Ausgezeichnet mit dem Peter-Härtling-Preis 2019.
Robin, 15, ist pubertär, einsam und gelangweilt, als er Leo trifft, der so cool und selbstsicher ist, wie es Robin gern wäre. Leo verführt ihn zum Rauchen, Kiffen, Saufen. Sie lernen Anna und Karla kennen. Und durch Karla erfährt Robin, was ein richtiger Rausch ist, körperlich und geistig. Während Leo unverändert gelassen bleibt, stürzt Robin ab. Robin erzählt die Geschichte seines Absturzes, direkt, schonungslos. Er teilt Leo alle seine Ängste und Hoffnungen mit. Erst am Ende wird er merken, dass das noch lange nicht alles war, dass seine Realität eine andere ist. Und, dass Leo vielleicht gar nicht so über den Dingen steht, wie Robin glaubt.
Robin, 15, ist pubertär, einsam und gelangweilt, als er Leo trifft, der so cool und selbstsicher ist, wie es Robin gern wäre. Leo verführt ihn zum Rauchen, Kiffen, Saufen. Sie lernen Anna und Karla kennen. Und durch Karla erfährt Robin, was ein richtiger Rausch ist, körperlich und geistig. Während Leo unverändert gelassen bleibt, stürzt Robin ab. Robin erzählt die Geschichte seines Absturzes, direkt, schonungslos. Er teilt Leo alle seine Ängste und Hoffnungen mit. Erst am Ende wird er merken, dass das noch lange nicht alles war, dass seine Realität eine andere ist. Und, dass Leo vielleicht gar nicht so über den Dingen steht, wie Robin glaubt.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.07.2021Mit dem Zug ins Glück
Wie man zum Wolf wird, durch die Welt reist, arrogante Oberkellner ignoriert und mit dem Leid der Schwester zurechtkommt: Kinder- und Jugendbücher für die Sommerferien, vorgestellt von Tilman Spreckelsen
Die Suche nach der verirrten Katze
Der Wald ist eine Guckkastenbühne, ein Farbfleck in einer matten Landschaft, und die beiden Jungen, die ihn durch eine quadratische Öffnung im linken Seitenteil betreten, sind voller Erwartung. Vor der Bühne ist eine Bank für die Zuschauer, daneben ein Abfallbehälter, an dem ein Zettel hängt, auf dem nach einer vermissten Katze gesucht wird. Könnte das vielleicht diejenige sein, die mitten auf der Bühne auf einem Baumstumpf hockt? Die Brüder jedenfalls nähern sich ihr und verwandeln sich gemeinsam in einen Wolf, doch das Angebot, die verirrte Katze aus dem Wald zu bringen, stößt verständlicherweise auf deren Misstrauen. Auch als Brieftaube haben die Brüder keinen Erfolg. Bis sich das Blatt wendet und alle drei aus den Rollen fallen.
Den Text des 2014 verstorbenen Jürg Schubiger hat Eva Muggenthaler in zauberhaft kleinteilige Bilder überführt, die jedes für sich eine ganze Reihe von eigenen Geschichten erzählen. Den eigentlichen Text stellt das nicht in den Schatten, sondern leuchtet ihn aus allen Richtungen aus. Er erweist sich als glänzender Ausgangspunkt für die zeichnerische Interpretation. Und stellt nebenbei eine Frage, die Menschen jeden Alters stellen könnten: Wer muss ich sein, um dein Interesse zu wecken und dich dazu zu bringen, mir zu vertrauen?
Jürg Schubiger, Eva Muggenthaler: "Mein Bruder und ich und die Katze im Wald". Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2021. 24 S., geb., 15 Euro. Ab 5 J.
