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Der Wiener Publizist Karl Kraus (1874-1936) war eine zentrale Figur der europäischen Moderne. Sein monumentales Werk umfasst nicht nur Essays, Aphorismen, Gedichte und Dramen, erschienen großteils auf den tausenden Seiten seiner Zeitschrift Die Fackel, sondern auch hunderte Vorlesungen, Radiosendungen, Plakatkampagnen und Rechtsfälle. Er prägte seine Zeit ebenso, wie sie ihn prägte, etwa in dem Antikriegsdrama Die letzten Tage der Menschheit und der Dritten Walpurgisnacht, seiner frühen Analyse des Nationalsozialismus. Die Kraus'sche Medienkritik, sein präzises Sprachdenken und aufklärerischer…mehr

Produktbeschreibung
Der Wiener Publizist Karl Kraus (1874-1936) war eine zentrale Figur der europäischen Moderne. Sein monumentales Werk umfasst nicht nur Essays, Aphorismen, Gedichte und Dramen, erschienen großteils auf den tausenden Seiten seiner Zeitschrift Die Fackel, sondern auch hunderte Vorlesungen, Radiosendungen, Plakatkampagnen und Rechtsfälle. Er prägte seine Zeit ebenso, wie sie ihn prägte, etwa in dem Antikriegsdrama Die letzten Tage der Menschheit und der Dritten Walpurgisnacht, seiner frühen Analyse des Nationalsozialismus. Die Kraus'sche Medienkritik, sein präzises Sprachdenken und aufklärerischer Witz haben das kritische Denken weltweit beeinflusst und zeigen bis heute, was es heißt, ein öffentlicher Akteur zu sein.¿


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Autorenporträt
Katharina Prager, Mag. DDr., arbeitet als Historikerin und Kulturwissenschaftlerin im Bereich Digital Humanities an der Wienbibliothek im Rathaus und dem dortigen Karl Kraus-Archiv. Simon Ganahl, Mag. DDr., forscht und lehrt als Literatur- und Medienwissenschaftler mit einem Fokus auf Digital Humanities u.a. an der Universität Wien. Unter Mitarbeit von Isabel Langkabel und Johannes Knüchel.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Spätestens jetzt, da ihm der Metzler-Verlag ein Handbuch widmet und ihn neben Lessing, Kant, Bach und Thomas Mann einreiht, dürfte Karl Kraus es geschafft haben, konstatiert Rezensent Jens Malte Fischer. Das Handbuch, herausgegeben von Simon Ganahl und Katharina Prager, bietet einige neue Erkenntnisse, selbst für Kraus-Kenner, versichert der Kritiker: Etwa zu Herkunft, Bildungsweg oder Essayistik von Kraus. Den größten Teil seiner Kritik widmet Fischer aber jenen Beiträgen, die ihn wirklich ärgern: Etwa wenn Joseph Wälzholz Kraus in einem Text vorwirft, er habe den Ersten Weltkrieg verpennt, weil er mit einer schwierigen Affäre beschäftigt war - oder wenn Wälzholz in einem anderen Text Kraus' Eintreten für Engelbert Dollfuß wenig differenziert darstellt. Auch das Fehlen von Abschnitten zu Kraus und den Dreißiger Jahren, oder zu Kraus' Haltung zur Psychoanalyse oder zum Judentum, stört Fischer. Zudem dürfte nicht jeder Leser in österreichischer Geschichte so bewandert sein, wie es die österreichischen AutorInnen voraussetzen. Dennoch: Die Glanzlichter in diesem Handbuch trösten den Rezensenten darüber hinweg und so hält das Werk für "unverzichtbar".

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.12.2022

Karl Kraus lesen

Handbücher sind dazu da, den Stand der Forschung zu einem Gegenstand übersichtlich darzustellen. Die Stimmen ihrer Mitarbeiter dabei deutlich hervortreten zu lassen, dazu ist diese Form eigentlich kaum gedacht. Insofern schlägt sich das neue Handbuch zu Karl Kraus eher auf die Seite der Ausnahmen in diesem Genre. Es ist weit vielstimmiger als eine Sammlung wohldiszipliniert ausgewogener Literaturübersichten zu Facetten von Leben und Werk. Zwar stecken in ihm diese Übersichtsartikel durchaus - manche von ihnen exquisit komponierte und auch mit neuen Quellen versehene Zusammenschauen -, aber einige reagieren recht bestimmt auf früh angelegte und immer wieder revitalisierte Frontstellungen in der Auseinandersetzung um Kraus.

Heikle Punkte, insbesondere natürlich Kraus' späte Parteinahme für den Austrofaschismus in Gestalt des von ihm als vermeintlich einzigem Retter gegen Hitler verehrten Engelbert Dollfuß, verknüpft mit einer gnadenlosen Polemik gegen die österreichische Sozialdemokratie, oder auch die immer einmal wieder aufgeworfene Frage, wie nun genau sein Verhalten bei Kriegsbeginn 1914 ausgesehen hat, werden direkt thematisiert - und das vor allem nicht einfach in defensiver Absicht, wie es unter gestandenen Kraus-Interpreten, vulgo "Krausianern", oft gepflogen wurde. Es ist da ein Handbuch zustande gekommen, das zwar nicht ein so breites Publikum interessieren kann wie Jens Malte Fischers vor vier Jahren erschienene Biographie, die selbst einige Züge eines Handbuchs hat. Aber gerade seine Vielstimmigkeit bei gleichzeitiger Vermeidung eines allzu kleinteiligen Aufbaus, der die Beiträge in den Hauptabschnitten zu Leben, Werk, Kontexten und Rezeption strukturiert, empfiehlt es auch Kraus-Lesern jenseits akademischer Verarbeitungsabsichten. HELMUT MAYER

"Karl Kraus- Handbuch". Leben - Werk - Wirkung.

Hrsg. von K. Prager und S. Ganahl.

Metzler Verlag, Heidelberg 2022. 545 S., geb., 99,99 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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