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Otfried Höffe führt in diesem Buch Schritt für Schritt durch Kants praktische Philosophie. Der erste Teil stellt die vier Antriebskräfte vor, die Kant zu seiner praktischen Philosophie motivierten und die bis heute aktuell sind: Aufklärung, Kritik, Moral und Kosmopolitismus. Dann zeigt Höffe im zweiten Teil, inwiefern Kant die Moralphilosophie revolutionierte, und erläutert im dritten Teil die Provokationen, die in Kants praktischer Philosophie liegen. Die weiteren Teile befassen sich mit der Politischen Philosophie, der Geschichtsphilosophie und Kants Denken über Religion und über Erziehung.…mehr

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Produktbeschreibung
Otfried Höffe führt in diesem Buch Schritt für Schritt durch Kants praktische Philosophie. Der erste Teil stellt die vier Antriebskräfte vor, die Kant zu seiner praktischen Philosophie motivierten und die bis heute aktuell sind: Aufklärung, Kritik, Moral und Kosmopolitismus. Dann zeigt Höffe im zweiten Teil, inwiefern Kant die Moralphilosophie revolutionierte, und erläutert im dritten Teil die Provokationen, die in Kants praktischer Philosophie liegen. Die weiteren Teile befassen sich mit der Politischen Philosophie, der Geschichtsphilosophie und Kants Denken über Religion und über Erziehung. Verfaßt von einem der besten Kenner, führt das Buch systematisch in einen der wichtigsten Bereiche von Kants Philosophie ein und setzt deren Grundgedanken in Beziehung zu den heutigen Debatten.

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Autorenporträt
Otfried Höffe, Gastprofessor für Rechtsphilosophie an der Universität St. Gallen, war bis zu seiner Emeritierung ordentlicher Professor für Philosophie an der Universität Tübingen. Er leitet die Forschungsstelle Politische Philosophie und ist Mitherausgeber der «Zeitschrift für philosophische Forschung» und Herausgeber der Reihe «Denker».
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.07.2015