Einmal Sibirien und zurück
"Es gibt viele gute Gründe, mit dem Zug zu fahren", so fängt das Buch an, und das Vorwort zählt sie dann auf: Züge sind praktisch als Verbindung von A nach B, sie sind sicher, zuverlässig und umweltfreundlich. All das ist richtig, aber zum Glück belässt es dieses prächtige Bilderbuch nicht dabei. Denn all die vernünftigen Gründe sind schnell vergessen, wenn es um - so der Untertitel des Buchs - "die schönsten Zugreisen aus aller Welt" geht, die hier opulent vorgestellt werden. Man möchte sofort einsteigen: in Zuglegenden wie den japanischen Shinkansen oder die Transsibirische Eisenbahn, den Glacier Express in den Alpen oder den nordamerikanischen Rocky Mountaineer. Oder in weniger bekannte Züge wie den Namibia Desert Express, der 354 Kilometer durch Wüstengebiete fährt.
Die Bilder zu den einzelnen Zügen verbinden Klarheit mit Treue zum Gegenstand, das Äußere der Züge ist auf das Wesentliche reduziert und dadurch leicht wiederzuerkennen. Daneben entsteht eine kleine Länderkunde der jeweils durchquerten Gebiete, zudem werden Himmelsphänomene wie Polarlichter und Mitternachtssonne knapp und effizient erläutert. Und so kommt die Vernunft durch die Hintertür doch noch zu ihrem Recht: Wer will nach dieser Lektüre noch mit dem Auto in den Urlaub fahren?
Ryan Johnson, Nathaniel Adams: "Reisen mit der Eisenbahn". Verlag Kleine Gestalten, Berlin 2020. 72 S., geb., 19,90 Euro. Ab 7 J.
Smilla mit dem grasgrünen Haar
Für das abendliche Pfannkuchenessen soll der kleine Tojok doch bitte in den Wald gehen und Beeren suchen, sagt seine Mutter, die Trollfrau. Drei habe er gefunden, sagt der Junge bei der Rückkehr. Und betritt das Haus dann mit drei hungrigen Bären im Schlepptau, für die der Teig nur knapp reicht - zum Glück gibt es ja noch den Honigtopf in der Kammer. Das Spiel mit der Sprache prägt seit jeher die Bücher des großen Kinderbuchautors Paul Maar, seine Reihe um das inzwischen schon zum Klassiker gewordene Sams verdankt sich überhaupt der Frage, was denn die einzelnen Wochentage so auszeichnet, besonders den zwischen dem freien und dem sonnigen Tag. Auch "Der kleine Troll Tojok", der drei Geschichten umfasst, ist üppig mit Reimen und Wortverdrehungen versehen, was aber nie aufgesetzt oder manieriert wirkt. Dass nebenbei Buchstaben aufs Schönste ins Bild gesetzt werden - das "M" zeichnet die Konturen eines spitzohrigen Katzenkopfs nach, das "O" ein hübsch ins Nest gebettetes Ei -, ist nicht nur hilfreich beim Lesenlernen, sondern vor allem auch ein Stilmittel, das in Paul Maars kolorierten Zeichnungen das gesamte Buch prägt.
Am Ende erweitert Tojok seinen Radius gewaltig, liebevoll durch Gewährenlassen unterstützt von seinen Eltern, er entdeckt, was sich hinter dem umgebenden Wald verbirgt, und lernt das Trollmädchen Smilla kennen, das ihn sehr beeindruckt - eine Überwältigung, der er sich nur mit einem selbstverfassten Gedicht stellen kann: "Smilla, du hast das grasgrünste Haar. / grasgrüner als unsere Wiese sogar", und so, in unbeholfener Größe nach dem richtigen Ausdruck suchend, geht das weiter. Auch das passt bestens in ein Buch, das überall zum spielerischen Welterobern ermutigt. Dass die Sprache dabei eines der besten Mittel darstellt, erschließt sich jungen wie alten Lesern rasch.
Paul Maar: "Der kleine Troll Tojok". Oetinger Verlag, Hamburg 2021. 133 S., geb., 13,- Euro. Ab 5 J.
