Kai-Uwe von Hassel (1913-1997), politisches Urgestein der Bundesrepublik, stellt in der ersten Garde junger Berufspolitiker eine Ausnahmeerscheinung dar. Rasant steigt der Bürgermeister von Glücksburg in höchste Staats- und Parteiämter auf. Der erste Band der Biografie beschreibt seine Jugend in Afrika und im norddeutschen Grenzland sowie die Kriegserfahrungen. Nach 1945 zählt von Hassel zu den Unbelasteten der NS-Zeit, wirkt am Demokratieaufbau mit und modernisiert als Ministerpräsident das von Flüchtlingen übersäte Schleswig-Holstein. Dabei baut er Brücken zu den Dänen und zwischen Staat und Evangelischer Kirche. Unter Adenauer wird er stellvertretender CDU-Bundesvorsitzender, ist Wahlkampfmanager, Kandidat für das Bundespräsidentenamt und Förderer der Entwicklungshilfe. Der zweite Band der Biografie schildert die Bemühungen des Bundesverteidigungsministers, im Kalten Krieg der 1960er Jahre die Sicherheit der Bundesrepublik durch nukleare Mitsprache zu gewährleisten und trotz mancher Affären den Aufbau der Bundeswehr zu konsolidieren. Als Bundestagspräsident setzt von Hassel notwendige Parlamentsreformen in Gang. Er engagiert sich für die europäische Zusammenarbeit christlich-demokratischer Parteien, die Demokratieentwicklung in Spanien und Portugal, die Einführung der Europafahne, eine Annäherung der Türkei an die EG, Fragen der Entwicklungspolitik und politische Bildungsarbeit. Es sind einige der Marksteine im Strom eines faszinierenden Lebens, begleitet von hart erarbeiteten Erfolgen, persönlichen Niederlagen und tragischen Schicksalsschlägen.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Peter Sturm scheint nicht überzeugt zu sein von der Notwendigkeit einer derart erschöpfenden Biografie über den in der Kolonie Deutsch-Ostafrika aufgewachsenen Politiker Kai-Uwe von Hassel, wie sie Hanns Jürgen Küsters vorlegt. Dass der Mann u. a. Bürgermeister von Glücksburg und Bundestagspräsident war, macht ihn zwar so einer relativ zentralen politischen Figur, so Sturm, so prägend wie beispielsweise Konrad Adenauer war er aber auch wieder nicht.. Leben und politische Karriere erzählt der Autor zwar ohne Auslassungen chronologisch, doch die Lektüre macht das für Sturm nicht einfacher, zumal die zwei Bände mit "sprachlichen Unzulänglichkeiten" und unfreiwilliger Komik glänzen. Am besten hat Sturm gefallen, dass der Autor sich im Nachwort überschwänglich für das "akribische Korrektorat" bedankt. Tolle Satire, findet er.
© Perlentaucher Medien GmbH
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