„Neuankömmlinge haben es verdient, dass man sie herzlich aufnimmt“ – irgendwie klappt das auf der kornischen Insel St. Agnes (die wildeste und geheimnisvollste der Scilly-Inseln) nicht mehr so wirklich gut, zumindest nicht in „Kalt flüstern die Wellen“ von Kate Penrose, dem dritten Band der Reihe um
den Ermittler Ben Kitto. Die Geschichte beginnt am 5. November. Guy-Fawkes-Night oder Bonfire Night…mehr„Neuankömmlinge haben es verdient, dass man sie herzlich aufnimmt“ – irgendwie klappt das auf der kornischen Insel St. Agnes (die wildeste und geheimnisvollste der Scilly-Inseln) nicht mehr so wirklich gut, zumindest nicht in „Kalt flüstern die Wellen“ von Kate Penrose, dem dritten Band der Reihe um den Ermittler Ben Kitto. Die Geschichte beginnt am 5. November. Guy-Fawkes-Night oder Bonfire Night (dem 5. November), Ben Kittos 35. Geburtstag. Der Tag wird traditionell mit Feiern, Feuer und Feuerwerk begangen. Hier nimmt er aber ein jähes Ende, als in der Asche einer heruntergebrannten Feuerstelle menschliche Überreste gefunden werden. Schnell stellt sich heraus, dass der Tote ein „Eindringling“ in die Idylle der Insel war. Und auch weitere „Zugereiste“ werden bedroht, Nachrichten in kornischer Sprache machen klar: Fremde sind hier nicht willkommen. Und selbst Ben, der ursprünglich von der Insel stammt, ist nicht sicher, denn er hat lange auf dem Festland gelebt und gehört nicht mehr wirklich zur verschworenen Gemeinschaft der alteingesessenen Insulaner, aber „Die Gemeinschaft überlebt nur, wenn wir uns gegenseitig unterstützen.“
Der Vorteil beim Mord auf einer Insel ist für die Ermittler ganz klar: es ist eine überschaubare Anzahl an Verdächtigen und keiner kann weg. Nachteil: jeder kennt jeden - und keiner kann weg, also ist der Mörder auf jeden Fall noch vor Ort. Und verdächtig ist praktisch jeder, der auf der Insel ist.
Erzählt wird die Geschichte flott und sprachlich unkompliziert. Die Übersetzung ist gelungen, bis auf den Ausdruck „offene Wirbelsäule“ für spina bifida (im Deutschen wird umgangssprachlich „offener Rücken“ verwendet). Allerdings werden die Ränge der Polizeibeamten (wie im Englischen üblich) nur abgekürzt und nicht zu Anfang erklärt. Ich kenne sie, aber ob der durchschnittliche Leser darin so firm ist, weiß ich nicht. Die Geschichte wird in zwei Handlungssträngen erzählt, aus Sicht von Ben Kitto (in der Ich-Form) und aus der eines der Hauptverdächtigen, des „Vogelmannes“ Jimmy Curwen, eines geheimnisvollen, eher schlichten Gemüts, eines „Freaks“, dieser Strang aber aus Sicht eines außenstehenden Erzählers. Die Charaktere sind von der Autorin gut herausgearbeitet und lebendig beschrieben. Mein Favorit ist eindeutig Jimmy Curwen, seine zurückhaltende Art und seine Liebe zu Vögeln hat mich berührt, vor allem, da er selbst ein bisschen wirkt wie ein aus dem Nest gefallenes Vogeljunges. Und auch die Kriminaltechnikerin Liz Gannick konnte mit ihrem Motto „meine Loyalität gehört den Toten, nicht den Lebenden“ bei mir absolut punkten.
Die Autorin beschreibt die düstere und mystische Landschaft ganz hervorragend und gibt der Geschichte einen ganz speziellen Reiz. Zwar ist die Handlung an sich nicht übermäßig spannend, sie folgt eher Schema-F mit Opfer, Ermittlung, Irrungen, Wirrungen und Lösung, aber die Landschaft und vor allem die Menschen auf der Insel und ihre Eigenheiten tragen viel dazu bei, dass das Buch dann doch eine unterhaltsame Lektüre wurde. Die Kauzigkeit der „Alteingesessenen“ und ihr Misstrauen, sogar Hass, Fremden gegenüber wird von der Autorin sehr gut beschrieben.
Das Buch ist konzeptionell ein solider Krimi. Handfest und bodenständig, so, wie ich mir die Einwohner der Insel vorstelle, auf der die Geschichte spielt. Allerdings schafft es die Autorin nicht, mich mit ihrer Geschichte zu packen. Zwar hat sie alles, was ein Krimi braucht, mir fehlte aber die Spannung, die war zwar unterschwellig konstant vorhanden, aber für mich nie wirklich hoch. Und irgendwo zwischen Argwohn Fremden gegenüber, Angst vor Veränderungen, Familienstreitigkeiten und alten, verkrusteten Traditionen habe ich fast die Lust verloren, weiterzulesen. Es ist nicht wirklich langweilig, aber halt leider auch eher latent spannend. Die Geschichte plätschert ein bisschen dahin. Der Schluss hat mich ziemlich überrascht, ist aber stimmig. Wegen der leider nur latent vorhandenen Spannung vergebe ich 3 von 5 Sternen.