Merke: Urlaub kann überall schön sein
Am Anfang, im April des Jahres, von dem Philip Waechter in seinem Comic "Toni will ans Meer" erzählt, steht eine große Enttäuschung: Tonis Mutter teilt ihrem Sohn mit, dass es in diesem Jahr mit dem Sommerurlaub nichts wird, weil das Geld dafür nicht reicht. Tonis Elan macht einer Verzweiflung Platz, für die Waechter ebenso schlichte wie eindringliche Bilder findet. Dann kommt Toni auf die Idee mit dem Preisausschreiben: Er deckt sich mit Magazinen ein, in denen es Urlaubsreisen zu gewinnen gibt, und gewinnt tatsächlich einen Urlaub in einem ländlichen Luxushotel. Aber wie soll man sich entspannen, wenn man das einzige Kind ist und vom arroganten Oberkellner ständig gemaßregelt wird - "Stopp, junger Mann! Merke: Im gesamten Hotel rennen wir nicht ... und wir achten stets auf eine angemessene Garderobe." Toni und seine Mutter fliehen zu einer Freundin, wo es zwanglos zugeht, und er erzählt davon mit wunderbaren Details. Etwa wenn Toni mit den beiden Mädchen Merle und Emma an den Badesee fährt, einen Frosch fängt und ihm dann die albernen Ermahnungen aus dem Hotel weitergibt: "Stopp, kleiner Frosch! Merke: In diesem See tragen wir für gewöhnlich Badehose!" Schließlich kommen sie doch noch ans Meer und sammeln unterwegs noch den Hund "Hundi" auf.
Aber warum fahren wir eigentlich in den Urlaub? Eine Antwort gibt das Schlussbild des Kapitels "Das Karussell", in dem Toni mit seiner Mutter nach einem langen Tag ins Gespräch über grundsätzliche Dinge kommt. "Findest du eigentlich, Profifußballer würde zu mir passen?", möchte Toni von seiner Mutter wissen und ob sie "froh" mit ihrem Leben sei. Die Mutter gibt die allerschönsten Antworten, und dann heißt es: "Als es schon langsam dunkel wurde, lag ich in unserer Hängematte, dachte an Hundi und meine Zukunft als Profifußballer und schlief ein."
Philip Waechter: "Toni will ans Meer". Verlag Beltz & Gelberg, Weinheim 2020. 66 S., geb., 14,95 Euro. Ab 8 J.
Wenn das Leben aus den Fugen gerät
Eines Tages trifft der 15 Jahre alte Robin einen Jungen, der anders ist als alle, die er kennt. Leo ist selbstsicher und erfahren, er bringt Robin dazu, die Schule zu schwänzen und dafür seine Tage im Stadtpark zu verbringen. Robin lernt zwei Mädchen kennen, die ihn auf unterschiedliche Weise faszinieren, und er macht einen Drogentrip durch, der ihn an seine Grenzen bringt, in jeder Hinsicht. All das schildert die Autorin Antje Herden mit großer Stilsicherheit, Empathie, Witz und literarischer Raffinesse, und wer das Buch bis zu seinem überraschenden Ende gelesen hat, wird sofort noch einmal von vorne anfangen, um die Ereignisse in ganz neuem Licht zu sehen und sich die Frage zu stellen, was das eigentlich war mit der Freundschaft zwischen Robin und Leo.
Der Roman nimmt seine jungen Leser vollkommen ernst, aber er zeigt auch, dass der Grat zwischen Experiment und Kontrollverlust mitunter nicht nur schmal ist, sondern auch lebensgefährlich. Und er lenkt den Blick der erwachsenen Leser auf die Rolle, die Eltern in einer solchen Geschichte einnehmen können - auf die Frage, wann man bemerkt, dass etwas aus den Fugen geraten ist, ob und wann man eingreifen soll und wie man einander danach noch in die Augen schauen kann.
Antje Herden: "Keine halben Sachen". Verlag Beltz & Gelberg, Weinheim 2019. 144 S., geb., 6,95 Euro. Ab 14 J.
Wann war es noch unbeschwert?