Der Raubbau begann in Babylon
Otfried Höffe observiert in „Kritik der Freiheit“ Grundfragen der modernen Gesellschaft – im philosophischen Überflug
Der Erfindergeist der Gebrüder Montgolfier hat 1783 einen Menschheitstraum wahr werden lassen. Sie befreiten den Menschen von der Erdenschwere und ermöglichten ihm durch Überlistung der Natur als Landtreter zu fliegen. Parallel zu diesem Freiheitsgewinn gegenüber den natürlichen Gegebenheiten des Lebens waren mannigfaltige politische, soziale und geistige Freiheitsbewegungen am Werk.
  In Amerika vollzog sich eine politische Revolution in der Gründung einer neuen Ordnung der Freiheit, im Zuge der Französischen Revolution wurde das Menschenrecht auf Freiheit deklariert. Zeitgleich revolutionierte der Philosoph Immanuel Kant das Denken und errichtete ein kritisch-idealistisches Gebäude philosophischer Vernunft, dessen Schlussstein die Freiheit sei; indessen der schottische Aufklärer Adam Smith ein ökonomisches System der natürlichen Freiheit konzipierte. Man wird dem Tübinger Philosophen Otfried Höffe daher zustimmen können, wenn er in seinem neuesten Buch in der Freiheit einen Schlüsselbegriff der westlichen Moderne erblickt. Es geht ihm darin grundlegend um die Verbindung der anthropologischen mit der epochalen Bedeutung der Freiheit.
  Die großen Freiheitsversprechen aber am Anfang der Aufklärung ließen sich nicht uneingeschränkt einlösen. Bald schon setzte Ernüchterung ein, denn die neue Freiheit ging mit neuen Risiken einher. Allen Gewinnen der Moderne standen auch Verluste gegenüber. Die Freiheitsskepsis wuchs. Allenthalben seien daher der Freiheit um der Freiheit willen Grenzen zu setzen. Otfried Höffe zählt zu jenen in der deutschen Philosophenzunft der Gegenwart, die gleichwohl in einer reflektierten und bescheidener gewordenen Form am liberalen Geist der Freiheit festhalten. Die Versprechen sind indes kleiner geworden, dafür realistischer. Ein „aufgeklärter“ oder „regenerativer Liberalismus“ wechselt das Freiheitspathos der Aufklärung in kleine Münze.
  Kritik der Freiheit – der Titel weckt also Erwartungen. Seit Kant gehören philosophische Werke solchen Namens in die Rubrik De Profundis, sind Erkundungen aus den Tiefen menschlicher Weltweisheit. Und vom Grundproblem der Moderne soll das Buch ja auch handeln. Das verspricht der Untertitel. Nach wenigen Seiten schon wird der Anspruch ermäßigt: Keine Grundlegung für ein neues Denken der Freiheit, sondern ein Essay soll es sein. Aber auch diese Einschätzung wird dem Werk nicht wirklich gerecht. Otfried Höffe hat eher ein eigenes Genre kreiert, die philosophische Ballonfahrt.
  In beachtlicher Höhe schweben Autor und Leser über die Probleme der Freiheit hinweg. Bedächtig wechseln die Themenlandschaften, und es ist beeindruckend, mit welcher frappanten Übersicht Otfried Höffe, ganz Elder Statesman der Philosophie, die sich ausbreitenden Bezirke philosophischer Freiheitsdebatten erklären kann, dabei ebenso auf systematische Ordnung wie auf argumentative Verständlichkeit bedacht.
  Da ist zunächst die Freiheit von Naturzwängen durch technische Naturbeherrschung, durch die Errungenschaften der modernen Medizin sowie durch die innere Kultivierung des Menschen mittels einer freiheitsverpflichteten Erziehung; da sind soziale und ökonomische Freiheiten, die zu einem Lob einer ökosozialen Marktwirtschaft gebündelt werden. Zu den markantesten Freiheitsphänomenen zählen auch Kunst und Wissenschaft. Schließlich schwenkt der Blick hinüber zum weiten Feld der politischen sowie der personal-privaten Freiheit, zum Datenschutz, zur Rolle freier Medien in der Demokratie und zur autonomen Lebensführung. Sie wird bekräftigt gegen die Erklärungen der Neurowissenschaften, dass die Freiheit des Menschen pure Illusion sei.
  Ein nicht zu unterschätzender Preis der menschlichen Freiheit jedoch, so Höffe, bestehe zunächst in der kleinen Not, sich entscheiden zu müssen, darüber hinaus, ernster schon, gebe es den möglichen Missbrauch von Freiheit bis hin schließlich zur „radikalen Perversion der Freiheit“, dem Bösen. Es firmiert im Buch unter dem dann doch leicht missverständlichen Titel: der große Preis der Freiheit.
  Im Themenreichtum der Philosophie der Freiheit, die das Buch präsentiert, klafft gleichwohl eine eigenartige Lücke: die Freiheit, die Menschen in der symbolischen Form der Religion erfahren können. Dabei ist die Moderne kein rein säkulares Zeitalter, wie es einmal schien. Die Götterdämmerung wurde bekanntlich abgesagt.
