwistigkeiten zwischen wichtigen Standorten wie Frankfurt, Düsseldorf und Hamburg sowie ihrem Bild als "Händlerbank" in einer Zeit der sich herausbildenden großen Universalbanken. Andererseits sah nicht zuletzt die deutsche Wirtschaft Bedarf für mindestens eine weitere große Bank neben der Deutschen Bank.
Die Biographie Pontos wird somit zur Lebensbeschreibung eines weltoffenen, kunstsinnigen und modernen Menschen in einer zumindest damals sehr traditionell denkenden Branche. Pontos Nachruhm beruht nicht zuletzt auf dem Bild des Modernisierers, der auf Menschen zugehen konnte und sich nicht nur für Bilanzen interessierte, sondern auch für den sich damals erst entwickelnden elektronischen Zahlungsverkehr und für Werbestrategien. Nicht zuletzt im Ausland, wo die Dresdner Bank schon wegen ihres Namens gegenüber der Deutschen Bank benachteiligt war, kam Ponto gut an. Überhaupt die Deutsche Bank: Ahrens und Bär machen klar, wie sehr die Dresdner Bank auf die Deutsche Bank als Konkurrent fixiert war und wie sie auf Häuser wie die Commerzbank hinabblickte. Nicht zuletzt diese Fixierung führte die Dresdner in einer späteren Zeit in den Niedergang.
Der Erfolg Pontos zu seiner Zeit stammte aus der Erkenntnis, dass die Dresdner Bank zwar einer Modernisierung bedurfte, aber nicht das Wirtschaftsmodell der Bundesrepublik in Frage stellen durfte. Und so fand sich Ponto auch in die Rolle eines wichtigen Vertreters der damals noch nicht so genannten "Deutschland AG". Er konkurrierte mit den anderen Großbanken, so wie er auf manchen Gebieten mit ihnen kooperierte. Er wurde Mitglied in Aufsichtsräten in der Industrie und verkörperte damit die engen Verflechtungen zwischen Industrie und Kreditwesen. Und er unterhielt enge Beziehungen in die Politik. Kurz vor seinem Tod hatte Ponto im Odenwald eine Grabstätte erworben und einen Grabstein ausgesucht.
GERALD BRAUNBERGER.
Ralf Ahrens / Johannes Bähr: Jürgen Ponto. Bankier und Bürger.
Verlag C.H. Beck. München 2013. 348 Seiten. 24,95 Euro
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