"Nichts ist mehr normal", sagt die namenlose Erzählerin in Sarah Michaela Orlovskys Buch "Eine halbe Banane und die Ordnung der Welt", und das ist nur zu berechtigt. Denn Barbara, die Schwester der Erzählerin, hat sich radikal verändert - vielleicht, wie die Erzählerin glaubt, durch die Freundschaft zu der exzentrischen Anne, vielleicht haben sich aber auch zwei gefunden, die beide irgendwann angefangen haben, mit ihren Körpern zu hadern, fanatisch Sport zu treiben und Nahrung weitgehend zu verweigern. Jetzt schließt sich Barbara in ihrem Zimmer ein und lässt niemanden an sich heran, die Eltern sind hilflos und schleichen sich nachts an ihre Tür, um zu hören, ob ihre Tochter noch lebt. Und ihre kleine Schwester, die den schmalen Roman in freien Versen erzählt, versucht es mit geteilter Erinnerung an Momente, in denen die Mädchen miteinander unbeschwert und wild waren, als Barbara sich noch ausschütten konnte vor Lachen über Katzenvideos und noch nicht überzeugt war von der Sinnlosigkeit aller Dinge.
Das Buch schildert eindrucksvoll, wie eine solche Krankheit aus der Perspektive der nächsten Angehörigen aussieht, vor allem aber lenkt es den Blick auf deren Ängste, auf die Wut und die tiefe Traurigkeit derer, die einen geliebten Menschen nicht mehr erreichen.
Sarah Michaela Orlovsky: "Eine halbe Banane und die Ordnung der Welt". Verlag Tyrolia, Innsbruck 2021. 60 S., geb., 12,95 Euro. Ab 12 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wie man zum Wolf wird, durch die Welt reist, arrogante Oberkellner ignoriert und mit dem Leid der Schwester zurechtkommt: Kinder- und Jugendbücher für die Sommerferien, vorgestellt von Tilman Spreckelsen
Die Suche nach der verirrten Katze
Der Wald ist eine Guckkastenbühne, ein Farbfleck in einer matten Landschaft, und die beiden Jungen, die ihn durch eine quadratische Öffnung im linken Seitenteil betreten, sind voller Erwartung. Vor der Bühne ist eine Bank für die Zuschauer, daneben ein Abfallbehälter, an dem ein Zettel hängt, auf dem nach einer vermissten Katze gesucht wird. Könnte das vielleicht diejenige sein, die mitten auf der Bühne auf einem Baumstumpf hockt? Die Brüder jedenfalls nähern sich ihr und verwandeln sich gemeinsam in einen Wolf, doch das Angebot, die verirrte Katze aus dem Wald zu bringen, stößt verständlicherweise auf deren Misstrauen. Auch als Brieftaube haben die Brüder keinen Erfolg. Bis sich das Blatt wendet und alle drei aus den Rollen fallen.
Den Text des 2014 verstorbenen Jürg Schubiger hat Eva Muggenthaler in zauberhaft kleinteilige Bilder überführt, die jedes für sich eine ganze Reihe von eigenen Geschichten erzählen. Den eigentlichen Text stellt das nicht in den Schatten, sondern leuchtet ihn aus allen Richtungen aus. Er erweist sich als glänzender Ausgangspunkt für die zeichnerische Interpretation. Und stellt nebenbei eine Frage, die Menschen jeden Alters stellen könnten: Wer muss ich sein, um dein Interesse zu wecken und dich dazu zu bringen, mir zu vertrauen?
Jürg Schubiger, Eva Muggenthaler: "Mein Bruder und ich und die Katze im Wald". Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2021. 24 S., geb., 15 Euro. Ab 5 J.
Einmal Sibirien und zurück
"Es gibt viele gute Gründe, mit dem Zug zu fahren", so fängt das Buch an, und das Vorwort zählt sie dann auf: Züge sind praktisch als Verbindung von A nach B, sie sind sicher, zuverlässig und umweltfreundlich. All das ist richtig, aber zum Glück belässt es dieses prächtige Bilderbuch nicht dabei. Denn all die vernünftigen Gründe sind schnell vergessen, wenn es um - so der Untertitel des Buchs - "die schönsten Zugreisen aus aller Welt" geht, die hier opulent vorgestellt werden. Man möchte sofort einsteigen: in Zuglegenden wie den japanischen Shinkansen oder die Transsibirische Eisenbahn, den Glacier Express in den Alpen oder den nordamerikanischen Rocky Mountaineer. Oder in weniger bekannte Züge wie den Namibia Desert Express, der 354 Kilometer durch Wüstengebiete fährt.