  Während für Hegel die Religion noch neben Kunst und Philosophie eine Gestalt des absoluten Geistes bildete, hat der Tübinger Gegenwartsphilosoph sie offenbar in seiner Freiheitsbilanz storniert. Gleichwohl birgt auch die Religion ein Freiheitsversprechen, wenngleich offenkundig, wie in jeder anderen Sphäre auch, ein ambivalentes. Nicht allein zählte die Religionsfreiheit zu den frühen Menschenrechten und hat der Idee der Menschenrechte mächtige Schubkraft verliehen. Religiöse Überzeugungen und Lebensformen können zudem von jener überanstrengenden Motivationslogik befreien, nach der es gilt, sein Leben in athletischer Selbstvervollkommnung und im luxurierenden Genuss weltlicher Güter auf Teufel komm raus zu verwirklichen. Schließlich vermag die religiöse Poesie des Lebens ein Grundvertrauen zu verleihen, das auch zu einer freien Hinwendung zum jeweiligen Nächsten befähigt.
  Viele der politischen Positionen Otfried Höffes dürfen mit Zustimmung rechnen ohne argumentative Überzeugungsarbeit. Ein Sozialstaat, der gerecht sein wolle, dürfe Elternschaft rentenpolitisch nicht bestrafen. Richtig. Eine sozial verantwortliche Gesellschaft erforsche nicht nur die Ursachen von Suiziden. Sie ergreife auch Präventionsmaßnahmen und versuche, den Menschen, die in seelische Not geraten, zu helfen. Unbedingt. Auch das Plädoyer für eine Bürgergesellschaft und für Bürgersinn gegen die Gefahr der „Auszehrung einer lebendigen Demokratie durch wachsenden Staatseinfluss“ verdient zweifellos ungeteilte Zustimmung.
  Aus großer Höhe betrachtet, beginnen manche Phänomene sich bisweilen auf sonderbare Weise zu ähneln. Otfried Höffe argumentiert dafür, die Sorgen, die mit der modernen Technik verbunden sind, nicht zu übertreiben. Verstehe man Technik als „Veränderung der Natur zum eigenen Nutzen“, dann sei sie grundsätzlich auch nichts anderes als Atmung und Verdauung, auch wenn moderne Zivilisationen darüber weit hinausgingen. Nun ja. Rücksichtsloser Raubbau an der Natur beginne nicht erst in der Neuzeit, sondern schon im alten Babylon. Die Neuzeit dürfe daher nicht überschätzt werden, auch nicht in ihren Gefährdungen. „Grundsätzlich betrachtet leistet die neue Technik nur dasselbe wie die Steinzeitkulturen und deren Vorgänger.“ Die Technikskepsis eines Martin Heidegger etwa überzeuge daher nicht.
  Grundsätzlich betrachtet, hat der Freund des technischen Zivilisationsfortschritts ja recht. Wer Zahnschmerzen hat, wird froh sein, heutzutage zu einer Zahnärztin gehen zu können, die ihr Handwerk und das Verfahren der Lokalanästhesie beherrscht, statt zum Dorfschmied. Um den Miesmachern der Moderne von Beginn an den Wind aus den Segeln zu nehmen, werden die Freiheitsgewinne durch die wissenschaftliche und technische Beherrschung der Natur auf der Habenseite verbucht, ihre Kehrseite aber nicht im gleichen Maße ernst genommen. Zwar gehe mit der modernen Technik auch das „berühmt-berüchtigte Thema der Großrisiken einher“, aber per Saldo überwögen die Chancen die Risiken doch. Nicht nur daraus spricht ein gerüttelt Maß rheinischen Verfassungsoptimismus. Es kommt, wie es kommt, und bisher ist es noch immer gut gegangen.
  Die philosophische Ballonfahrt führt hinein in eine stimmungsvolle Abenddämmerung der Aufklärung, in deren Licht die Krisen der Moderne und die Herausforderungen der Gegenwart angenehm weich gezeichnet werden. Der Alltagsphilosoph Wilhelm Schmid schrieb einmal, das Einverständnis mit dem Leben könne alle Beschwernisse des Alters überwiegen. Otfried Höffe übersetzt diese Lebensweisheit in eine liberal-gelassene Theorie von Staat und Gesellschaft, Mensch und Welt. Seine Philosophie der Freiheit ist von großer Gelehrsamkeit und magistraler Ausgewogenheit, doch sie verleiht dem Geist des Lesers keine Flügel.
DIRK LÜDDECKE
Otfried Höffe: Kritik der Freiheit. Das Grundproblem der Moderne. C. H. Beck Verlag, München 2015. 398 Seiten, 29,95 Euro. E-Book 24,99 Euro.
Nach der Aufklärung setzte bald
Ernüchterung ein. Allen Gewinnen
standen Verluste gegenüber
Im Grunde fungiert die moderne
Technik auch nicht anders
als Atmung und Verdauung
In dieser Abenddämmerung der
Aufklärung sind moderne Krisen
angenehm weich gezeichnet
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.07.2015

