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Karel Capek (1890-1938), Schriftsteller, Dramatiker, Kritiker und Journalist in einer Person, gehört zu den wichtigsten und bekanntesten Repräsentanten der literarischen Moderne Osteuropas. Weniger bekannt ist hingegen die philosophische Dimension seines facettenreichen Œuvres. Capek studierte Philosophie und Kunstgeschichte in Berlin (1910-11), Paris und Prag. Aus einer während der Studienzeit verfaßten Arbeit zum amerikanischen Pragmatismus entstand 1918 und später 1925 in der zweiten und ergänzten Auflage die philosophische Abhandlung „Pragmatismus oder die Philosophie des praktischen…mehr

Produktbeschreibung
Karel Capek (1890-1938), Schriftsteller, Dramatiker, Kritiker und Journalist in einer Person, gehört zu den wichtigsten und bekanntesten Repräsentanten der literarischen Moderne Osteuropas. Weniger bekannt ist hingegen die philosophische Dimension seines facettenreichen Œuvres. Capek studierte Philosophie und Kunstgeschichte in Berlin (1910-11), Paris und Prag. Aus einer während der Studienzeit verfaßten Arbeit zum amerikanischen Pragmatismus entstand 1918 und später 1925 in der zweiten und ergänzten Auflage die philosophische Abhandlung „Pragmatismus oder die Philosophie des praktischen Lebens". Diese Veröffentlichung führte dazu, dass Capek im tschechischen Kulturleben zu Beginn des 20. Jahrhunderts nicht nur als Schriftsteller, sondern gleichermaßen als Philosoph wahrgenommen wurde. Das Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, im Wege der Rekonstruktion der Hauptgedanken in Capeks philosophischer Abhandlung die Philosophie und Literaturwissenschaft miteinander zu verknüpfen. Der Ausgangspunkt der Arbeit ist Capeks Auseinandersetzung mit den wichtigsten Repräsentanten des klassischen Pragmatismus, den Philosophen William James und John Dewey. Im Unterschied zu vergleichbaren Versuchen geht es hier nicht um eine Zusammenfassung der im Capeks Werk vorfindbaren Philosopheme, sondern um die Analyse der impliziten Philosophie des Pragmatismus auf der narrativen Ebene. Das Verhältnis von Poetik und Philosophie stellt sich in den untersuchten Werken unterschiedlich dar. Während der Bezug zum Pragmatismus in „Gottesmarter“ durch allegorische und intertextuelle Verfahren hergestellt wird, entsteht er in den „Erzählungen aus der einen und der anderen Tasche“ indirekt: Die Philosophie kommt hier als Inspirationsquelle für Motiventwicklungen sowie Neuinterpretationen traditioneller Gattungen wie der Detektivgeschichte zum Tragen. In beiden Werken kommt als Leitmotiv die Kritik am Rationalismus als eines einseitig verabsolutierten Vernunft- und Erkenntnisideals zum Ausdruck. Der Autor verknüpft diese Kritik mit der Poetik der Detektivgeschichte, in der die Helden allgemein als Chiffre naturwissenschaftlicher Entlarvungsmethodik auftreten. Der Titelbegriff „noetische Detektion“ weist darauf hin, dass hier die Suche nach einer Wahrheit dargestellt wird, die dem rationalistischen Zugang verwehrt bleibt. Die Analyse führt zu zwei Erkenntnissen: Zunächst sind in vielen Erzählungen konkrete Einsichten aus Capeks Pragmatismus-Abhandlung zu finden, die er als Motive oder thematische Komplexe in unterschiedlichsten Variationen in das Handlungsgewebe integriert. In einigen Fällen strukturieren die gewonnenen Einsichten sogar die Handlung. Außerdem manifestiert sich der Einfluss des Pragmatismus in den „Erzählungen aus der einen und der anderen Tasche“ auch ironisch. Der Autor entwickelt hier eigene Einsichten weiter und instrumentalisiert die ursprünglichen Philosopheme für die Entfaltung neuer Erzählsujets.
Autorenporträt
Alexander Borais, Jahrgang 1969, Studium der Slavistik (Russistik und Bohemistik), Neueren Deutschen Literatur und Soziologie an der Universität Hamburg. Abschluss mit einer Arbeit über Karel Čapek. Promotionsstipendium der Universität Hamburg von 2002 bis 2004. Er lebt und arbeitet in Berlin.