Die Bilder zu den einzelnen Zügen verbinden Klarheit mit Treue zum Gegenstand, das Äußere der Züge ist auf das Wesentliche reduziert und dadurch leicht wiederzuerkennen. Daneben entsteht eine kleine Länderkunde der jeweils durchquerten Gebiete, zudem werden Himmelsphänomene wie Polarlichter und Mitternachtssonne knapp und effizient erläutert. Und so kommt die Vernunft durch die Hintertür doch noch zu ihrem Recht: Wer will nach dieser Lektüre noch mit dem Auto in den Urlaub fahren?
Ryan Johnson, Nathaniel Adams: "Reisen mit der Eisenbahn". Verlag Kleine Gestalten, Berlin 2020. 72 S., geb., 19,90 Euro. Ab 7 J.
Smilla mit dem grasgrünen Haar
Für das abendliche Pfannkuchenessen soll der kleine Tojok doch bitte in den Wald gehen und Beeren suchen, sagt seine Mutter, die Trollfrau. Drei habe er gefunden, sagt der Junge bei der Rückkehr. Und betritt das Haus dann mit drei hungrigen Bären im Schlepptau, für die der Teig nur knapp reicht - zum Glück gibt es ja noch den Honigtopf in der Kammer. Das Spiel mit der Sprache prägt seit jeher die Bücher des großen Kinderbuchautors Paul Maar, seine Reihe um das inzwischen schon zum Klassiker gewordene Sams verdankt sich überhaupt der Frage, was denn die einzelnen Wochentage so auszeichnet, besonders den zwischen dem freien und dem sonnigen Tag. Auch "Der kleine Troll Tojok", der drei Geschichten umfasst, ist üppig mit Reimen und Wortverdrehungen versehen, was aber nie aufgesetzt oder manieriert wirkt. Dass nebenbei Buchstaben aufs Schönste ins Bild gesetzt werden - das "M" zeichnet die Konturen eines spitzohrigen Katzenkopfs nach, das "O" ein hübsch ins Nest gebettetes Ei -, ist nicht nur hilfreich beim Lesenlernen, sondern vor allem auch ein Stilmittel, das in Paul Maars kolorierten Zeichnungen das gesamte Buch prägt.
Am Ende erweitert Tojok seinen Radius gewaltig, liebevoll durch Gewährenlassen unterstützt von seinen Eltern, er entdeckt, was sich hinter dem umgebenden Wald verbirgt, und lernt das Trollmädchen Smilla kennen, das ihn sehr beeindruckt - eine Überwältigung, der er sich nur mit einem selbstverfassten Gedicht stellen kann: "Smilla, du hast das grasgrünste Haar. / grasgrüner als unsere Wiese sogar", und so, in unbeholfener Größe nach dem richtigen Ausdruck suchend, geht das weiter. Auch das passt bestens in ein Buch, das überall zum spielerischen Welterobern ermutigt. Dass die Sprache dabei eines der besten Mittel darstellt, erschließt sich jungen wie alten Lesern rasch.
Paul Maar: "Der kleine Troll Tojok". Oetinger Verlag, Hamburg 2021. 133 S., geb., 13,- Euro. Ab 5 J.