Visionen der Weltrepublik
Antizyklisch: Otfried Höffe bilanziert die Moderne

Wo doch die Krise nicht endet, Europa am Ende ist und die Welt sowieso: Wie kann da ein Intellektueller die Moderne preisen? Der Philosoph Otfried Höffe tut es, sorgfältig differenzierend mit wohlgesetzten Punkten und Unter-Punkten, sowohl die Gegenargumente der Tierliebhaber und Hirnforscher berücksichtigend als auch die Risiken verrückt gewordener Banker bedenkend. Sein Argument erweist sich allen Differenzierungen zum Trotz als bemerkenswert schlicht: Die Freiheit ist das höchste Gut des Menschen, und die Moderne bringt die Freiheit zur Blüte. Daher fällt die Bilanz der Moderne gut aus.

Seine These überprüft Höffe auf fünf Feldern: Freiheit von Naturzwängen, Freiheit in der Wirtschaft, Freiheit in Wissenschaft und Kunst, politische Freiheit und schließlich personale Freiheit. Dabei stellt er in philosophisch versierten Gedankengängen fest, was sich auch mit bloßem Auge erkennen lässt. Die Medizin bringt neben allen Gefahren letztlich mehr Freiheit, weil sie Krankheiten bekämpft und eine um viele Jahre gestiegene Lebenserwartung ermöglicht. Politisch hat sich in der Moderne ein aufgeklärter Liberalismus durchgesetzt, der die Menschenrechte achtet und die Schwachen schützt. Bei allen Rückschlägen erhält das Völkerrecht mehr und mehr Einfluss. Die Marktwirtschaft bietet Anreize zu Höchstleistungen, zugleich beschert sie einer breiten Bevölkerung einen nie zuvor gekannten Wohlstand und trägt mit dem von ihr produzierten Reichtum wesentlich dazu bei, dass sich die weltweite Armut in den letzten Jahren halbiert hat. Ganz nebenbei - aber immerhin - erwähnt Höffe eine der größten Leistungen der Moderne: die Emanzipation der Frau.

Höffe beansprucht nicht, originell zu sein. Völlig zu Recht. Auch seine selbstgesteckte Aufgabe, die Freiheit neu zu vermessen, ist eine aufklärerische Grundhaltung: die Selbstkritik. Kant rief zur Befreiung aus der selbst-, nicht aus der fremdverschuldeten Unmündigkeit auf, und die Dynamik der Moderne ließe sich ohne den Motor der Selbstkritik gar nicht verstehen. So untersucht Höffe nicht nur die Leistungen, sondern auch die Gefahren der Freiheit und plaziert bei Bedarf ein Warnschild, etwa bei der wachsenden Ungleichheit, bei der Umweltzerstörung oder bei fehlender Generationengerechtigkeit. Freiheit kann eben immer nur mit Selbstbeschränkung funktionieren, sonst verkommt sie zur Freiheit der wenigen und verrät die Gleichheit.

Freiheit und Moderne sind für Otfried Höffe ein andauerndes Projekt. Daher wirbt der Philosoph zuletzt für eine Weltrepublik, in der die Freiheit aller Menschen geachtet wird, die den Finanzmarkt mit einem eigenen Völkerrecht zügelt und der Umweltzerstörung Einhalt gebietet. Um Hörsäle und Suhrkamp-Bände zu füllen und intellektuelle Debatten zu elektrisieren, bedarf es antikapitalistischer Diagnosen und beschworener Apokalypsen des Abendlandes. Dazu ist Höffes tapferer Freiheitsessay einfach zu optimistisch. Nach Faktenlage besitzt seine Analyse aber mehr Plausibilität. Weltrepublik-Visionen statt Weltuntergangs-Diskurse: Das ist dann doch originell.

HEDWIG RICHTER.

Otfried Höffe: "Kritik der Freiheit". Das Grundproblem der Moderne.

Verlag C. H. Beck, München 2015. 398 S., geb., 29,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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