Merke: Urlaub kann überall schön sein
Am Anfang, im April des Jahres, von dem Philip Waechter in seinem Comic "Toni will ans Meer" erzählt, steht eine große Enttäuschung: Tonis Mutter teilt ihrem Sohn mit, dass es in diesem Jahr mit dem Sommerurlaub nichts wird, weil das Geld dafür nicht reicht. Tonis Elan macht einer Verzweiflung Platz, für die Waechter ebenso schlichte wie eindringliche Bilder findet. Dann kommt Toni auf die Idee mit dem Preisausschreiben: Er deckt sich mit Magazinen ein, in denen es Urlaubsreisen zu gewinnen gibt, und gewinnt tatsächlich einen Urlaub in einem ländlichen Luxushotel. Aber wie soll man sich entspannen, wenn man das einzige Kind ist und vom arroganten Oberkellner ständig gemaßregelt wird - "Stopp, junger Mann! Merke: Im gesamten Hotel rennen wir nicht ... und wir achten stets auf eine angemessene Garderobe." Toni und seine Mutter fliehen zu einer Freundin, wo es zwanglos zugeht, und er erzählt davon mit wunderbaren Details. Etwa wenn Toni mit den beiden Mädchen Merle und Emma an den Badesee fährt, einen Frosch fängt und ihm dann die albernen Ermahnungen aus dem Hotel weitergibt: "Stopp, kleiner Frosch! Merke: In diesem See tragen wir für gewöhnlich Badehose!" Schließlich kommen sie doch noch ans Meer und sammeln unterwegs noch den Hund "Hundi" auf.
Aber warum fahren wir eigentlich in den Urlaub? Eine Antwort gibt das Schlussbild des Kapitels "Das Karussell", in dem Toni mit seiner Mutter nach einem langen Tag ins Gespräch über grundsätzliche Dinge kommt. "Findest du eigentlich, Profifußballer würde zu mir passen?", möchte Toni von seiner Mutter wissen und ob sie "froh" mit ihrem Leben sei. Die Mutter gibt die allerschönsten Antworten, und dann heißt es: "Als es schon langsam dunkel wurde, lag ich in unserer Hängematte, dachte an Hundi und meine Zukunft als Profifußballer und schlief ein."
Philip Waechter: "Toni will ans Meer". Verlag Beltz & Gelberg, Weinheim 2020. 66 S., geb., 14,95 Euro. Ab 8 J.
Wenn das Leben aus den Fugen gerät
Eines Tages trifft der 15 Jahre alte Robin einen Jungen, der anders ist als alle, die er kennt. Leo ist selbstsicher und erfahren, er bringt Robin dazu, die Schule zu schwänzen und dafür seine Tage im Stadtpark zu verbringen. Robin lernt zwei Mädchen kennen, die ihn auf unterschiedliche Weise faszinieren, und er macht einen Drogentrip durch, der ihn an seine Grenzen bringt, in jeder Hinsicht. All das schildert die Autorin Antje Herden mit großer Stilsicherheit, Empathie, Witz und literarischer Raffinesse, und wer das Buch bis zu seinem überraschenden Ende gelesen hat, wird sofort noch einmal von vorne anfangen, um die Ereignisse in ganz neuem Licht zu sehen und sich die Frage zu stellen, was das eigentlich war mit der Freundschaft zwischen Robin und Leo.
Der Roman nimmt seine jungen Leser vollkommen ernst, aber er zeigt auch, dass der Grat zwischen Experiment und Kontrollverlust mitunter nicht nur schmal ist, sondern auch lebensgefährlich. Und er lenkt den Blick der erwachsenen Leser auf die Rolle, die Eltern in einer solchen Geschichte einnehmen können - auf die Frage, wann man bemerkt, dass etwas aus den Fugen geraten ist, ob und wann man eingreifen soll und wie man einander danach noch in die Augen schauen kann.
Antje Herden: "Keine halben Sachen". Verlag Beltz & Gelberg, Weinheim 2019. 144 S., geb., 6,95 Euro. Ab 14 J.
Wann war es noch unbeschwert?
"Nichts ist mehr normal", sagt die namenlose Erzählerin in Sarah Michaela Orlovskys Buch "Eine halbe Banane und die Ordnung der Welt", und das ist nur zu berechtigt. Denn Barbara, die Schwester der Erzählerin, hat sich radikal verändert - vielleicht, wie die Erzählerin glaubt, durch die Freundschaft zu der exzentrischen Anne, vielleicht haben sich aber auch zwei gefunden, die beide irgendwann angefangen haben, mit ihren Körpern zu hadern, fanatisch Sport zu treiben und Nahrung weitgehend zu verweigern. Jetzt schließt sich Barbara in ihrem Zimmer ein und lässt niemanden an sich heran, die Eltern sind hilflos und schleichen sich nachts an ihre Tür, um zu hören, ob ihre Tochter noch lebt. Und ihre kleine Schwester, die den schmalen Roman in freien Versen erzählt, versucht es mit geteilter Erinnerung an Momente, in denen die Mädchen miteinander unbeschwert und wild waren, als Barbara sich noch ausschütten konnte vor Lachen über Katzenvideos und noch nicht überzeugt war von der Sinnlosigkeit aller Dinge.
Das Buch schildert eindrucksvoll, wie eine solche Krankheit aus der Perspektive der nächsten Angehörigen aussieht, vor allem aber lenkt es den Blick auf deren Ängste, auf die Wut und die tiefe Traurigkeit derer, die einen geliebten Menschen nicht mehr erreichen.
Sarah Michaela Orlovsky: "Eine halbe Banane und die Ordnung der Welt". Verlag Tyrolia, Innsbruck 2021. 60 S., geb., 12,95 Euro. Ab 12 J.
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»Ein nachhaltiges Lesevergnügen.« Ulrich Karger, Der Tagesspiegel, 2.5.2019 »Schonungslos ehrlicher und raffiniert angelegter Drogenroman.« Leseloste Mai/Juni, Börsenblatt, 23.5.2019 »Meisterhaft und äußerst glaubwürdig erzählt Antje Herden, wie sich ein Junge auf der Suche nach dem richtigen Leben in einer Parallelwelt verliert. Diese Erzählung vermeidet glücklicherweise jeden pädagogischen Eifer. Sie nimmt ihre Protagonisten ernst und konfrontiert sie zugleich mit einer klaren Haltung, die aus der Geschichte heraus erwächst. Ungeheuer nuanciert und konsequent aus der Sicht von Robin erzählt, der seine Selbstironie nie verliert, führt Antje Herden den Leser durch ein echtes Leben - mit einem glänzend entworfenen, fulminanten Ende, das alles auf den Kopf stellt.« Jury Peter-Härtling-Preis 2019 »Fulminant: Zu Recht wurde Herdens Roman um Drogenrausch und Schizophrenie mit dem Peter-Härtling-Preis 2019 ausgezeichnet.« Beate Schräder, Westfälische Nachrichten, 27.6.2019 »Der Horror-Trip auf LSD ist meisterhaft geschildert!« Anita Westphal-Demmelhuber, Eselsohr, 6/2019 »[Herden] führt ihre Leser nah an Robins Erleben heran und es gelingt ihr, die Faszination des Rauschs glaubwürdig zu beschreiben. Weder macht sie sich mit ihrem Protagonisten gemein, noch lässt sie die Geschichte in eine moralische Botschaft münden. [...]. In seiner Dichte und Wahrhaftigkeit steht das Buch in der Tradition von 'Wir Kinder vom Bahnhof Zoo'.« Udo Bartsch, Doppelpunkt, 6/2019 »Einen erhobenen Zeigefinger braucht dieses Buch mit seinem immer wiederkehrenden, beunruhigendem Thema nicht. Es wirkt umso intensiver und nachhaltiger.« Heide Germann, Darmstädter Echo, 16.6.2019 »'Keine halben Sachen' - eine Jugend auf Speed, die Gewissheiten erschüttert. Und den Leser an dem Leben und Absturz eines besonderen Helden beteiligt.« Antje Weber, Süddeutsche Zeitung, 13.9.2019 »Antje Herden gelingt es, Robins jugendliche Gier nach Neuem und Zugehörigkeit in Worte zu fassen. Ihre Sprache fesselt und vermag einen Drogentrip beängstigend real zu schildern. Nie tönt es jedoch belehrend oder gar verharmlosend aus dem Text. Ungewohnt und anregend ist die Verwendung der Du-Ansprache, die irritiert und deren Geheimnis erst am Ende gelüftet wird. Ein literarischer Trip, verstörend und faszinierend zugleich.« Jury DJLP Nominierung, 3/2020